286 Prozent höhere Fehlerrate
Ist agile Softwareentwicklung nutzlos?
Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Auch 21 Jahre nach dem Agile Manifesto ist immer noch nicht empirisch belegt, welche Auswirkungen agile Methoden auf die Softwareentwicklung haben. Eine neue Studie, an der Anfang Mai 600 Softwareingenieure (250 in Großbritannien und 350 in den USA) teilnahmen, nährt jedoch den Verdacht, dass das Agile Manifest nicht unbedingt und immer das Gelbe vom Ei ist.
Ist es Zeit, um sich von Agile als De-facto-Standard, um moderne Software zu bauen, wieder zu verabschieden - oder zumindest Alternativen in Betracht zu ziehen?
65 Prozent aller agilen Softwareprojekte scheitern
So ergab die von der - nicht unbedingt neutralen - Beratungsfirma Engprax in Auftrag gegebene Umfrage, dass 65 Prozent der Softwareprojekte, bei denen agile Anforderungen an die Entwicklung von Verfahren angewendet wurden, nicht rechtzeitig, nicht innerhalb des Budgets und nicht mit einem hohen Qualitätsstandard abgeschlossen wurden. Im Gegensatz dazu scheiterten nur 10 Prozent der Projekte, bei denen der von Engprax präferierte Impact-Engineering-Ansatz angewendet wurde.
Außerdem zeigte die Studie, dass Projekte, die vor Beginn der Entwicklung über eine Spezifikation oder dokumentierte Anforderungen verfügten, eine um 50 Prozent höhere Erfolgswahrscheinlichkeit aufwiesen als Projekte ohne diese Voraussetzungen, berichten die Autoren. Die Erfolgswahrscheinlichkeit bei Projekten, die vor Beginn der Entwicklung über klare Anforderungen verfügten, sei um 97 Prozent höher. Und bei Projekten, bei denen bis zum Ende des Entwicklungsprozesses keine wesentlichen Änderungen der Anforderungen erforderlich waren, sei die Chance auf eine erfolgreiche Umsetzung um 7 Prozent höher gewesen.
Die für den Projekterfolg positiven Aspekte widersprachen damit gleich drei der vier im Agile Manifesto aufgeführten Grundwerten, nämlich:
funktionierende Software statt umfassende Dokumentation;
Zusammenarbeit mit Kunden statt Vertragsverhandlung;
auf Veränderungen reagieren statt einen Plan zu befolgen.
Lediglich die Vorgabe, dass Individuen und Interaktionen Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen haben, ebenfalls ein Grundwert des Agilen Manifests, spiegelte sich nicht in den Ergebnissen zum Projekterfolg wider - vielmehr machte es laut Studie keinen statistisch signifikanten Unterschied, ob nur eine oder mehrere Personen an einem Projekt beteiligt waren.
Andere nicht-Manifest-konforme Praktiken erhöhten laut Untersuchung ebenfalls den Erfolg. So waren Projekte, bei denen die Software-Ingenieure angaben, dass sie sich psychologisch sicher fühlten, um auftretende Probleme schnell zu besprechen und zu beheben, um 87 Prozent erfolgreicher als Projekte, bei denen dies nicht der Fall war. Basierten die Anforderungen genau auf einem realen Problem, lag die Wahrscheinlichkeit, ein Projekt erfolgreich abzuschließen, um 54 Prozent höher als bei Projekten, bei denen dies nicht der Fall war.
"Da 65 Prozent der Projekte, die agile Methodenagile Methoden anwenden, nicht rechtzeitig fertiggestellt werden, ist es an der Zeit, den Kult um agile Methoden in Frage zu stellen, erklärt Dr. Junade Ali, Engprx-CEO und Autor des Buchs "Impact Engineering". Unsere Forschung hat gezeigt, dass es bei der termingerechten und budgetkonformen Bereitstellung hochwertiger Software auf einen robusten Prozess der Anforderungsanalyse und auf die psychologische Sicherheit ankommt, auftretende Probleme zu besprechen und zu lösen, während gleichzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um einen Burnout der Entwickler zu verhindern." Alles zu Agile auf CIO.de