Analysten-Kolumne
Eine Outsourcing-Beziehung ist nur so gut wie ihr Management
Partner IT Sourcing Advisory bei PwC Deutschland.
Der Aufbau der Retained Functions muss konsequent an ihrer Kernaufgabe ausgerichtet werden: der effektiven Steuerung aller internen und externen Dienstleister. Sie sollten auf Beziehungs- und Business-Management fokussiert sein, nicht auf technisches oder Teilprozess-Management. Insbesondere muss diese Organisationseinheit den Übergang vom Selbermachen zum Delegieren bewältigen. Dazu müssen die mit dieser Rolle betrauten Mitarbeiter im Unternehmen neu positioniert werden und zusätzliche Qualifikationen wie Management-, Führungs- und Kommunikations-Kompetenz erhalten. Nur dann können sie die Partnerschaft steuern, zwischen den Parteien vermitteln und letztendlich den Wandel managen. Auch sollten die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche beider Seiten bis auf Abteilungs- und Mitarbeiterebene klar definiert sein.
Die Retained Functions müssen Steuerungsaufgaben in zwei Richtungen wahrnehmen. In der Regel vereinbaren Kunde und Dienstleister SLAs in unterschiedlichen Qualitätsstufen (beispielsweise Bronze, Silber, Gold). Unter optimaler Einkaufseffizienz versteht die Inhouse-Organisation oft, den Gold-Service so günstig wie möglich einzukaufen. Doch übersieht sie dabei, dass ein solcher umfassender Service gewisse Grundkosten hat, die der Dienstleister nicht unterschreiten kann, wenn er wirtschaftlich gesund bleiben will. Effektiver ist es deshalb, wenn die Einkaufsorganisation auch die Anforderungen des Kunden steuert. Zum Beispiel kann sie prüfen, ob eine garantierte höchste Verfügbarkeit oder kurzfristige Reaktionszeiten rund um die Uhr wirklich in allen Fällen geschäftlich notwendig sind. Eine solche Dimensionierung der Anforderungen senkt die Kosten oft nachhaltiger als die härtesten Preisverhandlungen.
Prozesse - vollständige und intelligente Abläufe schaffen
Bei der Definition der Prozesse ist die Vollständigkeit wichtig. Damit zum Beispiel ein ausgelagerter Desktop-Service für Tausende von Arbeitsplätzen wirklich funktioniert, sind umfassende, intelligente Abläufe notwendig, die nahtlos ineinander greifen. Deshalb muss von der ersten Anfrage des Kunden bis hin zur Leistungserbringung und Rechnungsstellung ein geschlossener Prozess aufgesetzt werden, der am Ende auch kontrolliert wird: Was wurde bestellt - was geliefert? Die Schnittstellen müssen reibungsfrei gestaltet sein. Und erneut ist zu beachten: Die Verantwortung für den Gesamtprozess bleibt beim Kunden.
Kommunikation - viel und offen miteinander reden
Saubere Kommunikationsprozesse sind ein Kernstück der Governance. Von ihnen hängt es ab, ob die komplexe Dreiecksbeziehung zwischen der Fachseite, die die Leistung abnimmt (also dem eigentlichen Kunden), der internen Steuerungseinheit und dem Dienstleister auch funktioniert. Immer wieder treten Konflikte auf, weil der Dienstleister daran interessiert ist, die Retained Functions zu umgehen und direkt an die Fachseite zu verkaufen. Nur wenn alle Beteiligten regelmäßig und offen kommunizieren, können die Spielregeln eingehalten und eventuelle Interessenkollisionen bereinigt werden.
Monitoring und Controlling - Sourcing-Dashboard schaffen
Eine zentrale Governance-Komponente ist das Sourcing-Dashboard. Es kann zum einen helfen, eine spezifische Herausforderung der Sourcing-Beziehung zu entschärfen - nämlich dass auf Management-Ebene eigentlich gar keine "positive" Kommunikation stattfindet. Berührungspunkte gibt es meist nur bei zwei Anlässen: dem SLA-Reporting und der Rechnungsstellung. Ersteres gehört heute zum Standard einer Sourcing-Beziehung. Ist es in Ordnung, läuft es relativ lautlos auf der operativen Ebene; erst bei Problemen wird eskaliert - und damit auf Managementebene kommuniziert. Die Rechnungsstellung wiederum ist zwar bei soliden Verträgen nicht mit Konflikten belastet. Allerdings wird der Partner dabei primär als Verursacher von Kosten wahrgenommen - und diese Rolle ist auf dieser Welt nun mal in den seltensten Fällen positiv besetzt.