Strategien


IT bei den Dax-30-Unternehmen

Festhalten!

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Die Hälfte der DAX-30-Unternehmen hat ihre IT losgelassen und in eigene Tochterfirmen ausgegründet. Die meisten davon sind chancenlos am Markt. Dennoch raten Consultants zur Verselbstständigung. CIO zeigt, welche Trennungen sich lohnen und wo die IT im Mutterkonzern besser aufgehoben ist.

Karl-Ludwig Kley hat Flugzeuge im Bauch. Zumindest kreisten sie dort, als der Finanzvorstand der Lufthansa neulich bei Herbert Grönemeyer war und auf dem Konzert zusammen mit seinem volljährigen Sohn "der Mensch ist Mensch" gesungen hat. Im Büro ist das anders: Dort kreisen die Flugzeuge um Kleys Kopf, und der CFO muss auf eine minderjährige Tochter aufpassen. Kley ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der acht Jahre alten Lufthansa Systems Group, einer der wenigen IT-Töchter, die sich am Markt behaupten und nennenswerte Drittgeschäfte abwickeln. Andere IT-Töchter sind da schwieriger, weil sie entweder fremdeln, mit ihren Geschwistern streiten oder bei zunehmenden Außenkontakten ihre Mutter vernachlässigen (siehe Interview mit Daimler-Chrysler-CIO Sue Unger).

Besonders das Fremdeln sorgt für Enttäuschung, da IT-Ausgründungen in den 90er-Jahren noch als probates Mittel galten, um zusätzlichen Umsatz zu generieren. Die Misserfolgsbilanzen beweisen inzwischen das Gegenteil. Trotzdem gewinnt die Idee angesichts von Ertragsschwächen in den Kerngeschäften wieder Anhänger.

Kley ist einer der wenigen Finanzchefs, die daran glauben, dass sich mit der Konzern-IT Geld verdienen lässt. Mit Grund: Gut ein Drittel ihres Umsatzes erwirtschaftet die Lufthansa Systems durch externe Auftraggeber. In erster Linie bestellen Fluggesellschaften bei der Frankfurter GmbH, aber auch Branchenfremdlinge wie die Commerzbank oder der Heizungsbauer Buderus sind unter den Kunden. "Wir gehen davon aus, dass der externe Umsatz weiterhin zweistellig wächst", sagt Kley, der diese überproportionale Zunahme begrüßt: "Und natürlich soll der Umsatz durch externe Auftraggeber wachsen. Das erwarten wir von allen Konzerntöchtern."

Was Kley natürlich nennt, gilt indes nur für sechs der DAX-30-Unternehmen. Nur diese kleine Führungsriege erwirtschaftet mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes auf dem Drittmarkt. Zahlen für den externen Umsatz nennen von sich aus T-Systems und Siemens Business Service (SBS), die mit rund 70 Prozent die aktivsten Anbieter am Drittmarkt sind. Mit mehr als 50 Prozent liegt auch Thyssen-Krupp Information Services (TKIS) gut im Rennen. LH Systems, Deutsche Börse Systems und Gedas, die IT-Tochter des Volkswagen-Konzerns, gehören mit gut 30 Prozent ebenfalls noch zur Führungsgruppe. Mehr Firmen sind es allerdings nicht, die Matthias von Bechtolsheim, Beratungsdirektor bei Arthur D. Little, zum Kreis derer zählen möchte, die IT als strategisches Geschäftsfeld betrachten - wobei er bei diesem Begriff schon Bauchgrimmen bekommt: "Viele der IT-Töchter sind Gemischtwarenläden, bei denen ich keine Fokussierung mehr erkenne", urteilt von Bechtolsheim. Ausgründungen von Automobilherstellern rät er: "Die sollten die Supply Chain entlang der Wertschöpfungskette ihrer Kunden verlängern. Tolle Software für Behörden zu entwickeln bringt strategisch gar nichts."

Nach den IT-Töchtern mit erfolgreichen Vertriebsabteilungen folgt in von Bechtolsheims Einteilung der DAX-30 die Gruppe der Unternehmen, die IT-Servicegesellschaften pflegen. Rechtlich stehen diese Tochterfirmen zwar auf eigenen Beinen, selbstständig laufen können sie dennoch nicht. Maximal zehn Prozent ihres Umsatzes erzielen IT-Dienstleister wie Agis (Allianz), BASF IT Services oder IS Energy (Eon) auf dem Drittmarkt. Die restlichen sechs Servicegesellschaften aus dieser Gruppe beziffern ihren Anteil externer Umsätze nicht und erklären ihn schlichtweg für nebensächlich. Beispiel TUI Infotec: 1997 hat sich der weltweit größte Tourismuskonzern TUI entschieden, im Rahmen einer Neustrukturierung der gesamten Gruppe auch den IT-Bereich in eine eigene Gesellschaft auszugründen. "Wir haben so die Transparenz zwischen den verschiedenen Konzernbereichen erhöht", sagt CIO Heinz Kreuzer. "Außerdem haben wir den Anspruch, konzerninterne Dienstleistungen nach marktkonformen Mechanismen zu erbringen."

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