Strategien


6 disruptive Szenarien

McKinsey: Big Data erfüllt Erwartungen noch nicht

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Das McKinsey Global Institute legt in einer aktuellen Studie dar, dass sich ihre 2011 formulierte Erwartungen an Big Data nicht realisiert haben. Dennoch halten die Analysten daran fest, dass sich die enormen Potenziale bald entfalten werden.
  • Gewaltiges Automatisierungspotenzial durch Machine Learning
  • Orthogonale Daten sorgen für Disruption
  • Anwender müssen drei Schritte auf einmal bewältigen
  • Business Translators und Data Scientists bleiben rar
  • Silostrukturen lähmen die Entwicklung
Studienergebnisse auf einen Blick: McKinsey sieht sechs disruptive Entwicklungen, die mit Big Data verbunden sind, und drei Aspekte des Umgangs mit Daten.
Studienergebnisse auf einen Blick: McKinsey sieht sechs disruptive Entwicklungen, die mit Big Data verbunden sind, und drei Aspekte des Umgangs mit Daten.
Foto: McKinsey Global Institute

Für skeptische CIO-Naturen ist es eine immerwährende Frage: Steckt hinter der Technologie, die verkauft werden will, wirklich Substanz oder nur Marketing? Ist am Ende alles nur ein Hype? Die Analysten von McKinsey greifen diese Grundfrage für das Thema Big DataBig Data nun selber auf. Sie kommen erwartungsgemäß zu dem Befund, dass Big Data und Datenanalyse generell wichtig sind und immer wichtiger werden. Kein aufgeblasener Hype also. Alles zu Big Data auf CIO.de

Dennoch gibt es einen guten Grund dafür, die Frage überhaupt zu stellen. Denn tatsächlich, so arbeitet ein Autorensextett des McKinsey Global Institute (MGI) in der Studie "The Age of Analytics: Competing in a Data-Driven World" heraus, haben sich mit dem Thema verknüpfte Erwartung bislang weithin nicht erfüllt.

Vergleich mit McKinsey-Studie von 2011

Bezugspunkt dieser Feststellung ist eine MGI-Studie aus dem Jahr 2011, die das transformatorische Potenzial von Big Data ausmalte. Die dort getätigten Prognosen haben also mittlerweile einige Jahre auf dem Buckel, und die Möglichkeiten der Analyse-Technologie werden heute mitnichten so ausgeschöpft, wie dort umrissen.

Zwar stellen die Autoren der aktuellen Studie fest: "Wir sind überzeugt, dass das Potenzial nicht überschätzt wurde." So verdopple sich das weltweite Datenvolumen weiterhin alle drei Jahre. Datenspeicherung sei sehr viel günstiger geworden, entsprechend hätten sich die Kapazitäten in diesem Bereich erheblich vergrößert. Außerdem seien Data Scientists mittlerweile durchaus verbreitet und mit der Entwicklung immer ausgereifterer Algorithmen gut beschäftigt.

Die prognostizierten Fortschritte sind noch nicht eingetroffen

Nur: Die 2011 in Aussicht gestellten Fortschritte haben sich bislang kaum realisiert. Seinerzeit hatte das MGI fünf Branchen mit besonderem Disruptions-Potenzial definiert. Immerhin zu 50 bis 60 Prozent konnte das vorhandene Potenzial für das Segment der ortsbezogenen Daten realisiert werden. Ein Hindernis bleibt hier laut Studie die Durchdringung des Smartphone-Marktes mit GPS-Technologie - und zwar weltweit. Die weiteren vier Branchen hinken sehr viel stärker hinter den Erwartungen her.

Nur 30 bis 40 Prozent des potenziellen Wertzuwachses erreichen die Retail-Unternehmen. McKinsey stützte seine optimistische Prognose ursprünglich auf die Händler in den USA, stellt aber fest, dass sich die Lage in der Europäischen Union kaum anders darstellt. Nur zu 20 bis 30 Prozent schöpft die Fertigungsbranche ihr Potenzial aus. Mit 10 bis 20 Prozent liegen die Werte für den öffentlichen Sektor in der EU und für die Gesundheitsbranche in den USA noch darunter.

Data Scientists und Business Translators fehlen

Klammert man die Healthcare-Firmen in Nordamerika aus, die laut Studie vor allem von Akzeptanz- und Interoperabilitätsproblemen ausgebremst werden, sind es ähnliche Hürden, die Big Data bisher nicht zu nehmen wusste. Durchweg gilt das für immer noch existierende Datensilos - in den verschiedenen Behörden der EU etwa oder in verschiedenen Unternehmen und Unternehmensteilen der Handelshäuser. Retail und öffentlicher Sektor plagen sich überdies in besonderem Maße mit Mangel an Analyse-Fachkräften, in der IndustrieIndustrie ist die Skepsis der Entscheider ein Bremsfaktor von hohem Gewicht. Top-Firmen der Branche Industrie

"Viele Unternehmen tun sich damit schwer, datengetriebene Erkenntnisse in die alltäglichen Geschäftsprozesse einzuspeisen", konstatieren die Studienautoren. "Eine weitere Herausforderung ist das Rekrutieren und Binden der richtigen Talente - nicht nur Data Scientists, sondern auch Business Translators, die einen profunden Umgang mit Daten sowie branchenspezifische und funktionale Expertise kombinieren."

Menschlicher Faktor entscheidend für Big Data & Analytics-Erfolge

Der menschliche Faktor ist laut Studie ohnehin entscheidend für greifbare Big Data & Analytics-Erfolge. Firmen, in denen viele Digital Natives zu finden sind, tun sich auf diesem Feld generell leichter. Die schlechte Nachricht von McKinsey: Fachkräfte werden noch auf Jahre hinaus knapp bleiben. Es bleibt schwierig, Data Scientists und Business Translators zu finden.

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