Burn-out
Hotels für die Seelenruhe
Der Weg sieht anstrengend aus. Er führt gleich hinter dem Parkplatz den Berg hinauf. Doch Walther bremst schon hinter den letzten Autos. Innehalten am ersten scheinbar x-beliebigen Baum, bevor noch ein Tropfen Schweiß fließen konnte an diesem sonnigen Herbsttag. Doch dieser Baum ist nicht irgendein Baum. Er steht da. Er hat sich als Samen durchgesetzt und es zu einer stattlichen Größe gebracht. Er wurzelt direkt an einem anderen, gemeinsam bilden sie ein Paar. Man möge es, wie Walther bittet, in Ruhe auf sich wirken lassen. Als spräche das Paar zu uns, jeder Ast und jedes Blatt. Walther meint es gut. Mit der Natur, mit seinem Gast, mit sich. Augen auf, Sinne an und aufnehmen, was einen umgibt.
Die Anhöhe oberhalb von Vaduz hat er mit seinem Hybridauto erklommen, um für zwei Stunden mit seinem Gast spazieren zu gehen. Kein weiter Weg, kein Marsch in unbekanntes Gelände, keine Nahtoderfahrung im Angesicht schwindelnder Höhen. Walther möchte, dass Ruhe einkehrt, die Büsche zu Begleitern, die Vögel zu Freunden werden. "Das ist ein liebevoller Satz, den du sagst", kommentiert er eine Beobachtung seines Gasts. Walther mag Menschen. Er liebt sie. Das soll auch sein Gast lernen. Runterkommen, durchatmen und sich auf das Wichtige besinnen.
Der Rundgang in Liechtenstein ist kein Selbsterfahrungsseminar in einem Kloster, keine spirituelle Offerte einer Ökosekte für gestresste Manager in Not. Es ist ein Angebot des Park Hotels Sonnenhof, eines kuscheligen Vier-Sterne-Luxushotels mit nur 29 Zimmern, Mitglied in der Vereinigung Relais & Châteaux, die üblicherweise für prachtvolle Gemäuer und die herausragende Küche ihrer Mitgliedsbetriebe gerühmt wird. Der Spaziergang mit Walther wird in der Hotelhalle annonciert auf einem Informationsständer mit goldenem Rahmen, keine fünf Meter von der Speisekarte des Gourmetrestaurants.