IT-Dienstleister
Outsourcing-Reportings sind geschwätzig
Partner IT Sourcing Advisory bei PwC Deutschland.
Eine stimmige Outsourcing-Beziehung sieht anders aus. Laut der PwC-Studie "IT Sourcing - die richtige Umsetzung entscheidet" ist die Hälfte der deutschen Unternehmen mit den regelmäßigen Reports ihrer IT-Dienstleister nicht zufrieden oder sieht höchstens die Minimalanforderungen erfüllt (vgl. Grafik 1). Gefragt wurde nach dem operativen, taktischen und strategischen Berichtswesen. Das Unbehagen nimmt zu, je höher die Managementebene angesiedelt ist.
Am meisten stört die Kunden, wenn das ReportingReporting nicht wirklich aussagekräftig ist: "Alle Ampeln zeigen grün - dennoch sind unsere Anwender unzufrieden." Solche Berichte seien nicht nachvollziehbar. Oft lägen die KPIKPI nur knapp über den Schwellenwerten, was Misstrauen hervorruft. Außerdem kritisieren die Kunden fehlende Zuverlässigkeit; viele Berichte seien inkonsistent, unregelmäßig und unzweckmäßig. Alles zu KPI auf CIO.de Alles zu Reporting auf CIO.de
Negative Kommunikationsspirale
Regelmäßige Leistungsberichte wären eigentlich eine hervorragende Gelegenheit, eine gute Kommunikation zu pflegen und die Outsourcing-Beziehung positiv zu entwickeln. Doch Dienstleister verschenken mit den üblichen Reporting-Methoden nicht nur diese Chance - sie provozieren sogar eine Negativspirale.
Oftmals kommuniziert ein IT-Provider mit dem Auftraggeber nur über zwei Wege: den SLA-Reports und der Rechnungsstellung. Die Service Level sind vertraglich vereinbart. Der stolz verkündete grüne Status ist also lediglich das, was der Dienstleister dem Kunden ohnehin schuldet. Ein solcher Bericht kann maximal befriedigend sein. Und die Rechnung mag dann nochmals die Leistungen auflisten - sie ist jedoch mit dem (für jedermann eher lästigen) Bezahlvorgang verbunden. Beide Berichtswege bieten keine Chance für eine positiv behaftete Kommunikation.
Der Provider kann somit in der Regelkommunikation, wie sie heute mehrheitlich praktiziert wird, überdurchschnittliche Leistungen nicht darstellen. Damit gerät er schnell in einen Jo-Jo-Effekt: Das Topmanagement des Kunden wird immer nur im Eskalationsfall - bei größerer SLA-Verletzung - einbezogen. Der Name des Dienstleisters fällt auf dieser Ebene stets zusammen mit "Negativschlagzeilen".
Dabei gründen auf den Reports wichtige Entscheidungen zum Controlling, zur Anpassung der Qualitätsanforderungen (etwa an neue Geschäftsprozesse und -modelle) sowie im schlimmsten Fall über die Nutzung von Exit-Klauseln bei Schlechtleistung.
Drei weit verbreitete Fallen
Warum verschenken viele IT-Dienstleister die Chancen des Reportings, erreichen oft sogar negative Eindrücke? Die Gründe liegen vor allem in drei Fallen, die wir auch aus unserer Alltagskommunikation kennen und mit den Begriffen Bequemlichkeit, Gedankenlosigkeit und Geschwätzigkeit ganz gut charakterisieren können:
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Bequemlichkeit. Viele Reports enthalten nur die leicht zu sammelnden Daten, die die Monitoring-Tools automatisch liefern, wie etwa die Verfügbarkeit einzelner Server, Datenbanken, Storage-Systeme etc. Für Kunden wäre jedoch eine End-to-End-Sicht viel wichtiger, etwa: Steht das SAP-System in Gänze zur Verfügung?
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Gedankenlosigkeit. Die Berichte legen oft den Fokus auf Informationen, die für den Kunden überhaupt nicht relevant sind. Beispielsweise wird beim ausgelagerten User-Helpdesk (UHD) die Anzahl von Agenten aufgelistet, die in einem bestimmten Zeitraum tätig waren, oder die Menge der bearbeiteten Tickets. Wieso sollte das den Auftraggeber interessieren? Für ihn wäre viel wichtiger, wie viele gemeldete Probleme beim Erstanruf gelöst werden konnten. Eine solche Information hätte tatsächlich Aussagekraft über die Qualität des Services.
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Geschwätzigkeit. Verwenden Dienstleister nur die von der Tool-Umgebung generierten Daten, ist die Verführung groß, diesen Zahlenfriedhof einfach komplett weiterzureichen. Mit dem Effekt, dass der Kunde von der schieren Datenmenge erschlagen wird und die Reports ignoriert.
Diese drei Fallen führen dazu, dass das Reporting zu eindimensional ist. Es berücksichtigt lediglich technische Größen und lässt die strategischen Ziele, die ursprünglich mit dem OutsourcingOutsourcing verbunden waren, unter den Tisch fallen. Damit wird klar, warum in der PwC-Outsourcing-Studie die Unzufriedenheit auf der strategischen Managementebene der Kunden zunahm. Alles zu Outsourcing auf CIO.de
Drei Governance-Ebenen adressieren
Was sollte ein Reporting leisten, das einerseits den Kunden zufrieden stimmt, andererseits dem Dienstleister die Chance eröffnet, seinen Beitrag in der Outsourcing-Beziehung angemessen darzustellen? Zunächst muss es eine grundlegende Anforderung erfüllen: Die Berichte müssen alle Governance-Ebenen des Kunden - operativ, taktisch und strategisch - mit den für sie jeweils relevanten Informationen versorgen, und zwar durchgängig. Das heißt: Die Daten, die diese verschieden Sichten unterstützen, müssen von unten nach oben generiert werden.
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Die operative Ebene (Delivery-Manager) erhält technische Informationen.
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Diese werden auf der taktischen Ebene (Contract & Commercial Board, Service Management Board) so zusammengefasst, dass z.B. die End-to-End-Verfügbarkeit des gesamten Services transparent wird und kaufmännische Entscheidungen auf einer validen Grundlage stehen.
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Auf der strategischen Ebene (Strategy Board, Architecture Board) werden die Daten weiter verdichtet, so dass sie das Top Management befähigen, fundierte Entscheidungen zur Strategie und zur IT-Architektur zu treffen.
Eine solche Durchgängigkeit setzt ein KPI-Modell voraus, das Datenaggregation und Drill-down zulässt. Außerdem muss jede Ebene, die Daten beisteuert, auch selbst Nutzen aus dem Report ziehen können. Ansonsten verliert sie rasch das Interesse, begreift ihren Beitrag als lästige Pflichtübung und liefert schließlich unbrauchbare Daten, aus denen wiederum falsche Schlüsse gezogen werden. Letztendlich basieren dann strategische Entscheidungen auf irreführenden Informationen.
Drei Elemente eines nachhaltigen Reportings
Erfüllt das Reporting diese Governance-Anforderungen, sollte es außerdem drei Inhalte abdecken:
Erstens: Die Leistung transparent machen. Zum "Pflichtteil" des Reportings gehört es, den Zusammenhang zwischen den Servicebeschreibungen und Qualitätsvereinbarungen, den erbrachten Leistungen sowie der Rechnung herzustellen. Dazu ist es sinnvoll, nochmals die verschiedenen Etappen einer Demand-Supply-Beziehung beim Outsourcing anzuschauen (vgl. Grafik 2). Ausgangspunkt ist die Sourcing-Strategie. Aus ihr werden die Serviceschnitte abgeleitet, und auf dieser Grundlage wird die Qualität der einzelnen Services festgelegt. Beides hat Einfluss auf das Preismodell, das zusammen mit dem Verbrauch des Kunden im betrachteten Zeitraum (IT-Konsum) die Rechnungsstellung bestimmt. Das Reporting muss diesen Prozess spiegeln.
Nehmen wir als Beispiel einen Arbeitsplatz in bestimmter Qualität, etwa mit einer Entstör-Zeit von maximal vier Stunden. Er enthält die Komponenten Hardware, Software, E-Mail-Account, UHD-Support und Field Service, die der Dienstleister als Bundled Service zur Verfügung stellt. Dafür wird ein Stückpreis vereinbart. Das Reporting muss darstellen, wie viel dieser Leistung der Kunde im Abrechnungszeitraum konsumiert und ob der Provider die zugesagte Qualität eingehalten hat. Dieser Bericht muss sich mit der in der Rechnung enthaltenen inhärenten Leistungsaufstellung decken.
Listet ein Report nun die Zahl der Anrufe im UHD auf, ist das eigentlich sinnlos, denn diese Größe wurde weder im Service vereinbart noch hat sie einen Einfluss auf den Preis. Stattdessen interessiert den Kunden, welche der definierten Leistungen der Dienstleister in welchem Umfang erbracht hat und ob dabei die SLA erfüllt wurden. Nur so kann er letztendlich nachvollziehen, ob die Rechnung angemessen ist.
Zweitens: Dem Kunden weitere Perspektiven aufzeigen. Neben dem "Pflichtteil" sollte ein Report den Kunden darüber informieren, inwieweit die Ziele, die ursprünglich die Outsourcing-Entscheidung bestimmt haben, erreicht wurden. Für eine Auslagerung kann es viele Gründe geben. Neben Kostensenkung und Qualitätssteigerung sind dies oft strategische Ziele: beispielsweise zufriedenere Anwender, technische Weiterentwicklung oder ein höherer Wertbeitrag der IT, indem diese Business-Prozesse optimiert oder die Voraussetzungen für neue Geschäftsmodelle schafft. Sie sind meist in der Präambel der Outsourcing-Verträge beschrieben. Dort ruhen sie, geraten oft in Vergessenheit und fehlen in den Berichten der Dienstleister.
Ein nachhaltiges Reporting sollte die Entwicklung dieser Größen dokumentieren. Dazu müssen geeignete KPI entwickelt werden. So lassen sich etwa Innovationen und Hardware-Refresh anhand der Menge technischer Komponenten, die in einem bestimmten Zeitraum ersetzt wurden, und der Anzahl neu ausgerollter Arbeitsplätze beschreiben. Die Anwenderzufriedenheit hängt insbesondere davon ab, ob die Systeme stabil waren und die Nutzer durchgängig arbeiten konnten. Auch ist zu berücksichtigen, ob die Hardware dem Stand der Technik entspricht oder kurz vor dem Ende ihres Lebenszyklus steht. Der Wertbeitrag der IT und damit die Zufriedenheit des Top-Managements nehmen zu, wenn der Provider Business-Anforderungen schnell umsetzt, neue fachliche Vorgaben zügig in entsprechende IT-Systeme gießt.
Drittens: Die Zielerreichung bei Transition und Transformation dokumentieren. Diese Messgröße ist für den Kunden vor allem in der Anfangszeit der Vertragsbeziehung sehr wichtig.
In der Transitionsphase wird der IT-Betrieb (zunächst unverändert) in die Zuständigkeit des neuen Dienstleisters verlagert. Das Reporting sollte dokumentieren, ob der vertragliche Übergang wie geplant voranschreitet, ob die Kosten den Erwartungen entsprechen und die Qualität beim Wechsel vom alten auf den neuen Provider (oder aus der unternehmensintern in die externe Verantwortung) gehalten wird.
Bei der Transformation werden Technologie, Prozesse und Serviceinhalte verändert, um die mit dem Outsourcing verbundenen Ziele zu realisieren - etwa die Services effizienter zu erbringen oder genauer am Kunden auszurichten. Auch hier muss das Reporting Fortschritte, Kosten und Qualität dokumentieren. Noch wichtiger ist allerdings die Information, ob der angestrebte neue Betriebszustand schon erreicht ist beziehungsweise die Annäherung wie geplant verläuft.
Die Pflichten des Kunden
Ein nachhaltiges Reporting hängt nicht nur vom Dienstleister ab, sondern auch von der Vorgehensweise des Kunden. Der Auftraggeber sollte zunächst seine Anforderungen klar und verbindlich definieren und sie dem Provider mitteilen. Gemeinsam sollten beide Parteien dann festlegen, wie diese Ziele gemessen werden. Auf dieser Grundlage können sie das Reporting aufbauen und in der Governance verankern. Da dieser Prozess recht komplex ist, ist es oft sinnvoll, einen erfahrenen Berater hinzuzuziehen, der zum Beispiel bewährte Praktiken einbringen kann.
Im Laufe der weiteren Demand-Supply-Beziehung sollte der Kunde unbedingt sicherstellen, dass die Zieldefinition immer aktuell bleibt - etwa wenn das Unternehmen vom Primat der Kostensenkung auf einen Wachstumspfad gewechselt ist - und den Dienstleister sofort über solche Änderungen informieren. Noch komplexer ist die Herausforderung in Multi-Provider-Umgebungen. Hier ist der Kunde dafür verantwortlich, das Reporting der einzelnen Dienstleister aufeinander abzustimmen und sinnvoll zusammenzuführen.
Der Aufwand, den Provider und Kunde in die Implementierung eines nachhaltigen Reportings stecken, lohnt sich auf jeden Fall. Er steht in keinem Verhältnis zu den Kosten möglicher Fehlsteuerungen aufgrund schlechter Berichte. Dem Dienstleister bietet ein solches Reporting zudem neue Chancen: Er kann nicht nur seinen Leistungsbeitrag umfassend darstellen, sondern dem Kunden aufzeigen, wo dieser bei seiner Zielerreichung genau steht und was dazu noch fehlt. So kann er ggf. sein eigenes Auftragsspektrum erweitern.