Audi
Digitale Modelle beschleunigen Prozesse
Für die Audi-Entwickler war die Umstellung auf das DMU-Modell mit Umdenken und Lernen verbunden. Denn DMU hat, im Gegensatz zum physischen Modell, eine reduzierte Geometrie. CIO Straub sieht diese Entwicklung als evolutionären Prozess: „Man braucht Verständnis für Vertrauen in das digitale Modell.“ Die IT stelle dafür die Systeme bereit und ermögliche dem Modellbauer die Umsetzung. Dafür spielt Audi in der DMU-Software dreidimensionale Konstruktionsdaten aus den Quellsystemen zusammen und positioniert sie lagerichtig – so, wie die Einzelteile später im Fahrzeug angebracht sind. Typisches Beispiel für die Arbeit auf DMU-Basis sind Freigängigkeitsuntersuchungen. Hier testen Konstrukteure, ob Reifen und Felgen der Karosserie zu nahe kommen oder Fahrwerkskomponenten wie Bremse und Spurstange streifen.
Anders sieht es bei komplexeren Vorgängen aus, wie Strömungssimulationen. Hier verlieren Nicht-Spezialisten in einer zweidimensionalen Abbildung schnell den Überblick. Die Konstrukteure arbeiten deshalb mit dreidimensionalen DMU-Modellen. Ein Beispiel dafür sind Ergonomie-Untersuchungen im Fahrzeuginneren. Im DMU-Modell ist zu sehen, ob der Fahrer im realen Fahrzeug alle Bedienelemente erreichen kann, ob er alle Instrumente sehen kann oder wie Außen- und Spiegelsicht sind. Entwickler und Konstrukteure können bei dieser Betrachtungsweise frei und in Echtzeit Blickposition und Blickrichtung bestimmen oder auch Änderungen an der Fahrzeuggeometrie vornehmen.
Weil digitale Prototypen eines Fahrzeugs wesentlich früher zur Verfügung stehen als ihre physischen Vorgänger, kann auch die Produktionsplanung früher in den Prozess einsteigen als bislang. Zudem arbeiten die Entwickler und Planer standortunabhängig am beliebig zu vervielfältigenden digitalen Modell.
Digitale Modelle als Herausforderung
So wundert es nicht, dass Straub in der Entwicklung digitaler Prototypen derzeit „die größte Herausforderung auf allen Ebenen“ sieht. Die digitalen Prototypen sollen künftig nämlich nicht nur in der Fahrzeugentwicklung, sondern auch im Kundendienst eingesetzt werden. Das heißt, dass Bordliteratur, Reparaturtafeln und Bildtafeln für Ersatzteile künftig nicht erst erstellt werden, wenn neue Fahrzeugmodelle auf den Markt kommen, sondern schon vorher. Auch Kataloge für Betriebseinrichtungen und Spezialwerkzeuge sollen anhand digitaler Prototypen angefertigt werden. Eine weitere Konsequenz besteht für die Audi-IT in der Systemintegration der neuen Technik in die Prozesskette des Kundendienstes.
Prozess- und Auto-IT verschmelzen
Eine anderes wichtiges Thema ist für Straub „IT im Fahrzeug“. Die spiele bei der Entwicklung neuer Produkte eine immer bedeutendere Rolle, sagt er und fügt hinzu: „Auch die Konvergenz von IT im Prozess und IT im Fahrzeug wird größer.“ Die Integration von elektrischen und elektronischen Fahrzeugkomponenten sowie die Steuerung und Verwaltung von Fahrzeugsoftware sind deshalb Schwerpunkte beim Produkt-Daten-Management und Product-Lifecycle-Management von Audi. Damit soll eine integrierte Steuerung von mechanischen, elektrischen und elektronischen Fahrzeugkomponenten einschließlich der Fahrzeugsoftware über den gesamten Lebenszyklus erfolgen. Auch hierfür lieferte Digital Mock-Up die Basis.