Arbeitsrecht
Im Visier der Chefs
Welche Rechte Betroffene haben
Denn auch Führungskräfte, die auf Wunsch des Chefs das Unternehmen verlassen sollen, haben Rechte. Entgegen des in weiten Kreisen der Führungskräfte verbreiteten Irrglaubens steht ihnen in der Regel der gleiche Kündigungsschutz zu wie jedem "normalen" Arbeitnehmer. "Für eine Kündigung muss regelmäßig ein betriebsbedingter, verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegen", sagt Abeln.
Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen ist eine Führungskraft auch ein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzes. Nur dann kann sich das Unternehmen aber gegen Zahlung einer Abfindung unter erleichterten Bedingungen von dem Mitarbeiter trennen.
- Schmähkritik am Vorgesetzten
Ebenfalls mit sofortiger Wirkung entlassen werden kann, wer seinen Chef auf einer Firmenfeier als "Betrüger" und "Halsabschneider" bezeichnet (BAG, Az. 2 AZR 38/96). - Fäkalsprache auf der Betriebsfeier
Alkoholkonsum rechtfertigt nicht alles. Wer auf einer Betriebsfeier seinen Vorgesetzten als "Arschloch" beschimpft, muss selbst dann mit der fristlose Kündigung rechnen, wenn er zu diesem Zeitpunkt alles andere als nüchtern war: Grund: Der Mitarbeiter untergräbt damit Autorität des Arbeitgebers und verstößt gegen seine arbeitsvertragliche Loyalitätspflicht (LAG Hessen, Az.: 9 Sa 718/97). - Buhrufe für den Chef
Ein betrunkener Mitarbeiter, der während eines Firmenjubiläums die Rede des Chefs mehrfach mit Buhrufen, darf nicht wegen einer "Störung des Betriebsfriedens" fristlos entlassen werden. Das gilt zumindest, wenn der Mitarbeiter, wie im konkreten Fall, bereits seit 30 Jahren im Betrieb angestellt war (LAG Frankfurt/Main, Az.: 5 Sa 37/01). - Diktatoren-Vergleiche
Spricht ein Arbeitnehmer über einen in der ehemaligen DDR geborenen und dort lebenden Vorgesetzten von einer "Scheiß Stasimentalität", sind diese Worte an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (LAG Düsseldorf, Az. 10 Sa 1321/06). - Ausländerfeindliche Parolen
Eine Verwaltungsangestellte beim Finanzamt, die Ausländer als Schmarotzer bezeichnet, darf gekündigt werden (BAG, Az. 2 AZR 274/95).
Da es bei den meisten Führungskräften oftmals keinen rechtlich tragfähigen Kündigungsgrund gibt, sich die Unternehmen aber immer öfter gerade von älteren und damit verhältnismäßig teureren Führungskräften trennen möchten, haben die Personaler ein Problem.
Denn es besteht kein Anspruch des Unternehmens auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung. Ob es die Vorgesetzten mögen oder nicht: Auch unliebsame Mitarbeiter behalten ihren Anspruch auf volle Bezahlung und - solange eine Kündigung nicht rechtskräftig ist - auf eine vertragsgemäße Beschäftigung in der bisherigen oder einer gleichwertigen Funktion.
Unternehmen, die ihre Mitarbeiter hinausdrängen möchten, müssen daher kreativ werden. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt der Fall einer Mitarbeiterin, die lange Jahre in leitender Funktion direkt an den Vorstand eines Dax-Unternehmens berichtete. Die Managerin hatte umfangreiche Personalverantwortung, war für die Entwicklung wesentlicher Produktlinien verantwortlich und erfolgreich.