Business-Ratgeber
Ohne Angst auf Englisch präsentieren
Womit tun sich Deutsche besonders schwer, wenn sie vor Publikum englisch sprechen sollen?
Britta Wenske: Den meisten steht dieser sehr deutsche Perfektionismus im Weg - die Scheu, nicht gut genug zu sein. Uns Deutschen fehlt oft das Offene, Positive, die Leichtigkeit.
Das ist doch verständlich: Selbst, wenn man sehr gut Englisch kann, ist man niemals so souverän wie in der eigenen Muttersprache.
Britta Wenske: Jede Sprache hat ihre eigene Emotionalität. Das Deutsche ist sehr förmlich und sehr strukturiert. Das Englische hat eine gewisse Leichtigkeit. Für uns Deutsche klingt es informell. Es ist sehr viel lockerer. Auch als Nicht-Muttersprachler kann man lernen, das Englische zu benutzen, um klar und strukturiert zu sprechen.
- 1. Beziehen Sie Ihr Publikum ein
Das Publikum muss sich mit Ihren Worten identifizieren können. Geben Sie Ihren Zuhörern ein Problem zum Nachdenken: "Suppose your marketing budget was cut by 99 per cent tomorrow. How would you go about promoting your product?" Oder erzählen Sie Ihrem Publikum eine persönliche Geschichte oder eine Anekdote. Nutzen Sie "enrolling questions": "How many of you want a lot more money in their lives? And how many of you want a lot more freedom in their lives? How many of you want both?" Wichtig hier ist: Sie wollen wirklich von Ihrem Publikum Handzeichen sehen. Deshalb: Wenn Sie die erste Frage stellen, heben Sie den rechten Arm weit nach oben. Bei der zweiten Frage heben Sie den linken Arm ganz nach oben. Halten Sie Blickkontakt zu Ihrem Publikum. - 2. Nutzen Sie Weichmacher
Im Englischen werden viele sogenannte Softeners (Weichmacher) benutzt – Redewendungen, die das Gesagte diplomatischer klingen lassen, Worte wie like‚ quite, a little, fairly, all in all, probably, a bit, more or less. "I sometimes think we are just a little too price-concious." Oder: "It's not quite what we wanted, but it's a little better than their last offer". Sprechen Sie diese Sätze für sich mit und ohne den Softener. Wie fühlt es sich an, wenn Sie die Softener mit einbauen? Üben Sie, Weichmacher in Ihren Sätzen zu benutzen. - 3. Seien Sie meinungsfroh
Gerade in der Zweitsprache ist es oft schwierig, den Mut zu finden, die eigene Meinung selbstbewusst zu vertreten. Lernen Sie Redewendungen, die Ihnen helfen, Ihre Meinung in Meetings und Präsentationen höflich und bestimmt einzuleiten. Auch hier gelten wieder die Regeln der Softeners: I can imagine that..., In my experience ... (niemand kann etwas gegen Ihre Erfahrung sagen), I can honestly say that ... - 4. Keine Angst vor Fragen
Machen Sie sich klar, dass Fragen nichts Schlimmes sind. Gerade wenn Sie in der Zweitsprache präsentieren, ist die Angst vor Fragen noch größer als in der Muttersprache. Zunächst einmal gilt: Bedanken Sie sich für jede Frage. "Thank you for posing that question" oder einfach nur "Thank you, great question". Leiten Sie auch Ihre Antwort kurz ein. I think I answered that earlier.. oder Well, as I said ... (Sie haben den Sachverhalt schon vorher erwähnt). I'm afraid I don't have that information with me. Can I get back to you on that? Oder I don't know that off the top of my head. Can I get back to you on that? (Sie haben die Antwort nicht an der Hand.) Irrelevante Fragen können mit "Good question and I am glad you asked that but I think that raises a different issue" beantwortet werden. Oder geben Sie die Frage an den Sprecher und das Publikum zurück: "Interesting (question). What do you think?" Oder: "Interesting (question). Does anybody have an answer for that?" - 5. Nobody is perfect
Verabschieden Sie sich von Ihrem deutschen Perfektionsdenken. Es ist wichtiger, dass Sie als authentisch und menschlich wahrgenommen werden, als dass Sie mit perfekter Grammatik einen langweiligen Vortrag halten. Nordamerikaner wollen unterhalten werden. Wenn Sie merken, Sie werden nicht verstanden, sprechen Sie es an: "I have a feeling I am not being clear? Is that true?" Wenn Sie merken, Sie haben etwas ungünstig ausgedrückt, sagen Sie einfach: "I think I was not clear. Let me rephrase that..." Im Englischen wird dies als 'as-ising' (telling it as it is) bezeichnet. - 6. Achten Sie auf korrekte Anhänge
Fragen werden im Englischen nicht einfach nur mit Yes oder No beantwortet, es gibt immer einen Anhang. "Do you like your hotel?" – "Yes, I do. (Thanks for asking)" Oder :"Yes, very much (Thanks for asking)." "Could you say that again?" – "Yes, of course!" "Do you agree with me?" – "No, I am sorry, I (really) don't." - 7. Publikumskontakt
Lieben Sie Ihr Publikum! Anders als die Deutschen haben Nordamerikaner keine Angst vor dem Erfolg des anderen. Ihr Publikum möchte, dass Sie erfolgreich sind. Halten Sie auch während Ihrer Rede immer Blickkontakt. Sprechen Sie Ihr Publikum direkt an. Ihre Zuhörer wollen gesehen werden. Sie wollen sich von Ihnen angesprochen fühlen und nicht als lästiges Übel wahrgenommen werden.
Im Deutschen geht vieles, was auf Englisch nicht geht: Wir erfinden Worte, wir reihen Worte aneinander. Letztens bekam ich eine E-Mail von einem Kunden, der schrieb: "Entschuldigen Sie meine verspätete Antwort, ich befinde mich im Jahresanfangsrestrukturierungsprozess." So etwas würde man im Englischen gar nicht konstruieren können.
Das Unbehagen ist ja dann besonders stark, wenn man von Muttersprachlern umgeben ist. Internationale Meetings, bei denen alle sich in der Mitte beim Englischen treffen, sind einfacher.
Britta Wenske: Es ist falsch zu denken, dass alles perfekt sein muss. Gerade die Nordamerikaner haben diesen Perfektionsgedanken nicht: Sie verzeihen einen Fehler viel eher, als der Deutsche ihn sich selbst verzeiht.
Gefunden im manager magazin