VDA-Präsident schmeißt hin
Merkel gibt auf der IAA die E-Kanzlerin
Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) hat auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) der deutschen AutoindustrieAutoindustrie eine enge Zusammenarbeit versprochen. Gemeinsam müsse man die "Herkulesaufgabe" bewältigen, den Verkehrssektor schnell klimafreundlicher zu machen, sagte sie zur offiziellen Eröffnung am Donnerstag in Frankfurt. An ihrer Seite: VDA-Präsident Bernhard Mattes. Für den obersten Branchenlobbyisten war es jedoch die letzte IAA. Denn am Abend des ersten Messetages kündigte er überrschend seinen Rückzug von der Spitze des Verbandes der Automobilindustrie zum Jahresende an. Top-Firmen der Branche Automobil
Mattes werde sich neuen Aufgaben zuwenden, teilte der VDA knapp mit. Zu den Gründen für den Rücktritt wurde zunächst nichts bekannt. Der frühere Ford-Manager ist erst seit März 2018 VDA-Präsident, seine Amtszeit lief eigentlich bis Ende 2020. Der Verband gilt als einer der einflussreichsten Lobbyverbände in Deutschland, die Autobranche mit mehr als 800 000 direkt Beschäftigten als Schlüsselindustrie.
Zuletzt hatte der "Spiegel" über Kritik an Mattes berichtet. Es gebe "Defizite in der politischen Unterstützung" für die Industrie, hatte das Magazin unter Berufung auf einen hochrangigen Automanager berichtet. Der VDA verkaufe sich unter Wert. Kritiker hielten Mattes vor, er sei nicht eng genug mit den Entscheidungsträgern in Berlin und Brüssel vernetzt. Gerade jetzt, wo die Politik die Klimaziele verschärfe, brauche die Autoindustrie eine stärkere Stimme.
Die Kanzlerin zog am Ende ihres 90-minütigen Messe-Rundgangs mit Besichtigung etlicher Elektroautos, autonom fahrender Shuttle-Busse sowie mit etwas Klimaprotest ein zufriedenes Zwischenfazit: "Ich konnte mich überzeugen, dass wir nicht vor einem Umbruch stehen, sondern dass dieser Umbruch bereits Realität ist."
Nichts ist mehr übrig von der vor zwei Jahren noch deutlich formulierten Kritik an den Dieselschummlern, auch die Vorbehalte gegen die beim Kunden erfolgreichen, aber schweren Stadtgeländewagen macht sich die Kanzlerin nicht zu eigen. Die Greenpeace-Proteste gegen angebliche "Klimakiller" an den Ständen von VW und BMWBMW ignoriert die Kanzlerin, fragt die Autobosse nach Batteriereichweiten und nach den verschiedenen Entwicklungsstufen zum autonomen Fahren. Top-500-Firmenprofil für BMW
"Wir können das schaffen, als Deutschland vorne mit dabei zu sein", sagt Merkel. Bis 2022 solle entlang aller Autobahnen der neue Mobilfunkstandard 5G zur Verfügung stehen, und zwei Jahre später auch entlang der Bundesstraßen. Die Technologie ist wichtig für neue digitale Funktionen in den Autos. Für den Erfolg der Elektromobilität sei die Verlässlichkeit der Ladeinfrastruktur von größter Bedeutung, mahnt die Kanzlerin. 20.000 Ladepunkte seien noch lange nicht ausreichend, befindet sie zur Freude der Hersteller.
Noch-VDA-Chef Mattes wandte sich gegen eine Verschärfung der bereits geltenden Klimaziele. Zunächst müsse das erledigt werden, was vereinbart worden sei. Während die Industrie Technologien zur Verfügung stelle, halte die notwendige Infrastruktur für alternative Antriebe nicht mit.
Merkel zeigt sich beim stressigen Rundgang auf der trotz zahlreicher Absagen immer noch imposanten Messe gut in Form und lockerte mit trockenen Sprüchen das Programm auf. "Ja, das sieht nach Zukunft aus", meint sie im Angesicht der autonom fahrenden Modell-Studie "EQS" von Mercedes Benz, um gleich zu ergänzen: "Da muss wenigstens Musik gespielt werden, damit man nicht einschläft." Den allzu plüschig gestalteten Innenraum des BMW iNext kommentiert sie mit den Worten: "Der ruft nach einem Staubsaugeranschluss."
Shuttle-Busse der Zulieferer
Auch die Zulieferer wollen der Kanzlerin zeigen, was sie beisteuern zur Mobilität der Zukunft. Damit tun sie sich als Teilelieferanten naturgemäß eher schwer - aber die Technik für automatisches Fahren etwa erproben sie alle in kleinen Shuttlebussen, ob nun BoschBosch, ContiConti oder ZF. Bei Conti und ZF nimmt Merkel in den Gefährten Platz, lässt aber vor allem Ideenreichtum erkennen. Ob denn angedacht sei, die Dächer der Busse mit Solarpaneelen auszustatten? ZF-Chef Wolf-Henning Scheider muss zugeben, dass der Energiegewinn daraus lediglich für die Klima-Anlage reichen würde. Top-500-Firmenprofil für Bosch Top-500-Firmenprofil für Conti
Bosch-Chef Volkmar Denner lässt die Kanzlerin wissen, dass der weltgrößte Autozulieferer bereits ab nächstem Jahr komplett CO2-neutral arbeiten wolle. "Sie beziehen dann Strom aus erneuerbaren Energien oder pflanzen Sie Bäume?" fragt Merkel kritisch nach. Einen Teil der Klimakompensation werde Bosch auch mit eingekauften Zertifikaten leisten müssen, gesteht Denner der Kanzlerin.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) schlägt die gleiche autofreundliche Richtung ein und warnte vor "pseudoreligiösen Heilsgewissheiten" in den Diskussionen um den Verkehr von morgen. "In der Fläche wird individuelle Mobilität ohne Auto nach meiner Auffassung eine Illusion bleiben", meint der Hesse. Die weiterentwickelte IAA sei ein guter Ort, über verschiedene Mobilitätskonzepte zu sprechen und die Interessen auszugleichen.
Ehemalige Opel-Chef Neumann sieht IAA kritisch
Dabei ist die Fortsetzung der IAA am Messestandort Frankfurt durchaus fraglich. So urteilt der frühere Opel-Chef Karl-Thomas Neumann: "Die IAA 2019 ist ein großer Reinfall. Sie ist ein trauriger Schatten ihrer selbst. Eine IAA 2021 wird es nicht geben." Der VDA will mit seinen Mitgliedern am Donnerstag über mögliche Alternativen sprechen.
Klimaschützer warfen der Autoindustrie am Donnerstag erneut vor, den Wandel zu emissionsfreier Elektromobilität nicht entschlossen genug voranzutreiben und weiter auf klimaschädliche Stadtgeländewagen (SUVs) zu setzen. Am Ausstellungsstand von VolkswagenVolkswagen kletterten zwei Greenpeace-Aktivistinnen auf Autos und hielten Plakate mit der Aufschrift "Klimakiller" hoch. Während Merkel den BMW-Stand besuchte, wurde zudem ein herannahender Protestler vom Sicherheitsdienst abgefangen und abgeführt. Für das Wochenende sind in Frankfurt große Demonstrationen angekündigt. (dpa/rs) Top-500-Firmenprofil für Volkswagen