Studie von Gartner
Nur wenige CDOs werden erfolgreich sein
- Die von Gartner befragten CDOs sprechen offen über Konflikte mit dem CIO, der sich bedroht fühlt
- 2019 werden zwei Drittel aller großen Firmen einen CDO benannt haben
- Im Jahr 2020 berichtet nur jeder fünfte CDO an den CIO
- Nur 20 Prozent dieser künftigen CDOs werden als erfolgreich gelten
Eine erste systematische Untersuchung über Digitalisierungs-Verantwortliche legt der US-Marktforscher Gartner mit der Studie "First Gartner CDO Survey: Governance and analytics will be top priorities in 2016" vor. Das Kürzel CDO steht für Chief Digital Officer. Dieser Titel wurde laut Gartner erstmals 2006 vergeben. Rund zehn Jahre später, Ende 2015, nannten sich rund 950 Entscheider so. Diese Zahlen beziehen sich auf Großbritannien und die USA.
Die Studie muss als explorativ verstanden werden, sie basiert auf Gesprächen mit 33 Digitalisierungs-Chefs. 27 von ihnen führen explizit den Titel CDO. Gartner gibt an, keinen standardisierten Fragebogen verwendet zu haben, sondern lange Gespräche geführt zu haben.
Wenig Standardisierung lässt sich denn auch aus den Antworten ableiten. Noch immer ist die Rolle eines CDO viel zu wenig eingeführt, um Branchen- und länderübergreifende typische Charakteristika auszumachen. Dennoch sprachen viele der 33 Befragten über typische Probleme. Gartner benennt diese auch und umschreibt sie nicht nur als "Challenges".
CIO versus CDO - ein lösbares Problem
Ein Typisches großes Problem ist der Umgang zwischen CDO und CIO, so die Befragten. Konkret: CIOs fühlen sich bedroht. Ginge es nach Gartner, müssten sie das nicht. Die Analysten raten, CDO und CIO als gegenseitige Ergänzungen zu betrachten und das auch so zu kommunizieren. Gelingt das nicht, blockiert der CIO schlimmstenfalls den CDO. Hier helfe nur Kommunikation, so die Autoren der Studie. In einigen Fällen gelinge das wohl nur mit externer Unterstützung.
- Diskussion um den CDO
Braucht ein Unternehmen einen dezidierten Chief Digital Officer (CDO) oder ist Digitalisierung Aufgabe des CIO - dazu gibt es unterschiedliche Positionen. - Andreas Pfisterer, vormals CIO bei Telefonica
Andreas Pfisterer ist (mittlerweile ehemaliger) CIO der Telefónica Germany GmbH & Co. Er nahm die Digitalisierung seines Unternehmens selbst in die Hand. Pfisterer verstand sich dabei als Enabler und aktiver Gestalter. In dieser Rolle beriet er sowohl den CEO als auch jeden, der das operative Geschäft verantwortet. Seine These: Der klassische CIO, der sich in erster Linie um Rechenzentrum, Server, Netze und Anwendungs-Entwicklung kümmert, ist ein Auslaufmodell. - Frank Ridder, Gartner
Frank Ridder ist Analyst beim Marktforscher Gartner. Seine These: Der CIO kann die Digitalisierung nur dann selbst managen, wenn er sein klassisches Tagesgeschäft abgibt. - Alexander Wink, Korn Ferry
Alexander Wink ist Senior Client Partner und Member of the Global Technology & Industrial Practice beim Headhunter Korn Ferry. Viele seiner Kunden, die einen CDO suchen, haben nur ungenaue Vorstellungen vom Anforderungsprofil. Die Rolle eines CDO ist einfach noch nicht ausgereift. - Harald Linné, Atreus
Harald Linne ist Geschäftsführer beim Interim-Management-Anbieter Atreus. Er beobachtet ein steigendes Interesse der Unternehmen an Interim Managern, die Digitalisierungsprojekte stemmen sollen. Im Gegensatz zu Beratern, die Erkenntnisprobleme lösen sollen, werden Interim Manager wegen Umsetzungsproblemen geholt und typischerweise in der Linie eingesetzt. - Wilfried Lyhs, Interim Manager
Wilfried Lyhs von Hilderts & Partner ist Interim Manager. Seine Erfahrung: "Digitalisierung des Unternehmens ist derzeit ziemlich hype. Ich glaube allerdings, dass viele Unternehmen, vornehmlich mittelständische, Entwicklungsbedarf in ihren Prozessen und ihrer IT haben. Diese sind noch als Vorstufe zur 'Digitalisierung' zu betrachten."
Aufgrund der geringen Fallzahlen lässt sich eine Aussage über die Berichtslinien nur vage treffen. Die von Gartner Befragten berichten meist an den Chief Operating Officer (COO) oder den Chief Financial Officer (CFO). Einige aber auch an den CIO. Gartner erwartet, dass im Jahr 2020 lediglich rund jeder fünfte CDO an den CIO berichten wird. Die Analysten begrüßen das - mit der Begründung, das ganze Unternehmen müsse verstehen, dass Digitalisierung keine Tekkie-Aufgabe ist, sondern Sache des Business.
Aufgaben des CDO noch unklar
Wenn es Aufgaben gibt, die als typisch für einen CDO gelten können, dann sind das lediglich zwei, nämlich Daten-Governance und Daten-Analyse. Projekte, die die befragten CDOs angestoßen haben, verfügen manchmal nur über zehn Mitarbeiter, in anderen Fällen über fünfzig. Auch beim Budget sind die Erfahrungen sehr unterschiedlich. Zwei Extremfälle: einer der Studienteilnehmer gibt an, auf Nachfrage ständig neues Geld zu bekommen, ein anderer habe noch keinen Cent gesehen.
Schon in etwa drei Jahren, so die Analysten, werden zwei Drittel der großen Unternehmen einen CDO benannt haben. Wer immer diese Aufgabe übernehmen wird, darf keinen leichten Job erwarten. Mit Blick auf die Qualifikation potenzieller Kandidaten spricht Gartner unpräzise von einem Mix betriebswirtschaftlicher und technologischer Kenntnisse. Die Analysten wagen die konkrete Prognose, dass nur 20 Prozent der CDOs als erfolgreich gelten werden.
CDO sollte nur in Zwei-Jahres-Schritten denken
Manager, die die CDO-Rolle antreten, sollten ebenso wie ihr Unternehmen zunächst lediglich einen Zwei-Jahres-Plan ausarbeiten. Eine längerfristige Perspektive gilt im Moment nicht als sinnvoll. Bei diesem Plan geht es nicht nur um Aufgaben und Ziele, Budget und Mitarbeiterstärke, sondern auch um Erfolgskontrolle. Aber auch Metriken für die Arbeit eines CDOs stecken derzeit noch in den Kinderschuhen.
Letztlich hat Gartner für jetzige und künftige Digitalisierungs-Verantwortliche vorerst nur einen Tipp parat: mit den Leuten reden. Kommunikation soll Konflikte mit dem CIO ausräumen, den Support der Firmenleitung sicherstellen und der Belegschaft verdeutlichen, worin die Rolle eines CDO besteht.