Projektmanagement


Produkt statt Projekt

Klassisches Projektmanagement scheitert

Christopher Walg verantwortet als Head of Organisational Excellence die methodischen Beratungsschwerpunkte der ONE Business & Technology GmbH. In seiner Tätigkeit als Berater begleitet er Konzerne und Mittelständler in ihrer Digitalisierung. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle sowie den daraus resultierenden Veränderungen in der Organisation.
Peter Kalvelage berät und begleitet Unternehmen und Behörden bei agilen Transformationen. Er arbeitet als Senior Consultant am Düsseldorfer Standort bei der Cassini Consulting GmbH. Der Fokus seiner Tätigkeiten liegt dabei sowohl auf Prozessen und Methoden in Software-Entwicklungsteams wie auch im Produktmanagement und bei Führungskräften.

Der Erfolg in der digitalen Welt steht und fällt mit solch einer grundsätzlichen Anpassungsbereitschaft. Die Gründerväter von PayPal beispielsweise wollten ursprünglich einen sicheren Geldtransfer zwischen Palm Pilots ermöglichen. Der heute erfolgreiche Transfer via E-Mail-Adresse war lediglich ein Nebenprodukt, angestoßen durch die Online-Demo eines findigen Entwicklers. Hätte damals ein Projektmanager an starr definierten Zielen festgehalten - es gäbe PayPal in seiner heutigen Form nicht.

Autoren wie Gerhard Wohland, Matthias Wiemeyer und Niels Pfläging bezeichnen solche anpassungsfähigen Unternehmen in ihren Büchern mit dem Begriff "dynamikrobust". PayPal hat sich als dynamikrobust erwiesen und war fähig, sich im sehr beweglichen Markt der Internetunternehmen einen Vorteil gegenüber trägen Konkurrenten zu verschaffen.

Agile Entwicklung

Das klassische, starre Projektmanagement mit seinen klar definierten Zielen ist unter den Bedingungen der Digitalisierung nur noch eingeschränkt sinnvoll. Weit erfolgversprechender sind heute agile Softwareentwicklungs-Methoden. Agile Verfahren antizipieren die Möglichkeit kurzfristiger Veränderungen. Agile Methoden setzen auf konstante und eigenverantwortliche Teams, sie vermeiden die Erstellung langwieriger Pläne, und sie hinterfragen regelmäßig die eigene Tätigkeit inklusive entbehrlicher Management-Overheads.

Auch eine Studie aus dem Jahr 2014, die das BPM-Labor der Hochschule Koblenz unter Leitung von Prof. Ayelt Komus gemeinsam mit der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. und der International Project Management Assocation (IPMA) durchführte, legt die Überlegenheit agiler Verfahren nahe. Der Studie zufolge wird die Erfolgsquote agiler Methoden positiver bewertet als die des klassischen Projektmanagements.

Produktmanager statt Projektleiter

In der Softwareentwicklung hat der klassische Projektleiter offenbar ausgedient. Der Koblenzer Studie zufolge arbeiten selbst Kanban-Teams fast ausschließlich mit Product Ownern statt mit Projektleitern. Die herkömmlichen Aufgaben des Projektleiters werden also unter anderem vom Product Owner getragen, insbesondere aber auch vom sich selbst organisierenden Entwickler-Team und vom Scrum Master. Diese neue Rollenverteilung und das Primat des Produkts vor dem Projekt führen auch dazu, dass das Produktmanagement und die in ihm vorzufindenden Fähigkeiten in der agilen Welt an Bedeutung gewinnen - während herkömmliche Projektmanagementfähigkeiten an Bedeutung verlieren.

Aber auch das Produktmanagement selbst verändert im Kontext agiler Verfahren seine klassische Gestalt. Dies hat schon damit zu tun, dass das bekannte magische Dreieck des Projektmanagements in der agilen Produktentwicklung völlig auf den Kopf gestellt wird. Klassische Projekte begreifen den Scope des Projekts als fest definiert und unverrückbar, variabel sind allenfalls Zeit und Kosten. In der agilen Entwicklung sind dagegen Zeit und Kosten als feste Parameter gesetzt. Der variable Parameter ist hier der Scope - der zugleich in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt.

Per Iteration zum erfolgreicheren Produkt

Auch die klassische Aufgabentrennung zwischen Linie und Projekt wird im Kontext agiler Entwicklung aufgeweicht, weil Vorhaben nicht mehr an Projektlaufzeiten gebunden sind. Digitale Produkte bedingen Software, und Software erzeugt Wartungsaufwand - was einer Projektbetrachtung mit definiertem Budget und Endzeitpunkt zuwider läuft.

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