Agile Entwicklung

Keine Angst vor Scrum



Jürgen Egeling ist Geschäftsführer der punkt.de GmbH in Karlsruhe. Das mittelständische IT-Unternehmen entwickelt komplexe, webbasierte B2B-Anwendungen und begleitet namhafte Kunden bei der Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle. Jürgen Egeling ist überzeugt: „Tragfähige Online-Geschäfte lassen sich nur in kurzen Feedback-Zyklen mit den Kunden entwickeln. Die Technik dafür ist bereit; das Management nicht.“

Neue Fehlerkultur

Scrum unterscheidet sich von anderen Entwicklungsmethoden auch durch seinen Kosten-Nutzen-orientierten Umgang mit Fehlern. Ebenso wie es unmöglich ist, alle Anforderungen ohne Spielraum für Missverständnisse zu definieren, sind auch Fehler bei der Implementierung unvermeidbar. Während bei anderen Entwicklungsmethoden aber große Ressourcen investiert werden, um mögliche Fehler bereits im Vorfeld zu antizipieren und diese auszuschließen, beschränkt sich dies bei Scrum auf schwerwiegende Fehler. Kleinere Bugs werden erst mal in Kauf genommen. Was aber nicht heißt, dass sie im fertigen Produkt toleriert werden.

Die Erfahrung lehrt, dass bei derartigen Fehlern der Aufwand für die Korrektur, einschließlich der folgenden Tests, meist nur einen Bruchteil der Zeit beansprucht, der aufgewendet werden müsste, um den Bug von vorneherein auszuschließen. Agile Entwicklungsmethoden sind in diesem Sinne fehlertolerant, da ihr Augenmerk auf dem schnellen Beheben auftretender Fehler liegt, statt große Ressourcen in deren Vermeidung zu investieren.

Eine Voraussetzung dafür, dass die Softwarequalität am Ende trotzdem stimmt, ist ein zuverlässiges Test-Management. Im Projektalltag ermöglicht das einen wesentlich offeneren Umgang mit Problemen, weil sie nicht als Versagen einzelner Beteiligter wahrgenommen werden, solange mit den Fehlern konstruktiv umgegangen wird. Viele Unternehmen haben mit Scrum die Erfahrung gemacht, dass ihr Code bei einem richtigen Test-Management am Ende trotz geringerem Ressourceneinsatz eine niedrigere Fehlerquote aufweist als bei anderen Entwicklungsmethoden.

Lässt sich ein Kunde auf die agilen Prinzipien ein, hat er davon viele Vorteile: Neben der zielgenaueren Entwicklung und der höheren Flexibilität bei der Anpassung der Anforderungen im Projektverlauf profitiert er von der gesteigerten Transparenz. Er sieht nicht nur ständig, was entwickelt wird und kann nachsteuern, sondern er sieht auch, welche Ressourcen in welche Anforderungen investiert wurden. Beispielsweise ist es möglich, die einzelnen Arbeitsschritte auf Tickets festzuhalten und alle Zeiten darauf zu buchen. So sieht der Kunde tagesaktuell, wer wann wo wie lange an einem Ticket gearbeitet hat und was gemacht wurde. Er kann exakt nachvollziehen, wie viel Geld er für welche Leistung ausgegeben hat und kann damit besser beurteilen, ob sich ein Feature für ihn lohnt oder nicht.

Wenn der Kulturwandel gelingt, profitieren beide Seiten

Scrum verändert nicht nur das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Es führt auch zu mehr Flexibilität und Transparenz und damit zu mehr Offenheit. Das hat den Vorteil, dass beide Seiten jederzeit wissen, woran sie sind. Es bedeutet aber auch, dass sich keine der beiden Seiten mehr hinter langen Verträgen und dicken Lastenheften verstecken kann. Wenn sich beide Seiten auf das agile Entwicklungsmodell einlassen, profitieren am Ende auch beide - nicht nur von einer angenehmeren Zusammenarbeit, sondern auch von schnelleren und besseren Ergebnissen zu einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis.

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