IT-Ausblick 2024
Künstliche Intelligenz drängt zum Handeln
- Marktreife KI-Tools können schon heute bis zu 20 Prozent der Arbeitsabläufe ohne Qualitätsverlust beschleunigen
- Drei von vier Entscheidern berichten, dass ihre Erwartungen beim Einsatz von KI im Coding erfüllt oder sogar übertroffen wurden
- KI-Werkzeuge werden nicht nur Abläufe in der IT und darüber hinaus schneller und günstiger machen, sondern auch neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen
- Unternehmen müssen dafür die richtigen Anwendungen wählen, die Anbindung der KI-Tools an die bestehende IT- und Datenarchitektur sicherstellen sowie den Prozess aktiv begleiten
Schon Ende der 1990er Jahre schlug eine Maschine einen Schachweltmeister, und im Brettspiel Go weist AlphaGo menschliche Gegner seit Längerem in ihre Schranken. Doch ansonsten schien die künstliche Intelligenzkünstliche Intelligenz der menschlichen in den vergangenen Jahren zumeist noch unterlegen zu sein. Ende 2022 kam schließlich die öffentliche Freigabe von ChatGPT. Der Algorithmus kommuniziert mit Menschen auf Augenhöhe, generiert druckfertige Texte und stellt in vielen Disziplinen - vom Marketing bis hin zur Programmierung - Kreativität unter Beweis. Nie zuvor hatte ein digitales Tool so schnell die magische Zahl von 100 Millionen Nutzern erreicht, selbst der Erfolg von TikTok verblasste dagegen. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Niedrige Einstiegskosten erleichtern den Start
Die rasant wachsende Akzeptanz generativer KI ist ein Weckruf für Unternehmen. Eine anfängliche Zurückhaltung kann auch angesichts der rasanten Weiterentwicklung von KI schnell zu einem dauerhaften Wettbewerbsnachteil werden. Denn es bahnt sich derzeit nicht nur eine technologische, sondern auch eine ökonomische Revolution an. Die Einstiegshürden, um generative KI zu nutzen, sind deutlich niedriger als beim erstmaligen Einsatz früherer disruptiver Technologien. Anwender können ohne größere Investitionen in die neue Ära starten, die großen Kostenblöcke müssen die Entwickler der Grundlagenmodelle schultern. Richtig eingesetzt wird generative KI zudem dazu beitragen, dem branchenübergreifend hohen FachkräftemangelFachkräftemangel zu begegnen. Alles zu Fachkräftemangel auf CIO.de
Nach unseren Beobachtungen gehen Vorreiter auf diesem Gebiet zweistufig vor. Sie denken groß und sind von Beginn an bestrebt, sämtliche Potenziale eines KI-Einsatzes zu erfassen. Sie starten auf dieser Basis möglichst schnell und wählen dazu aus einer Vielzahl potenzieller Use Cases einige vielversprechende Piloten aus. In der zweiten Stufe beschäftigen sie sich damit, den KI-Einsatz unternehmensweit technisch umzusetzen sowie auszuweiten.
Erste Erfahrungen mit generativer KI sammeln
Generative AIGenerative AI ist eine noch junge Technologie - von Generation zu Generation kommt es zu sprunghaften Verbesserungen unter anderem bei der Ausgabequalität und der Sprachfähigkeit. Doch schon die aktuellen Modelle erhöhen die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit von Unternehmen in hohem Maße. Denn sie sind in der Lage, unstrukturierte Daten zu verstehen, zu analysieren, neue zu generieren und auf bestehende zu reagieren. Alles zu Generative AI auf CIO.de
Bain-Schätzungen zufolge lassen sich auf dieser Basis bereits bis zu 20 Prozent der Arbeitsabläufe ohne Qualitätsverlust beschleunigen. Diesen Vorteil wollen sich viele Unternehmen nicht entgehen lassen: Besonders aktiv sind laut einer unserer aktuellen Befragungen Systemintegratoren und Agenturen, eher zurückhaltend agiert unter anderem noch die in Deutschland stark vertretene Mobilitätsbranche.
Ebenso vielfältig ist die Anwenderlandschaft nach Tätigkeitsgebieten. Das Spektrum reicht von Vertrieb und Marketing über die IT bis hin zum Personalwesen. Welche Potenziale sich beispielhaft in der IT ergeben, zeigte eine Bain-Untersuchung von Software-Unternehmen, die bereits KI-basierte Codierungsassistenten einsetzen. So berichteten 75 Prozent der weltweit fast 600 befragten Führungskräfte, dass KI ihre Ziele erfüllt oder übertroffen habe. Bei 76 Prozent hat sich die Zeit bis zur Markteinführung verkürzt, bei 63 Prozent die Coding-Qualität verbessert.
Einsatz generativer KI eröffnet vielfältige Vorteile
Eine höhere Qualität und Geschwindigkeit sowie geringere Kosten sind nicht die einzigen Vorteile, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:
Schnellere Qualifikation. Mit Unterstützung generativer KI bringt ein Unternehmen neue Mitarbeiter im Kundendienst binnen zwei statt sechs Monaten auf das übliche Produktivitätsniveau. Die Anwender erhalten die benötigten Daten von einem LLM-Modell ("Large Language Model").
Bessere Kundenerfahrung.Im Bereich Telemetrie hat ein Unternehmen die bis dahin anspruchsvolle Abfrage von Daten mithilfe eines KI-Tools drastisch vereinfacht. Anwender können nun in Alltagssprache mit dem Algorithmus kommunizieren.
Neues Einkaufserlebnis.Eine Supermarktkette erweitert mit generativer KI die Anwendungsmöglichkeiten ihrer App und nutzt dazu strukturierte wie unstrukturierte Konsumentendaten. Ein Einkaufsassistent empfiehlt unter anderem neue Artikel und Rezepte auf Basis der bekannten Budgets und Ernährungsgewohnheiten.
Zügige Innovationen. Pharmaunternehmen beispielweise nutzen generative KI, um unter anderem die Produktentwicklungszeiten massiv zu verkürzen. Ein Vorreiter schafft es auf diesem Weg, Aufgaben im Rahmen der klinischen Entwicklung in einem Drittel der Zeit und zu einem Zehntel der Kosten zu erledigen.
Generative KI spielt ihre Vorteile vor allem in Prozessen aus, die ein umfangreiches Wissen voraussetzen. Branchenübergreifend bietet sich daher das Aftersales- und Servicegeschäft für Piloten an. Seit Längerem sind hier ChatbotsChatbots im Einsatz, um Mitarbeiter zu entlasten. Ihre Entwicklung dauerte bislang allerdings oft mehrere Monate und beanspruchte erhebliche Budgets. Dank neuer "Off-the-Shelve"-Anwendungen mit KI-Unterstützung, deren Training mithilfe firmeninterner Daten sowie der weitverbreiteten API-Economies verkürzt sich dieser Zeitraum erheblich. Alles zu Chatbot auf CIO.de
Differenzierungsstrategie ist gefragt
Bevor Unternehmen im Aftersales oder anderen Bereichen im größeren Stile KI integrieren, sollten sie sich mit einigen grundlegenden Fragen technischer und prozessualer Natur auseinandersetzen. Allen voran zählt dazu, die Datensicherheit zu gewährleisten. Europäische Unternehmen sind in diesem Zusammenhang ebenfalls mit dem Thema Rechtssicherheit bei der Nutzung cloudbasierter Anwendungen aus den USA konfrontiert. Empfehlenswert ist hier, eine klare Differenzierungsstrategie zu entwickeln und sich mit den Angeboten der US-Hyperscaler für ein Hosting in Europa auseinanderzusetzen.
Weitere technische Fragen betreffen die Buy- und Build-Strategie sowie die Infrastruktur. Unternehmen sollten gezielt KI-Kompetenzen aufbauen, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, und darauf achten, nicht zu sehr von einem externen Anbieter abhängig zu werden. In puncto Infrastruktur braucht es unter anderem eine breite Palette an Schnittstellen von der Cloud bis hin zum Edge.
Auf der Prozessseite sind Unternehmen gut beraten, die heutigen Entwicklungsumgebungen zu überprüfen und sich mit den Möglichkeiten und Restriktionen der Skalierung von KI-Lösungen zu beschäftigen. Zudem ist es ratsam, sich regelmäßig mit regulatorischen Vorstößen wie aktuell der KI-Richtlinie der EU zu beschäftigen - auch mit Blick auf ethische Fragen.
Schon im Vorfeld haben viele Unternehmen in eigener Initiative Leitlinien für einen verantwortungsvollen Umgang mit der neuen Technologie etabliert. Die Praxis zeigt, dass eine fokussierte und funktionierende Governance entscheidend ist, um die erhofften Wertzuwächse mit künstlicher Intelligenz tatsächlich zu realisieren. Dazu braucht es neben klaren Leitlinien unter anderem auch entsprechende Mitarbeiterprofile und klare Verantwortlichkeiten.
Drei Erfolgsfaktoren für den zielgerichteten KI-Einsatz
Nach Bain-Erfahrungen hängt der Erfolg einer verstärkten KI-Nutzung insbesondere von drei Faktoren ab. Erstens der Auswahl der richtigen Use Cases mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis: Wo schafft KI wirklich einen Mehrwert und wie lassen sich Piloten möglichst effizient skalieren? Antworten auf diese und weitere Fragen lassen sich im Rahmen von Workshops binnen zwei bis vier Wochen finden. Generative KI braucht zweitens eine passende IT-Umgebung.
Nur bei einem möglichst reibungslosen Zugriff auf die bestehenden Daten und einer einfachen Integration in bestehende IT-Umgebungen führen die neuen Werkzeuge zum erhofften Produktivitätsschub. Der dritte, oft unterschätzte Erfolgsfaktor ist Change-Management. Die Integration von KI in bestehende Arbeitsabläufe löst vielerorts Sorgen aus und verändert bestehende Prozesse von Grund auf. Wer diesen Wandel aktiv begleitet, senkt Hemmschwellen und beschleunigt die Adaption.
Drei Erfolgsfaktoren, tausende Anwendungen, Millionen Nutzer: KI wird in den kommenden Jahren eine technologische und ökonomische Revolution auslösen. Je früher Unternehmen systematisch Erfahrungen sammeln, desto größer ist ihre Chance, aus dieser Revolution gestärkt hervorzugehen und in Zukunft besser, schneller und günstiger zu agieren. Das Motto des Jahres 2024 mit Blick auf KI lautet: Groß denken - und schnell starten! (wh)