Folgen der Informationsflut
Facebook stresst uns
Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.
1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.
Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.
Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".
Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
- Die Themen Technostress und Digitale Demenz sind in der Wissenschaft angekommen.
- Stress entsteht sowohl durch intensive Nutzung als auch durch Entzug.
- Eine aktuelle Studie empfiehlt Technik-Abstinenz als einzig wirksames Gegenmittel.
- Sogar die Berater von KPMG haben das Thema für sich entdeckt.
Eigentlich dachten wir ja alle, das Thema sei durch, weil nichts Neues mehr dazu erscheint. "Wir amüsieren uns zu Tode", so lautete schon 1986 die erste Ausformung jener Theorie, nach der eine allgegenwärtige Unterhaltungsmaschinerie zur Verdummung breiter Bevölkerungsschichten führt. Geschrieben hatte das Buch Neil Postmann. Der amerikanische Kommunikationswissenschaftler zielte dabei auf die Glotze ab; der "Surrealismus der Fernsehinformation", so seine These, führe zu Verdummung und Gleichgültigkeit.
"Macht Google uns blöd?"
Diesen Gedanken übertrug Nicholas Carr, amerikanischer Wirtschaftsjournalist, 2008 auf das Internet, als er in einem Aufsatz, der später in erweiterter Form auch als Buch erschien, fragte: "Macht GoogleGoogle uns blöd?" Alles zu Google auf CIO.de
Nach eigenen Angaben hatte Carr festgestellt, dass er, etwa zehn Jahre nachdem er begonnen hatte, online zu lesen, kaum noch in der Lage war, längere Texte aufzunehmen. Einerseits sei die Textmenge, die wir heute dank der digitalen MedienMedien zu verarbeiten hätten, wesentlich höher als noch in den 1970er- und 1980er-Jahren, andererseits habe sich auch das Lesen verändert, sei sprunghafter geworden, und die Hirnforschung belege, dass sich die Lesegewohnheiten direkt auf der Gehirn auswirkten. Längere, analytische Gedankengänge würden dadurch erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Top-Firmen der Branche Medien
Verdummung statt Aufklärung
Carrs Thesen fanden einen breiten Widerhall, unter anderem bezog sich Frank Schirrmacher in seinem Buch "Payback" 2009 auf Carr. Die Resonanz ist insofern erstaunlich, als Carr - abgesehen von allgemeinen Erkenntnissen aus der Hirnforschung - einzig Selbstbeobachtung als Beleg für seine Thesen vorweisen konnte.
Noch alarmistischer arbeitete sich 2012 Manfred Spitzer, Leiter der Psychiatrie der Universitätsklinik Ulm, in seinem Buch "Digitale Demenz" an dem Thema ab. So alarmistisch und krude, dass die Süddeutsche Zeitung über das Machwerk schrieb, das Ganze sei "keine Aufklärung oder gar Popularisierung von Wissenschaft, sondern schlicht Verdummung."
Thema endgültig abgehakt also? Mitnichten. Dass es nicht totzukriegen ist, liegt vermutlich daran, dass jeden von uns in gewissen Abständen der Verdacht beschleicht, unsere Konzentrationsfähigkeit sei wirklich schon mal besser gewesen und dass wir anschließend nach den Ursachen dafür suchen.
Das hat auch Christian Maier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg getan. Im Rahmen seiner Dissertation analysiert er die Ursachen und Konsequenzen der allgegenwärtigen und ununterbrochenen Technologienutzung.
Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit und Müdigkeit
Seine Kernthese: Die Informationsmenge, der wir jeden Tag ausgesetzt sind, und die stetig wachsende Interaktion in sozialen Netzwerken machen zwar nicht schlagartig blöd. Aber die Überflutung kann zu Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit, Müdigkeit oder Bluthochdruck führen.
- Wechseln Sie in die Vogelperspektive
Versuchen Sie, die Situation, die Ihnen Frust bereitet, ganz bewusst von oben beziehungsweise von außen zu betrachten. So bauen Sie eine innere Distanz zum aktuellen Geschehen auf. Zum Beispiel: "Der Stau, in dem ich gerade stehe, ist eine Tatsache, die ich nicht ändern kann. Wenn ich mich aufrege, verschlimmere ich die Situation nur." - Treiben Sie Sport
Sport zählt laut der Deutschen Herzstiftung zu den besten Möglichkeiten, um Stress loszuwerden. Bereits eine halbe Stunde Bewegung, sei es Walking, Schwimmen oder Tennis, kann gefühlte Wunder vollbringen. - Das Übel bei der Wurzel packen
Zwar lassen sich die Ursachen von Stress nicht immer beheben, etwa bei einem schwierigen Chef. Bei Stress in der Beziehung können gezielte Gespräche helfen. Hier gilt: Nicht schon aufgebracht ins Gespräch gehen, sondern lieber ein paar Tage warten und alle Argumente und Gegenargumente auch sacken lassen. - Entspannungstechniken einüben
Yoga, autogenes Training und Co. werden immer wieder angepriesen - doch nicht jedem sind sie eine Hilfe. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt einen pragmatischen Ansatz: Wenn eine Methode Entspannung bringt, ist sie auch gut - wenn nicht, sollte man andere Sachen ausprobieren. Während manche Menschen alleine und in völliger Stille entspannen, bevorzugen andere etwa die Anleitung in einer Gruppe ...
... Die gewählte Technik sollte auf jeden Fall regelmäßig geübt werden, damit sie in akuten Stress-Situationen auch abrufbar ist.- Starten Sie Ihren "Gegenentwurf"
Unter dem "Gegenentwurf" versteht man die ständige Pflege persönlicher Interessen, seien es Chorsingen, Fußballspielen oder Briefmarkensammeln. Also Aktivitäten, die uns anregen und positiv herausfordern und so vom negativen Stress ablenken. - Verbannung für Entspannungskiller
Fernsehen mag zwar entspannend erscheinen, doch man ist dabei passiv und erreicht keine nachhaltige Stress-Reduktion - wertvolle Zeit, in der man den Ärger des Tages verarbeiten und abschütteln kann, geht so verloren. Es kann helfen, sich einen Plan zu machen, an welchen Tagen man den Fernseher auf jeden Fall auslassen und stattdessen ein altes Hobby wieder aufleben lassen oder ein Treffen mit Freunden verabreden kann. - Vorsicht bei Medikamenten
Arzneien, die Beruhigung versprechen gibt es zwar - sie sollten aber stets nur unter Kontrolle eines Arztes zum Einsatz kommen, und nicht einfach auf eigene Faust im Internet bestellt werden. Als Beispiel nennt die Deutsche Herzstiftung Benzodiazepine, die für langfristige Stressbewältigung ungeeignet sind, weil sie schon nach kurzer Zeit abhängig machen und zudem erhebliche Nebenwirkungen (Konzentrationsschwierigkeiten, Benommenheit) haben können. - Achten Sie auf Ihre Ernährung
Gerade wer viel zu tun und einen gefühlten 48-Stunden-Tag hat, achtet oft nicht ausreichend auf seine Ernährungsweise. Es wird dann zu schnell, das Falsche und zu viel gegessen und vielfach auch zu viel Alkohol getrunken. Zusammen mit Bewegungsmangel kann das zu Übergewicht führen, was Unzufriedenheit und Frustgefühle noch verstärken kann. Man sollte sich am Besten ein Repertoire an schnellen und gesunden Mahlzeiten zulegen, etwa aus der Mittelmeerküche.
Die Gleichzeitigkeit der Beschäftigung mit E-Mails, FacebookFacebook, dem Smartphone und vielem anderen führe zu etwas, was Maier als Technostress bezeichnet. Der Wissenschaftler untersuchte das Phänomen anhand verschiedener Studien und wurde für diese Arbeit mit dem renommierten Schmalenbach-Preis ausgezeichnet. Alles zu Facebook auf CIO.de
"Ich hatte in meinem Bekanntenkreis festgestellt, dass immer mehr Menschen einfach aufhörten, Facebook zu nutzen. Das erschien mir ungewöhnlich", beschreibt Christian Maier den Impuls für seine Arbeit. Die Freunde hätten ihm berichtet, dass die permanente Vernetzung und der daraus hervorgehende Druck, ständig sozial zu interagieren und zu reagieren, sie stresse.