Knackpunkt Unternehmenskultur
Mittelständler finden keine Manager
Rekrutierungsprobleme von Unternehmen beschränken sich nicht auf Fachkräfte. Sechs von zehn Mittelständlern in Deutschland haben Schwierigkeiten damit, Führungspositionen zu besetzen. 42 Prozent benötigen für eine erfolgreiche Rekrutierung mindestens ein halbes Jahr. Die übrigen zwei Drittel besetzen Positionen zwar innerhalb von sechs Monaten, doch nur zwölf Prozent gelingt eine Besetzung in den ersten drei Monaten. Die lange Suche nach einem neuen Manager hat auch Folgen für die Personalabteilung: Jeder zweite Personalverantwortliche sagt, dass die Rekrutierung deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat als ursprünglich geplant. Diese Zahlen stammen aus der Studie "HR-Herausforderungen im Mittelstand", für die die Personalberatung InterSearch Executive Consultants mehr als 200 Personalverantwortliche befragt hat.
- Jan Falck-Ytter, IT-Leiter bei der Bader GmbH & Co. KG
Er legte die klassische Karriere bis zum CIO beim Automobilzulieferer aus Göppingen hin. Jeden Karriereschritt machte Falck-Ytter in einem anderen Unternehmen: Systemanalytiker bei Digital Equipment in Stuttgart, Projektleiter bei Hengstenberg in Esslingen und schließlich IT-Leiter bei Endress und Hauser Conducta in Gerlingen. Damit ist Ytter nicht allein: - Der Weg an die Spitze
Wie sieht die typische CIO-Karriere aus? Schwer zu sagen: Einige wechseln alle paar Jahre das Unternehmen, andere bleiben der Firma treu. Aber richtig große Sprünge gelingen nur, wenn man ein Risiko eingeht. Wir stellen Ihnen einige CIO-Karrieren vor. - Andreas König, CIO bei ProSiebenSat.1. Media AG
Genau wie Falck-Ytter sah auch Königs Karriere aus: Jede Station woanders. Der promovierte Informatiker arbeitete unter anderem als VP IT bei First Data International und IT Manager bei BAWAG PSK (Österreich). Als Manager arbeitete er aber auch bei Accenture. Jung zum CIO aufzusteigen, das bedeutet offenbar einen häufigen Firmenwechsel. - Elmar Flamme, CIO des Klinikum Wels Grieskirchen
Muss man der Karriere wegen immer den Arbeitgeber wechseln? Nein. Bestes Beispiel ist Elmar Flamme, CIO des Klinikums Wels Grieskirchen. Der gelernte Krankenpfleger stieg im Stadtkrankenhaus Rüsselsheim immer weiter die Karriereleiter hinauf bis zum IT Leiter. Von dort wechselte er dann aber doch noch als CIO zum Mutterhaus der Borromäerinnen und ist nun am Klinikum Wels. - Andreas Miehle, CIO bei Norma
Der CIO der NORMA Group Holding GmbH startete seine Karriere als Programme Manager bei Britax Childcare. Später wechselte er zu Johnson Controls als Regional IT Manager. Auf seinem Weg zum CIO des Industrieausrüsters legte Miehle noch Stationen bei Epicor Software Corporation und der Wilo AG ein. - Dieter Moritz, CIO der Uniklinik Köln
Moritz wechselte vom Bereichsleiter Client Server bei der AMB Informatik zum Bereichsleiter IT bei Viterra Energie Service Essen. Dann wurde er der Direktor IT und Organisation bei der Sparkasse Köln und IT-Bereichsleiter bei Rigips. Der Diplom-Betriebswirt teilt sich die Stelle mit seinem Bonner Kollegen Erich Pfeifer. - Volker Raupach, VP IT Customer Group Europe bei Johnson Controls Automotive Experience
Raupach blieb, anders als einige andere CIOs, seinen Unternehmen weitestgehend treu: Er arbeitete jahrelang bei den Rütgerswerken und ist erst seit 2008 bei Johnson Controls. Nur eine immerhin achtjährige Zwischenstation bei CSC legte er ein. Damit hat Raupach eine eher CIO-untypische Karriere: Nicht alle zwei Jahre in einem anderen Unternehmen zu finden. - Jochen Schneider, früher CIO bei der Zürcher Kantonalbank
Schneider begann seinen Weg nach oben bei IBM als Vertriebsbeauftragter, ging dann als Programm Manager IT zu Smart, war bei Swisscom dann Head of Purchasing and Logistics und wurde schließlich bei PostFinance CIO und Mitglied der Geschäftsleitung. Inzwischen hat Schneider nach einem Sabbatical die Seiten gewechselt und arbeitet nun als COO beim Retail-Banking Anbieter Sungard. - Thorsten Steiling, CIO bei Solarworld
Etwas ungewöhnlich dagegen Steiling: Er begann bei Siemens in Nürnberg als Entwicklungs- und Projektierungsingenieur und wechselte dann zur Salzgitter AG. Dort erklomm er die Karriereleiter vom Leiter der Anlagen- und Automatisierungstechnik bis hinauf zum IT-Leiter bei Steiling. Sein derzeit letzer Karriereschritt: CIO bei der Solarworld AG. - Klaus Vitt, hat die CIO-Funktion der Bundesagentur für Arbeit inne
Vitt machte hauptsächlich Karriere bei der Telekom. Von 1996 bis 2006 war er in verschiedenen Tochtergesellschaften der Telekom auf immer höheren Positionen vertreten, bevor er zur BA wechselte. Davor war er 14 Jahre lang bei der Bertelsmann AG tätig. - Bert Bloß, Leiter IT bei der Heinrich-Böll-Stiftung
Bloß war zuerst Inbetriebnahme-Ingenieur bei Robotron, dann betreute er die die KMU bei Nixdorf und Siemens. Anschließend wurde er IT-Leiter bei der Mitropa AG. Nun ist Bloß CIO der Heinrich-Böll-Stiftung. Er legte eine steile Karriere hin. - Volker Dirksen, Axel Springer
Dirksen war seit 2009 CIO des Landwirtschaftsverlages Münster, der unter anderem das Magazin "Landlust" verlegt. Dort verantwortete er sowohl die gesamte IT als auch die Weiterentwicklung der Online-Auftritte. Zuvor war er unter anderem als Manager im CIO Office von Gruner + Jahr und als IT-Management-Berater bei Cap Gemini Ernst & Young tätig. Dirksen, 39, leitet seit Juli 2013 die Corporate IT der Axel Springer AG. Weit entfernt von einer CIO-Position in einem Großunternehmen ist er damit nicht mehr. - Klaus Höffgen, CIO bei Delvag Luftfahrtversicherungs AG
Zügig zum Ziel, so kann man Höffgens Karriereweg beschreiben. Nur drei Stationen brauchte der promovierte Mathematiker: Sechs Jahre als VP und zuletzt als Global Head of IT bei WestAM, ab 2000 weitere sechs Jahre als VP bei Gartner, ab Mitte 2006 bei Delvag Luftfahrtversicherungs AG. - Bernd Kuntze, CIO der Haas Food Equipment GmbH
Knapp 20 Jahre blieb Kuntze bei der Mars Inc. und arbeitete sich dort durch die verschiedensten Positionen nach oben, um dann 2007 zur Raiffeisen Informatik GmbH zu wechseln als Leiter Organisation. Unternehmen mit Nachwuchsproblemen sollten sich an seinem Lebensweg ein Beispiel nehmen. Geht es nach oben nicht mehr weiter, orientieren sich die Talente um. Damit verlässt wertvolles Wissen die Firma. - Seit 2008 ist Kuntze übrigens CIO von Haas Food Equipment und wurde in dieser Funktion im IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" Mittelstandsgewinner. - Björn Lügger, IS/ IT Manager Zentraleuropa der Camfil KG
Lügger machte Karriere bei der Tremco illbruck International GmbH. Schon bei seiner zweiten Firma, der schwedischen Camfil KG, wurde er zum IT Manager für Zentraleuropa ernannt. Auch er verließ, genau wie Kuntze, zum letzten Karriereschritt seine Firma. - Jürgen Renfer, CIO bei KUVB
In 16 Jahren bei der Deutschen Rentenversicherung in Rheinlad-Pfalz stieg Renfer vom Software-Entwickler zum Sachgebietsleiter IT auf und wechselte 2001 zur Kommunalen Unfallversicherung in Bayern. Der Firmenwechsel brachte auch den Karrieresprung zum CIO mit sich. Eine Lehre für künftige CIOs? Dem Unternehmen treu bleiben, solange es geht. Und dann rechtzeitig den Absprung schaffen. - Gerald Scheurmann-Kettner, CIO Event Hotelgruppe
Vom Tellerwäscher zum Millionär - oder eben vom Hotelfachmann zum CIO: Scheurmann-Kettner schaffte genau das. Er arbeitete sich vom Empfangsleiter eines Holiday Inns hoch zum IT-Manager, um dann zur Event Hotelgruppe zu wechseln. Quereinsteiger, das funktioniert also auch bei CIOs. - Tobias Schmitt, CIO der NRW.Bank
Schmitt startete seine Karriere als Regional COO Asia /Pacific bei der WestLB. Der Betriebswirt stieg kurz darauf zum IT-Projektleiter auf - und erreichte dann bei der NRW-Bank die Stelle des CIO. - Thomas Zachmann, CIO bei Papierunion
Zachmann wurde CIO, als er von der Otto Group zur Papier Union GmbH wechselte. Bei Otto war er in der Unternehmensberatung tätig. Bei SD&M leitete der promovierte Software Engineer die Geschäftsstelle. Seine Karriere begann Zachmann bei SCS als Softwareentwickler, wovon er zur EDS als Outsourcing Manager wechselte.
Die Probleme bei der Rekrutierung begründen die Studienautoren damit, dass es Mittelständlern oft schwer fällt, Zugang zu geeigneten Kandidaten zu erhalten. "Das liegt zum einen daran, dass viele mittelständische Unternehmen ein Bekanntheitsproblem und damit auch ein vermeintliches Attraktivitätsproblem haben", erläutert Thomas Bockholdt, Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants. Dazu komme häufig ein Standortproblem. Gerade Mittelständler seien meist nicht in Berlin, München oder Hamburg, sondern eher in abgelegeneren Regionen angesiedelt. Und weil die Arbeitgeber häufig konservativer eingestellt seien und nicht ohne Weiteres Geld für Personalberatungen ausgeben, erschließen sie sich deutlich kleinere Bewerberkanäle als Konzerne.
Vorsicht bei Kompromissen im persönlichen Bereich
Bleibt der Posten für längere Zeit unbesetzt, geraten häufig strategische Ziele ins Stocken. Zudem arbeiten Mitarbeiter dann oft nach eigenen Regeln. "Die Unsicherheit darüber, wie es weitergeht, senkt die Motivation - und das geht zulasten der Produktivität und der Arbeitsqualität", so Bockholdt. Abstriche bei der Kandidatenauswahl können schiefgehen. Wenn es nicht passt und die Suche nach wenigen Monaten von vorn beginnt, ist der Schaden noch größer als mit einer Interimslösung. "Scheitern Besetzungen, liegt es meist an der persönlichen Eignung. Unternehmen sollten deshalb sehr vorsichtig damit sein, Kompromisse im persönlichen Bereich einzugehen. Denn eine Persönlichkeit zu verändern ist deutlich schwieriger als fachliche Lücken auszugleichen", sagt Bockholdt.
Auch wenn alle nötigen Qualifikationen vorhanden sind, findet sich nicht jeder Kandidat in den mittelständischen Strukturen ein und kann sie positiv mitgestalten. Trennt sich ein Arbeitgeber vorzeitig von einem Manager, liegt das in 43 Prozent der Fälle an unzureichenden Führungsqualitäten der Kandidaten beziehungsweise fehlender sozialer Kompetenz (35 Prozent). 28 Prozent der Befragten begründen die vorzeitige Trennung damit, dass Manager und Unternehmenskultur nicht zusammengepasst haben. "Mittelständische Unternehmen sind häufig durch die Eigentümer geprägt und man arbeitet vielfach hemdsärmeliger als im Konzern. Das muss man mögen und können", findet Bockholdt.
Als wichtigste Einstellungskriterien benennen Mittelständler fachliche Qualifikationen und Berufserfahrung. An dritter bis fünfter Stelle folgen soziale Kompetenz, gute Anpassungsfähigkeit und Erfahrungen mit einer ähnlichen Unternehmenskultur.Fast alle Unternehmen führen bei der Besetzung einer Stelle Gespräche mit den Kandidaten, 43 Prozent setzen ausschließlich darauf. Knapp die Hälfte der beteiligten Unternehmen setzt auf Assessment Center, 32 Prozent nutzen Diagnostik-Instrumente wie einen Online-Persönlichkeitstest. Nur zwölf Prozent der Personalverantwortlichen finden, dass bei ihnen im Unternehmen alle Management-Positionen optimal besetzt sind. Weitere 68 Prozent beantworten diese Frage mit "eher ja", 16 Prozent mit "eher nein".
Jeder fünfte Umfrageteilnehmer glaubt, dass das Unternehmen das Potenzial der eigenen Führungskräfte sehr gut kennt. Zwei Drittel gehen von einem guten Überblick aus. Management Audits setzt nicht einmal die Hälfte der Unternehmen regelmäßig um. Am häufigsten lehnen die Befragten diese Methode aus der Sorge heraus ab, sie könnten damit Unruhe und Spekulationen auslösen. Doch auch Kosten und die Befürchtung, keine aussagekräftigen Ergebnisse zu erhalten, spielen eine Rolle.