Accenture-Studie

Erschreckende Skill-Knappheit bei Big Data

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Accenture signalisiert eigentlich Durchbrüche bei Big Data. Vor allem Großunternehmen sammeln gute Erfahrungen. Das Problem: Geeignete Mitarbeiter fehlen.
Der Weg durch den Tunnel Big Data ist nicht leicht zu finden. Sichere Wegweise mit den nötigen Skills sind leider rar.
Der Weg durch den Tunnel Big Data ist nicht leicht zu finden. Sichere Wegweise mit den nötigen Skills sind leider rar.
Foto: alphaspirit, Fotolia.com

Visionäres Denken braucht es für den Big Data-Erfolg. Genauso wichtig ist aber, was schon der Volksmund lehrt: dass man den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen sollte. Diese Lehren, die im Paket auf den ersten Blick vielleicht widersprüchlich erscheinen, liefert eine Studie von Accenture. Mehr als 4300 Verantwortliche aus 19 Ländern wurden dafür befragt.

Große Firmen haben's leichter

"Winning big by thinking big", heißt es in der Studie. Das Plädoyer für groß gedachtes Big DataBig Data bedeutet im Kern, dass sich große Unternehmen mit dem Einstieg leichter tun. Sie können mehr in die knappe Ressource Talent investieren, haben größere Potenziale im Hinblick auf Skaleneffekte und Wertschöpfungsketten und erkennen leichter die Bedeutung und Veränderungskraft der großflächigen Datenanalyse von heute. Alles zu Big Data auf CIO.de

Gleichzeitig rät Accenture: "Start local, end global!" Auch angesichts der enormen Möglichkeiten, die man als Unternehmen in Big Data hineinprojizieren kann, sollte man demnach klein anfangen und mit realistischen Erwartungen an die Sache herangehen. Anstatt alles auf einmal auszuprobieren, fokussieren sich die erfolgreichen Anwender zunächst auf den Erfolg in einem abgesteckten Gebiet.

Eingreifen des CIO ist erfolgskritisch

Das können ganz praktische Dinge wie der Kundensupport oder der Aufbau interner Ressourcen sein. Erst wenn greifbare Erfolge vorhanden sind, beginnt die Ausbreitung im ganzen Unternehmen. Erfolgskritisch ist nach Accenture-Einschätzung häufiges und direktes Eingreifen des CIOs. Das gilt ebenso für nachhaltige Unterstützung anderer C-Level-Manager.

Es klingt schnell durch, dass hier keine der Big Data-skeptischen Studien vorliegt. Stattdessen werden Durchbrüche bejubelt. Jeweils mehr als 90 Prozent der Befragten sind demnach zufrieden mit den Ergebnissen ihrer Big Data-Initiativen und sehen ihre Erwartungen als erfüllt an. "Die Firmen nehmen Big Data als wichtig für ein breites Spektrum an strategischen Unternehmenszielen wahr", heißt es in der Studie. "Das reicht vom Generieren neuer Erträge und der Entwicklung neuer Märkte hin zu einem verbesserten Kundenerlebnis und einer unternehmensweit optimierten Performance."

Differenziert wird in der Studie allerdings klar nach Unternehmensgröße. Firmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar bewerten Big Data durch die Bank zu 60 Prozent als "extrem wichtig"; bei Unternehmen, die mehr als 10 Milliarden Dollar jährlich umsetzen, liegt der Anteil sogar bei 67 Prozent. Bei kleineren Firmen sind es hingegen nur 43 Prozent.

Gewachsene Organisation gerät zur Hürde

Offenbar fällt es vielen der ganz großen Unternehmen besonders leicht, mit visionärem Plan und notwendigen Investitionen in die Big Data-Welt einzusteigen. Dass das aber so holzschnittartig keineswegs zwangsläufig ist, unterstreicht Vince Dell'Anno, Managing Director bei Accenture, im Gespräch mit unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com.

"Große Firmen haben mehr Budget, aber sie werden durch organisatorische Grenzen behindert - dadurch, wie sie organisiert sind, durch im Lauf der Zeit entwickelte Prozesse", erläutert Dell'Anno. "Diese Hürden sind für Großunternehmen höher als Budget- oder Technologiefragen." Kleinere Firmen seien demgegenüber manövrierfähiger und könnten ohne Mühen Services wie AmazonAmazon Web Services nutzen, um schnell und kosteneffizient Data Discovery und Analytics auf die Beine zu stellen. Alles zu Amazon auf CIO.de

Accenture benennt allerdings sehr klar den entscheidenden Aspekt von Big Data-Projekten - und das ist einer, der naturgemäß einen Trumpf finanzstarker Firmen darstellt: die Knappheit der benötigten Skills. "Der Wettbewerb dreht sich um Talente", sagt Dell'Anno. "Dabei geht es nicht nur um das Einstellen von Leuten, sondern auch darum, sie mit konkreten Aufgaben herauszufordern, einzunehmen und an sich zu binden."

36 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Big Data extrem hohe Investitionen erfordert. Ebenso groß ist aber auch der Anteil derjenigen, die ein herausragendes Sparpotenzial in Big Data erkennen. 41 Prozent beklagen einen Mangel an Skills, die für den Projekterfolg nötig wären. 37 Prozent sagen sogar unumwunden, dass es ihnen schlichtweg an Personal fehlt, um Big Data & Analytics fortlaufend umzusetzen.

Deshalb suchen die Anwender Hilfe von außerhalb. 57 Prozent der Befragten holten Berater mit ins Boot, 45 Prozent Zeitarbeiter. Ein Drittel griff auf die Ressourcen von Technologie-Anbietern zurück. Diese Unternehmen machten laut Accenture bessere Erfahrung als diejenigen, die alles alleine zu handeln versuchten.

Lernendes Unternehmen gefragt

Kurzfristig werde sich an der Knappheit indes nichts ändern, zumal mehr als 90 Prozent der Anwender ihre Data Science-Expertise ausbauen wollen - in der Regel so schnell wie möglich. Deshalb werde auch auf die interne Entwicklung der Mitarbeiter durch Schulung, Workshops und Forschung gesetzt, heißt es in der Studie.

"Für jede Big Data-Herausforderung gibt es eine Vielzahl von Lösungen", schreibt Accenture. "Deshalb ist es wesentlich, offen für die Möglichkeiten zu bleiben und ein lernendes Unternehmen zu werden, das ausgiebig testet, die besten Optionen auslotet, Erfahrungen verarbeitet und sich weiterentwickelt."

Die Geburtsphase von Big Data jedenfalls ist laut Dell'Anno vorbei. Mittlerweile gehe es für die Anwender darum, den Support auf Gruppen von mehreren Tausend User auszuweiten und neben der Skill-Entwicklung auch die Herausforderungen Sicherheit und Integration anzupacken.

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