Schweizer Baloise Group
Neue IT-Strategie als "ongoing change"
- Der Bereich IT Financial Managememt war schnell abgearbeitet, der Bereich People erweist sich als dauerhafter Change
- Die IT arbeitet mit einem Flex-Office-Konzept, auch CIO Romer hat kein eigenes Büro
- Alle Verantwortlichen hätten externen Support anfordern können, das wurde aber kaum genutzt
Wer den Schweizer VersicherungskonzernVersicherungskonzern Baloise besucht, bleibt vor dem Eingang einen Moment lang stehen. Eine steinerne Skulptur - eine Art Tor mit zwei Säulen und einer Kugel - zieht alle Blicke auf sich. Der Erdball? Die Roulette-Kugel? Mit Blick auf die IT des Basler Unternehmens könnte die Skulptur auch heißen: die Dinge laufen rund. 2015 hat Group CIO Olaf RomerOlaf Romer mit der Einführung einer konzernweiten IT-Strategie begonnen. Sein Fazit ist positiv. Auch, wenn nicht alles so ablief wie erwartet. Profil von Olaf Romer im CIO-Netzwerk Top-Firmen der Branche Versicherungen
Die Vision des CIO klingt ehrgeizig: "Wir als Konzern-IT bieten in partnerschaftlichem Umgang mit unseren Kunden kostentransparente Leistungen an, die durch Qualität und Kundenorientierung langfristig überzeugen." So hat es Romer mit seinem Team formuliert. Zu diesem Team gehören je ein Verantwortlicher für IT Governance, Applications und Infrastruktur/Support. Außerdem vier IT-Change Manager. Insgesamt zählt die Abteilung des CIO rund 230 Kollegen.
Romer hat das ganze Thema zunächst in drei große Bereich gegliedert: Demand, Supply und Control. Daraus entstanden zwölf Unterpunkte von Business Context über IT Principles bis Sourcing. Sie alle kreisen um den dreizehnten Unterpunkt SecuritySecurity/Risk/ComplianceCompliance. Alles zu Compliance auf CIO.de Alles zu Security auf CIO.de
Dabei ist Change für den Baloise-CIO nichts Neues. "Vor fünf, sechs Jahren haben wir in unseren Sitzungen über StorageStorage gesprochen oder diese und jene Backup-Methode diskutiert", sagt er. Heute sind Methoden wie Kanban und DevOps eingeführt. Damit Agilität keine Theorie bleibt, hat Romer vor zwei Jahren ein Flex-Office-Konzept umgesetzt: statt fester Büros - auch er selbst hat keines mehr - verteilen sich die IT-Kollegen auf sechs Arbeitszonen. Wer sich konzentrieren muss, sitzt in der "Quiet Area", wo noch nicht einmal telefoniert werden darf. Wer etwas zu besprechen hat, trifft seine Kollegen im "Business Garden". Für temporäre Projekte können Teile der Arbeitsfläche wochenlang abgetrennt werden. Alles zu Storage auf CIO.de
Wie gemeinsame Themen verbinden
Ein Konzept, das nicht jedem sofort gefiel. "Anfängliche Widerstände gab es übrigens nicht nur unter den älteren Kollegen", berichtet Romer. "Aber die Akzeptanz steigt." Trotz der Tatsache, dass nun nicht mehr das Familienfoto auf dem eigenen Schreibtisch steht oder das Motorrad-Poster an der Wand hinter einem hängt.
Für die konkrete Umsetzung der neuen IT-Strategie holte sich Romer externe Unterstützung vom kleinen Spezialisten INVEE. "Die verstehen nichts von den tiefen IT-Fachthemen", schmunzelt der CIO, "aber viel von Kommunikation und Strategieentwicklung." Die Belegschaft wurde über das Intranet und auf Frontalveranstaltungen informiert. Persönlich kommunizierte Romer mit Führungskräften.
"Wir haben 36 Personen in einem großen Raum versammelt", berichtet er, "und für jeden der dreizehn Teilbereiche ein Plakat gemalt. Diese Plakate wurden auf dem Boden ausgebreitet und jede Führungskraft musste sich auf ein Plakat stellen." Auf diese Weise entstanden Umsetzungsteams mit hoher Themenaffinität. "Von Anfang an bildete die thematische Zugehörigkeit eine Säule der Umsetzungsmotivation", sagt Romer.
Das Gefühl der Wertschätzung
Das Unternehmen bot allen Verantwortlichen an, auf externen Support zuzugreifen. "Das wurde aber kaum genutzt", berichtet der CIO. Er hatte ursprünglich die Vorstellung, alle Teilbereiche stückweise hintereinander abarbeiten zu können. Sehr gut gelang das im Bereich IT Financial Management - "die waren schnell fertig", sagt er.
- Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg. - Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen? - Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten. - Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können. - Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen. - Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren. - Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können. - Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können. - Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.
Ganz anders das Feld "People" aus dem Supply-Bereich. "Da habe ich die Dynamik unterschätzt", überlegt Romer im Rückblick. Das meint er gar nicht negativ, im Gegenteil: "Ich bin von der hohen Identifikation überrascht", sagt er. Aufgabe der Verantwortlichen war es, die neue Strategie auf den Bereich People herunterzubrechen. Schnell konzentrierten sie sich auf zwei Schlagworte: Fähigkeitsentwicklung und Skill Management. Doch dahinter steht ein Gefühl, das Gefühl der Wertschätzung. "Die People-Stream-Kollegen erheben, was die Mitarbeiter unter Wertschätzung verstehen", berichtet Romer, "das hätte ich als CIO nicht herausbekommen."
Anders als das Feld IT Financial Management betrachtet Romer das Feld People mittlerweile denn auch als "ongoing Change". Die Personaler heißen bei Baloise HR-Business-Partner. Der CIO, der sich als technisch denkenden Entscheider betrachtet, spricht vom HR-Team als Bereicherung. Dabei unterliegt die Personalabteilung selbst einem Change: "Die agieren heute auch nicht mehr mit derselben Prozessgläubigkeit wie vor 20 Jahren", sagt Romer.
Egal, in welchem Bereich sich ein Unternehmen verändern will - laut Romer muss die Belegschaft auf eine Konstante blicken können, und das ist das Management. Das schreibt der Firmenspitze eine Vorbildfunktion zu. "Sonst geht das Vertrauen verloren", sagt der CIO.
"Du hast ein Schulterklopfen verdient!"
Romers Fazit: Er versteht sich heute als IT-Entscheider, Motivator und Change Manager. "Wir müssen als IT-Abteilung unseren Core schützen", sagt er, salopp gesagt also dafür sorgen, dass die Lichter nicht ausgehen. Und natürlich verhandelt er weiterhin Microsoft-Verträge. Doch "die Gewichtung von Hard und Soft Skills verschiebt sich", wie er feststellt. In einer IT-Abteilung, die mit DevOps arbeitet, wartet der Mitarbeiter nicht mehr nur auf Anweisung vom Chef, sondern denkt selbst.
Dieser Chef wiederum muss das zulassen können. Auch Führungskräfte müssen selbst täglich dazulernen und unterstützen: hat jemand etwas gut gemacht, überreichen ihm die Kollegen kleine Kärtchen mit Aufdrucken wie "Du hast ein Schulterklopfen verdient!" Für Romer selbst gilt ein Vorhaben nicht mehr nur dann als erfolgreich, wenn es im Zeit- und Kostenrahmen bleibt, sondern beispielsweise auch, wenn es gelungen ist, unterschiedliche Vorstellungen der Beteiligten unter einen Hut zu bringen.
Als Versicherungskonzern repräsentiert die Baloise Group eine Branche, die nicht eben als "hip" oder "trendy" gilt. Romer sieht das anders. Ihm ist klar, dass Endverbraucher nicht nur an Mode-Händler und Lebensmittelkonzerne neue Ansprüche stellen, sondern auch an die Finanzbranche. Die Welt dreht sich für alle. Vielleicht ist genau das die Aussage der steinernen Kugel vor dem Firmengebäude.