Projekte


Swiss Re transformiert

KI treibt Katastrophenschutz

Thor Olavsrud ist Senior Writer bei CIO.com und beschäftigt sich mit IT-Security, Big Data, Open-Source-Technologie sowie Microsoft-Tools und -Server-Systemen. Er lebt in New York.
Swiss Re setzt auf Predictive Analytics und künstliche Intelligenz, um im Katastrophenfall schneller zu agieren und seine Kunden dabei zu unterstützen, Schäden besser abzuschätzen.
Rückversicherungsgigant Swiss Re hat eine eigene KI-Plattform aufgebaut, um Schäden durch Naturkatastrophen besser, schneller und effizienter antizipieren, evaluieren und bearbeiten zu können.
Rückversicherungsgigant Swiss Re hat eine eigene KI-Plattform aufgebaut, um Schäden durch Naturkatastrophen besser, schneller und effizienter antizipieren, evaluieren und bearbeiten zu können.
Foto: FotoKina - shutterstock.com

Bedingt durch den Klimawandel haben Naturkatastrophen in den letzten Jahren an Häufigkeit, Schwere und Vielfalt zugelegt - der Blick in die Zukunft verheißt bekanntlich keine Besserung. Das setzt auch die Versicherungskonzerne unter Druck, effizienter und möglichst vorausschauend zu arbeiten. Gleiches gilt für Rückversicherer, die VersicherungenVersicherungen für Versicherer anbieten und damit die Wahrscheinlichkeit reduzieren, hohe Auszahlungen leisten zu müssen. Insbesondere, wenn es um die Folgen von Naturkatastrophen geht, ist das relevant. Top-Firmen der Branche Versicherungen

Um mit dem beunruhigenden Tempo des Klimawandels Schritt zu halten, setzt Swiss Re, einer der größten Rückversicherer der Welt, inzwischen auf Predictive Analytics und Machine Learning (ML), respektive künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz (KI), um seine Kunden dabei zu unterstützen, Katastrophenfälle besser vorherzusehen und ihre Folgekosten zu minimieren. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de

"Wenn man sich die Schwere der Schäden über die letzten zehn Jahre ansieht, hat diese sich in den letzten fünf Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen fünf nahezu verdoppelt", konstatiert Anil Vasagiri, SVP und Head of Property Solutions bei Swiss Re. Er fügt hinzu: "Das müssen Versicherer und Rückversicherer als Trend begreifen und sich entsprechend vorbereiten, um in einem solchen Umfeld bestehen zu können."

Die Swiss-Re-KI-Plattform

In seiner Rolle ist Vasagiri verantwortlich für die Daten- und Software-Assets, die den Kunden von Swiss Re bereitgestellt werden. Zudem verantwortet er die Datenstrategie des Unternehmens. Ende 2022 haben der Manager und sein Team ein bedeutendes neues Tool eingeführt - eine Plattform namens Rapid Damage Assessment (RDA), die Computer Vision mit anderen Modellierungstechniken kombiniert, um Versicherungskunden dabei zu unterstützen:

  • ihre Portfolios (im Vorfeld von Ereignissen) besser zu verstehen, zu planen und zu analysieren,

  • diese zu überwachen, während sich Katastrophen entfalten, sowie

  • Folgeschäden zu identifizieren, beziehungsweise zu mindern.

"Das kann dazu beitragen, Ansprüche zu identifizieren, deren sich die Versicherungsnehmer noch gar nicht bewusst sind, etwa, weil Immobilien im Ausland betroffen sind oder sie von einer Evakuierung betroffen waren", konstatiert Vasagiri. Darüber hinaus unterstütze die RDA-Plattform Kunden dabei, ihre Versicherungsnehmer darüber zu informieren, wie Ansprüche anzumelden sind. "Wenn man bestimmte Schäden früher erkennt und behebt, verringert das die Schwere der Verluste. Spannt man etwa eine provisorische Plane über ein nicht mehr vorhandenes Hausdach, verringert sich der Schaden", erklärt der Swiss-Re-Manager.

Ganz konkret soll die RDA-Plattform durch die Kombination einer Vielzahl von Datenquellen mit KI-Funktionen Schadensmanager und -regulierer dazu befähigen, in den drei Schlüsselphasen einer Naturkatastrophe schnellere und intelligentere (Schaden)Entscheidungen zu treffen:

  • Zunächst geht es um die Planung im Vorfeld einer Katastrophe und darum, eine effektive Reaktionsstrategie zu entwickeln. Um automatisiert die wahrscheinlichen Auswirkungen eines Ereignisses auf die Portfolios der Kundenversicherer zu überwachen, nutzt die Plattform proprietäre Katastrophenmodelle von Swiss Re.

  • Zudem deckt die Plattform auch die Planung nach einer Naturkatastrophe ab. Das Ziel: Versicherer dabei zu unterstützen, Prioritäten bei der Inspektion von Immobilien zu setzen. Unmittelbar nach einer Katastrophe koordiniert sich Swiss Re mit Partnern im Bereich Satelliten- und Luftbilder, um entsprechendes Bildmaterial zu erfassen und anschließend mit Hilfe künstlicher Intelligenz auszuwerten. So kann die Schwere einzelner Schäden genau ermittelt und auch bislang unbekannte Schäden identifiziert werden.

  • Darüber hinaus unterstützt die Swiss-Re-Plattform auch dabei, Schäden remote zu bewerten und zu bearbeiten. Dazu werden die Auswirkungen von Katastrophen auf einzelne Objekte mit Hilfe mehrerer Filter analysiert und anschließend detaillierte Reportings generiert, um Schäden schneller und genauer zu regulieren und zu verhindern, dass sich Verluste anhäufen.

"Diese einzelnen Komponenten haben schon vorher existiert, aber die RDA-Plattform fügt sie alle zusammen, um Insights auch tatsächlich umsetzbar zu machen", erläutert Vasagiri.

Rapid Damage Assessment in der Praxis

Die Rapid-Damage-Assessment-Plattform ist bereits in Betrieb, wenn es um Hurricanes und Tornados geht. Entsprechende Funktionen für Katastrophenfälle wie Hagel und Überschwemmungen befinden sich nach Angaben des Rückversicherers derzeit in der Entwicklung.

Nachdem der Kategorie-5-Hurricane "Ian" 2022 zuerst Kuba verwüstet hatte und sich anschließend in Richtung USA bewegte, konnte die RDA-Plattform ihre erste große Bewährungsprobe erfolgreich absolvieren: Sobald klar war, dass der Wirbelsturm Florida heimsuchen würde, lieferte die Plattform Insights in Tausende von Einzelpolicen, die potenziell durch "Ian" hätten ausgelöst werden können.

Das ermöglichte dem Swiss-Re-Kunden Security First Insurance, Ressourcen zu reservieren, Schadensanpassungen zu planen und Schadenressourcen zuzuweisen - während sich der HurriKan in Richtung USA bewegte. Nach Angaben von Swiss Re wurden innerhalb von sechs Tagen nach der Katastrophe 35.000 Immobilien mit Hilfe der Plattform bewertet.

Um Rapid Damage Assessment in die Tat umzusetzen, stellte der Rückversicherer ein funktionsübergreifendes Team auf die Beine. Dabei waren neben versicherungsmathematischer Erfahrung auch Modellierungs- und Data-Science-Knowhow gefragt, wie Vasagiri preisgibt. Zudem habe gegenüber der Konzernleitung und den Kunden ein Nachweis über die Machbarkeit, Effizienz und den Mehrwert der Lösung erbracht werden müssen.

"Wenn es darum geht, neue Technologien anzuwenden, gilt es, unseren Endbenutzern und den verschiedenen Stakeholdern innerhalb des Endbenutzer-Ökosystems Vertrauen zu vermitteln - und zwar auf einer konsistenten Basis. Es gibt einige Aspekte, die man durch Tests nachvollziehen kann, aber auch andere, bei denen das nur im realen Einsatz geht. Diese Art von Plattform bietet uns unseren eigenen Kontrollraum, um Ereignisse zu überwachen und sicherzustellen, dass unsere Kunden auf die Bilder und Erkenntnisse, die wir ihnen liefern in Echtzeit zugreifen können, während sich das Ereignis entfaltet." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.

Zur Startseite