Grid Computing für die Industrie
Mit vereinten Kräften
Flugzeugbau und Erdöl-Exploration
Mithilfe dieser und ähnlicher Werkzeuge verlassen die Grids die akademische Sphäre, um in der Wirtschaft Fuß zu fassen. Anwendungsbereiche gibt es genug, ist Rudolf Bauer, Europachef von IBM Global Services, überzeugt: "Erdölfirmen wie Esso oder Exxon könnten Geodaten gründlicher und schneller analysieren. Weitere Felder sind Klimasimulationen oder die Erdbebenforschung. Oder denken Sie an den Flugzeugbau: Airbus muss zwischen Hamburg und Toulouse enorm viele Daten austauschen; allein dafür würde sich ein Grid lohnen." Als ersten Kunden kann IBM auf das Erdöl-Explorationsunternehmen "Petroleum Geo-Services" aus den USA verweisen. Es setzt die Rechenleistung aus der Steckdose zur Lokalisierung und Erforschung von Erdölfeldern ein, indem es seismische Daten im Tiefwasser des Golfs von Mexiko simuliert.
"Beim Grid Computing geht es nicht nur um Technologie, sondern um ein Konzept", betont Bauer. "Die Frage lautet: Wer hat welchen Rechenleistungsbedarf, und wie kann man den flexibel befriedigen?" Rechenleistung wird zum Verbrauchsgut wie Wasser oder Strom - bei Bedarf abgerufen und verbrauchsabhängig abgerechnet. "Wo man hohe Kosten scheut, kann es eine Lösung sein, IT-Leistung aus der Steckdose zu beziehen", sagt Bauer.
Potenzielle Auftraggeber aus der Wirtschaft zögern allerdings noch, vertrauliche Entwicklungsdaten oder Simulationen über das Internet zu schicken und auf den Computern einer anderen Firma oder einer Universität zu Ende rechnen zu lassen, weil sie Wirtschaftsspionage fürchten. Sie setzen - wenn überhaupt - bei GridLösungen auf ihre Intranets. Blaupunkt betreibt ein Elektronic Design Grid aus 200 Prozessoren. BASF verteilt Forschungsberechnungen der Abteilung Polymerphysik mit Software der US-Firma Platform Solutions auf Server und 300 Arbeitsplatz-PCs. Dank der Automatisierung fallen 20 Prozent weniger Mitarbeiterstunden für die Berechungen an. Der Automobilrennstall Williams-BMW nutzt parallel geschaltete HP-Rechner, um für seine Formel-1-Rennwagen Luftwiderstände und Motorenleistungen zu simulieren. Und McLaren setzt auf Suns Grid Engine, um 3-D-Modelle von Rennwagen zu erstellen oder Crashtests auszuwerten.
Schon gibt es erste kommerzielle Grids im Internet. Wer im Multiplayer-Game "Cryptids" mit HightechWaffen Magier jagt, tut das mithilfe eines Grid. Das kalifornische Start-up Butterfly.net hat dafür auf der Grundlage von Linux-Software und IBM-Computern ein Supernetz für Online-Spiele entwickelt; sie gehören zu den rechenintensivsten Internet-Anwendungen. Das Spiele-Grid soll jedem Ansturm gewachsen sein und mehr als eine Million Spieler gleichzeitig verkraften.