Nürnberger Versicherung
Kfz-Kunden gezielt binden
Wolf-Rüdiger Knocke mag Kunden, die klagen. Der IT-Vorstand der Nürnberger Versicherung freut sich über die Nörgler, die ihm rechtzeitig ihren Unmut mitteilen. Sie kann er noch binden. Mal ein Anruf, kleinere Entgegenkommen, die ganze Palette zur Kundenbindung steht offen, sobald Knocke weiß, was den Kunden ärgert. Problem: Die meisten Versicherten klagen nicht, sondern stornieren ihre Versicherung kommentarlos. "Das ärgert uns natürlich, denn viele der Kunden hätten wir gerne behalten", sagt Knocke. Ende 2003 haben die Nürnberger deshalb angefangen, eine IT-Lösung zu suchen, die die Storno-Kandidaten rechtzeitig erkennt.
Knocke ist mit seinem Anliegen nicht allein im deutschen Versicherungsgeschäft. Alle seine Konkurrenten würden gerne wissen, wie sie ihre Kunden binden und bei welchen Kunden sich die Bindung überhaupt lohnt. Die letztere Frage haben die Nürnberger jedoch zurückgestellt. "Man muss natürlich später zu einer umfangreicheren Betrachtung des einzelnen Kunden kommen", sagt Knocke, der dieses Ziel derzeit jedoch für zu groß hält. Im ersten Schritt geht es ihm darum, Storno-Kandidaten ungeachtet ihrer Attraktivität für die Versicherung zu identifizieren. Ferner hat er sich zunächst auf Kfz-Versicherungen konzentriert, um das Projekt überschaubar zu halten. Insgesamt hat Knocke dabei nur 2,5 Mannjahre investiert, zwei davon in der IT.
Der Kfz-Markt ist einer der härtesten im deutschen Versicherungsgeschäft. Die großen Player wie Allianz oder HUK-Coburg kämpfen darin seit 1998 mit Preisen, die den Versicherungswirten Tränen in die Augen treiben. Nur noch Marketingexperten stufen die Verträge als profitabel ein. "Der K-Bereich (Autoversicherungen, Anm. d. Red.) wird als Einstiegssparte betrachtet", sagt Knocke. "Auf Kfz-Versicherungen können wir aufbauen." Also bemüht sich die Nürnberger um Fahranfänger, obwohl bekannt ist, dass diese viel Blech kaputt fahren. Selbst bei 140 Prozent schaffen sie es immer noch, ein Minus in die Versicherungskassen zu fahren. Richtig gut verläuft das Geschäft nur mit Beamten und Fahrern mittleren Alters, am besten solchen, die auch Haus und Garage haben. "Wer Eigentum hat, geht mit Eigentum bewusster um", sagt Knocke. "Das schlägt sich im Risikoprofil nieder."
Die Nürnberger haben sich in ihren ersten Analysen auch deshalb auf die Kfz-Versicherten konzentriert, weil hier schnell mit Ergebnissen zu rechnen war. Sowohl risikobewusste Kombi-Fahrer als auch jugendliche Draufgänger kündigen - wenn sie kündigen - zum Jahresende. Somit konnten bereits im Januar 2003 die Prognosen des Analyse-Tools evaluiert werden. Die SAS Insurance Intelligence Solution hat sich dabei bewährt. Sie bestätigte, dass schon Stammdaten die Wahrscheinlichkeit einer Stornierung determinieren. Etwa die Telefonnummer: Gibt der Versicherte eine Handy- statt einer Festnetznummer an, vermuten die Analytiker, dass er zur unsteteren Sorte gehört. Zahlt er per Lastschrifteinzug, macht ihn dies für die Versicherung beständiger. Zeigt seine Postleitzahl, dass er vom Land kommt, senkt das die Storno-Wahrscheinlichkeit. Kommt er aus dem Osten, steigt sie wieder.
"Das geht ganz tief rein ins Data-Mining", sagt Knocke. "Ich kann Ihnen im Einzelnen gar nicht sagen, wie sich was auswirkt." Leider konnte dies die Insurance Intelligence Solution zu Beginn ihres Einsatzes in Deutschland auch nicht. Obwohl in der Lösung schon hinterlegt ist, wo Stornierer wahrscheinlich sind und obwohl SAS-Analysten dafür 800 VersicherungenVersicherungen ausgewertet haben, lieferten die Daten aus USA und England keine Vorhersagen, die sich 1 zu 1 nutzen ließen. Top-Firmen der Branche Versicherungen