Folgen der Informationsflut

Facebook stresst uns



Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.

Probanden zwei Wochen den Facebook-Zugang entzogen

Um herauszufinden, wie sehr, entzog Maier 130 Nutzerinnen und Nutzern für zwei Wochen den Facebook-Zugang. Vor und während der Nicht-Nutzung der Plattform füllten die Teilnehmer Fragebögen zu ihrem Nutzungsverhalten und ihrer Gemütslage aus. Zudem prüfte Maier ihre Stressindikatoren, also die körperlichen Reaktionen der Probanden auf Stresssituationen. "Eine Methode dazu ist, den Hautleitwert festzustellen. Vereinfacht gesagt wird untersucht, inwiefern Personen anfangen zu schwitzen, wenn sie bestimmte Technologien benutzen", erklärt Christian Maier seine methodische Vorgehensweise.

14 Stunden täglich auf Facebook

Es stellte fest, dass StressStress sowohl durch Übernutzung als auch durch den Entzug von Facebook entstehen kann. Dabei resultiere der Stress "nicht zwangsläufig aus der Technologie, die man nutzt, sondern aus der Informationsflut, die man nicht mehr richtig verarbeiten kann." Und das bedeutet, dass auch Technologien, die angeblich Spaß machen, Stress produzieren können. Alles zu Stress auf CIO.de

Maier: "Eine Probandin erzählte uns, sie schreibe gerade an ihrer Masterarbeit, komme aber seit drei Monaten nicht voran." Laut Selbstauskunft verbrachte sie täglich 14 Stunden auf Facebook. In den zwei Wochen ohne Facebook habe sie dann enorme Fortschritte an ihrer Masterarbeit gemacht.

Nicht-Nutzung von Facebook stresste mehr als Nutzung

Bei einigen Probanden ließ sich aber auch das umgekehrte Phänomen beobachten: Die Nicht-Nutzung von Facebook hatte sie mehr gestresst als die Nutzung. "Es gab tatsächlich einige Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer, die plötzlich nicht wussten, wie sie mit ihrer freien Zeit umgehen sollten. Manche begannen zum Beispiel, sich wieder mehr mit ihren Familienmitgliedern zu unterhalten", so der Wissenschaftler.

Christian Maier; Uni Bamberg: "Auch Technik, die Spaß macht, kann stressen."
Christian Maier; Uni Bamberg: "Auch Technik, die Spaß macht, kann stressen."
Foto: Stefan Bergmann

Die Erkenntnisse ließen sich durchaus auch auf das Arbeitsumfeld übertragen. Dafür spräche ein Anstieg an Burnout-Erkrankungen bei Veränderungen im Einsatz von IT in Unternehmen. "Ich konnte bei einem Unternehmen einen Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Krankheitstage nach einer IT-Umstellung herstellen", erklärt der Wirtschaftsinformatiker.

Algorithmus soll Stress erkennen

In einer weiteren Studie seiner Dissertation stellte er zudem fest, dass vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem IT-fernen Bildungshintergrund stark von Technostress betroffen sind.

In einer Folgestudie will Maier entschlüsseln, was verändert werden muss, damit Computertechnologien weniger Stress bereiten. Gemeinsam mit einem Team entwickelt er gerade anhand von Facebook- und Twitter-Posts einen Algorithmus, der erkennen soll, wer wie gestresst ist. Dieser Algorithmus ist lernfähig und soll langfristig direkt in Unternehmen zum Einsatz kommen.

Smartphone nie mit ins Bett nehmen

Sabine Möhring, KPMG: "Stille wird uns fremd. Und Stille ist so wichtig."
Sabine Möhring, KPMG: "Stille wird uns fremd. Und Stille ist so wichtig."
Foto: KPMG

Wie aktuell das von Christian Maier beackerte Thema wieder ist, zeigt ein Blogbeitrag von Sabine Möhring. Die Wirtschaftsprüferin ist Partner Audit bei KPMG und erläutert, warum die digitale Welt uns aus ihrer Sicht krank macht: "Wir halten es nicht mehr aus, etwas für uns zu behalten oder allein auszuhalten. Stille wird uns fremd. Und Stille ist so wichtig", schreibt Möhring. Die ständige Ablenkung durch das Internet reduziere unsere Leistung und Konzentration; die Wissenschaft habe herausgefunden, dass der Stirnlappen eines Internetsüchtigen dem eines Demenzkranken ähnelt.

Damit es nicht so weit kommt, empfiehlt Möhring ähnliche Dinge wie Wirtschaftsinformatiker Christian Maier: E-Mails nur noch zu festen Zeiten checken; Handy nie mit ins Bett nehmen; Apps, die süchtig machen, vom Smartphone löschen; Push-Benachrichtigungen deaktivieren.

Ob solche Empfehlungen wohl auch zum Programm gehören, wenn KPMG seine Kunden bei der "Steuerung von Unternehmen in Richtung operative Exzellenz", der "Verbesserung der Planungs- und Vertriebseffizienz" oder der "Professionalisierung der Supply Chain Mitarbeiter" berät?

Zur Startseite