Mehrere Manager verlassen IBM

IBMs Softwarechef Steve Mills tritt zurück

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In IBMs Chefetage rumort es. Neben dem langjährigen Softwarechef Steve Mills kehren auch Danny Sabbah, Chief Technology Officer (CTO) für den Cloud-Bereich, und Brendan Hannigan, General Manager für die Security-Sparte, dem Konzern den Rücken.
IBMs Ex-Softwarechef Steve Mills.
IBMs Ex-Softwarechef Steve Mills.
Foto: IDGNS Boston

Der Umbau in der IBM-Organisation hinterlässt Spuren im Management. IBM steht unter Druck - die Quartalsumsätze sind seit langem rückläufig und rutschten 2015 zwei Mal unter die magische 20-Milliarden-Dollar-Grenze - und arbeitet seit Monaten daran, sein Geschäft stärker auf neue Geschäftsbereiche wie beispielsweise Analytics rund um die Watson-Technologie und Cloud Computing auszurichten. Diese Neujustierung hat offensichtlich zur Folge, dass mehrere Top-Manager den Konzern verlassen. Seit Ende Dezember 2015 steht der langjährige Software-Chef Steve Mills nicht mehr auf der Gehaltsliste des Traditions-IT-Anbieters. Mit Danny Sabbah und Brendan Hannigan verliert IBM zudem wichtige Knowhow-Träger aus den Bereichen Cloud und Security.

Mills arbeitete seit 1973 bei IBM. Im Januar 2015 hatte er die Position als Executive Vice President der Sparte Software & Systems übernommen. In dieser Rolle berichtete er direkt an CEO Virginia "Ginni" Rometti. Mills hatte entscheidenden Anteil am Aufbau der Software Group, die 1995 gegründet worden war. Seit dem Jahr 2000 leitete der heute 63-jährige Manager den Software-Geschäftsbereich der Armonker.

Sein Verdienst war es, die unterschiedlichen Softwaresilos innerhalb des Konzerns aufzulösen und auf eine gemeinsame Strategie einzuschwören, berichtete IBM-Kennerin Judith Hurwitz, Chefin des Beratungsunternehmens Hurwitz & Associates. Das sei teilweise keine einfache Aufgabe gewesen, da einzelne Software-Fürsten nicht bereit gewesen seien, ihre Herrschaftsgebiete und -techniken kampflos aufzugeben. Mills habe mit Zähnen und Klauen darum gekämpft, alle unter einen Hut zu bekommen - und am Ende auch gewonnen.

IBM kaufte für Millarden Dollar Softwareunternehmen zu

Im Zuge des einheitlichen Software-Fahrplans habe Mills auch klarer erkennen können, wo Stärken und Schwächen im Software-Portfolio von IBM liegen. Lücken hat der Manager in erster Linie durch Akquisitionen geschlossen. Unter seiner Ägide hat der Konzern in den zurückliegenden Jahren dutzende von Softwareunternehmen übernommen und dafür einen zweistelligen Milliarden-Dollar-Betrag ausgegeben. Prominente Firmennamen, die in die IBM-Software-Gruppe eingemeindet wurden, sind der Datenbankanbieter Informix (2001 für eine Milliarde Dollar), der Spezialist für Entwicklungswerkzeuge Rational (2003 für 2,1 Milliarden Dollar), die Security-Experten von Internet Security Systems (2006 für 1,3 Milliarden Dollar), der Business-Intelligence-Anbieter Cognos (2008 für rund fünf Milliarden Dollar) sowie die Analytics-Spezialisten SPSS (2009 für 1,2 Milliarden Dollar) und Netezza (2010 für 1,7 Milliarden Dollar).

Im Zuge dieser Akquisitionen gelang es IBM, seine Produktpalette vor allem in Richtung Analyse- und Security-Software zu erweitern. Kritiker bemängelten jedoch immer wieder, dass die Softwaresparte des IT-Konzerns für Kunden damit auch immer unübersichtlicher geworden sei und einem Bauchladen gleiche.

Ein dedizierter Nachfolger taucht derzeit nicht in IBMs Management-Gallerie auf. Die Systems-Sparte verantwortet Tom Rosamilia als Senior Vice President. Im gleichen Rang stehen Michael D. Rhodin für das Watson-Business, Bob Picciano für die Analytics-Sparte und Robert J. LeBlanc für das Cloud-Business. Diese Management-Ordnung spiegelt ganz offensichtlich die Geschäftsprioritäten IBMs wider. Ein übergeordneter Softwarechef hat hier allem Anschein nach keinen Platz mehr.

Wertvolles Knowhow geht für IBM verloren

Mit dem Abschied von Mills und Sabbah verliere IBMIBM wertvolle und erfahrene Manager, bilanzierte Charles King, Principal Analyst von Pund-IT. Beide Manager hätten zuletzt entscheidenden Anteil am Umbau von IBM gehabt. Doch nachdem nun die Grundlagen dafür gelegt seien und die künftige Strategie feststehe, könnten beide Manager nun ruhigen Gewissens gehen, mutmaßt der Branchenbeobachter. Außerdem seien Mills und Sabbah bereits über 60 Jahre alt, also in einem Alter, in dem Manager bei IBM für gewöhnlich durchaus einen Rückzug in Erwägung ziehen. Alles zu IBM auf CIO.de

Auch Hannigen habe einen gute Job in IBMs Sicherheits-Sparte gemacht, sagte King. Es sei ihm gelungen, zahlreiche Akquisitionen zu einem soliden Security-Portfolio zu verbinden. Sein Abschied könnte Teil eines längerfristigen Strategieplans sein. Der Nachfolger Marc van Zadelhoff kam 2006 mit der Übernahme von Consul Risk Management zu IBM. Mit seiner Berufung hieve der Konzern einen Mann auf den Posten des General Manager, der sowohl die internen Strukturen wie auch den komplexen Security-Markt gut kenne und verstehe.

Für Rob Enderle, Principal Analyst der Enderle Group, könnte der Exodus des Manager-Trios aber noch andere Gründe haben. Die Tatsache, dass drei hochrangige Führungskräfte IBM fast zeitgleich verließen, könnte darauf hindeuten, dass sie eine Idee haben, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Sie hätten zudem die finanziellen Ressourcen, etwas Interessantes zu starten. Man sollte also auch in Zukunft ein Auge darauf haben, was die drei Ex-IBM-Manager machten, sagte Enderle.

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