Corona-Warn-App
SAP und Telekom stellen ersten Code vor
Die Entwicklungsarbeiten für die Corona-Warn-App der Bundesregierung gehen in die heiße Phase. Nachdem Mitte Mai zunächst ein Dokument zur Lösungsarchitektur auf der Open-Source-Plattform Github veröffentlicht wurde, sollen in der zweiten Monatshälfte sukzessive weitere Bestandteile der Tracing-Anwendung publik gemacht werden.
Den Anfang mache am Abend des 18. Mai der Code des Backend-Servers, verlautete aus Entwicklerkreisen. Bis etwa 25. Mai sollen die Frontend-Komponenten folgen - die Apps für die beiden großen mobilen Betriebssystemplattformen iOS von AppleApple und Googles AndroidAndroid. "Wir setzen auf transparenten Code, DatenschutzDatenschutz, Sicherheit und freiwillige Nutzung", beteuerte Kanzleramtschef Helge Braun. Alles zu Android auf CIO.de Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu Datenschutz auf CIO.de
Mit der Entwicklung der Corona-Warn-App hatte die Bundesregierung Ende April SAPSAP und die Deutsche TelekomDeutsche Telekom beauftragt. Institute wie die Fraunhofer-Gesellschaft, das Helmholtz-Zentrum CISPA und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sollen dem Vorhaben beratend zur Seite stehen. Herausgegeben und gesteuert werde die App am Ende durch das Robert-Koch-Institut (RKI). Top-500-Firmenprofil für Deutsche Telekom Alles zu SAP auf CIO.de
COVID-19-Warn-App - Infektionsketten schnell durchbrechen
Ziel der Corona-Warn-App ist es, SARS-CoV-2-Infektionsketten schnellstmöglich zu erkennen und zu durchbrechen, heißt es in der auf Github veröffentlichten Dokumentation. Nutzer sollen zuverlässig und schnell über Begegnungen mit infizierten Usern der App und damit eine mögliche Übertragung des Virus informiert werden. Sie können sich dann freiwillig isolieren, um einer weiteren Verbreitung des Virus vorzubeugen.
Die Smartphone-App läuft ständig im Hintergrund und sendet via Bluetooth eine pseudonymisierte ID. Auf dem gleichen Weg empfängt das Mobilgerät laufend IDs anderer Nutzer in der Nähe und speichert diese verschlüsselt auf dem Gerät ab. In regelmäßigen Abständen holt sich die App von einem Server des RKI eine Liste der Pseudo-IDs der Nutzer, die sich als infiziert gemeldet haben, und vergleicht diese mit den gespeicherten Pseudo-IDs im Gerät. So lassen sich mögliche Kontakte zu mit Sars-CoV-2 infizierten Personen ermitteln.
In diesem Fall erhält der App-Nutzer eine Benachrichtigung und verhaltensbezogene Empfehlungen wie zum Beispiel sich an seinen Arzt oder das Gesundheitsamt zu wenden beziehungsweise sich am besten freiwillig in häusliche Quarantäne zu begeben. In der App werden verschiedene Kontaktdetails registriert: Wann der Kontakt stattfand, wie lange er dauerte und wie intensiv er war - letzteres anhand der Nähe. Anhand dieser Parameter soll ein Risikofaktor berechnet werden. Maßgeblich mitreden sollen dabei die Virologen vom RKI.
Darüber hinaus soll ein App-Nutzer im Infektionsfall die in seiner App gespeicherten pseudonymen Warn-IDs veröffentlichen können, damit andere Personen, die die App nutzen, auf ihrem eigenen Smartphone abgleichen können, ob sie mit dem infizierten App-Anwender in Kontakt standen. Außerdem sollen Nutzer im Fall eines durchgeführten Tests auf eine SARS-CoV-2-Infektion via App einen digitalen Testinformationsprozess starten und sich damit über das ermittelte Testergebnis benachrichtigen lassen können.
Corona-App - dezentral und Open Source
Eine dezentrale Architektur und ein Open-Source-Ansatz sind zentrale Voraussetzungen des Vorhabens. Grundlage bilden die Protokolle DP-3T (Decentralized Privacy-Preserving Proximity Tracing) und TCN sowie die Spezifikationen für Privacy-Preserving Contact Tracing von Apple und GoogleGoogle. Wie DP-3T und TCN folgten auch die Apps und die Backend-Infrastruktur dem Open-Source-Prinzip - lizenziert unter Apache 2.0, heißt es in den auf Github hinterlegten Dokumenten. Alles zu Google auf CIO.de
Die Telekom stellt das Netzwerk und die Mobiltechnologie zur Verfügung und soll für einen sicheren, skalierbaren und stabilen Betrieb des Backends der App sorgen. SAP entwickelt die App, das zugehörige Framework und die zugrundeliegende Plattform, so die Aufgabenteilung. Der Projektumfang sei gemeinsam von den Auftragnehmern sowie der deutschen Bundesregierung und dem RKI als Auftraggeber festgelegt worden, hieß es.
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Mit dem Open-Source-Ansatz und der Veröffentlichung des Codes auf Github wolle man für größtmögliche Transparenz sorgen, verlautete aus Entwicklerkreisen. "Jeder soll den Code sehen." Die Teams arbeiten demzufolge mit agilen Methoden tagesgenau auf bestimmte Ziele hin. Es gebe täglich Meetings mit allen beteiligten Stakeholdern - das reiche von den Entwicklern über das RKI, das Presseamt der Regierung sowie den Technik-Verantwortlichen bei Apple und Google bis hin zu den Vorständen.
Warn-App - Feedback aus der Open-Source-Community
Das ganze Vorhaben werde hochstrukturiert und mit Vertrauen in die Entwickler angegangen, hieß es. Entscheidungen im Entwicklungsprozess würden teilweise auch direkt in den einzelnen Teams fallen. Parallel will man Feedback der Open-Source-Community einsammeln. Dafür haben die Projektverantwortlichen eine spezielle Community-Manager-Gruppe aufgestellt.
Während sich die Verantwortlichen hinsichtlich der Entwicklungsmethodik vergleichsweise offen zeigen, machen sie aus der Zahl der beteiligten Entwickler ein Geheimnis. Die Ressourcen seien einem Projekt dieser Größenordnung angemessen, hieß es dazu lediglich. Auch die Kosten sind bis dato nicht genau beziffert. Derzeit ist die Rede von einem zweistelligen Millionenbetrag, der für die Finanzierung der Corona-Warn-App notwendig sei. Laut Zeitplan soll die App bis Mitte Juni fertig sein.
Flankierend zum Entwicklungsprozess hat die Regierung eine Marketing-Kampagne für die App gestartet. Die Hausagentur des Bundespresseamts "Zum goldenen Hirschen" ist damit beauftragt worden. Neben dem Logo gibt es bereits erste Werbe-Slogans wie "Unsere App-traktion des Jahres", "Diese App kann nichts, außer Leben retten" oder "Kleine App, große Wirkung".
Corona-Warn-App - Vorbehalte
Marketing scheint die App durchaus vertragen zu können. Die seit Wochen andauernden Diskussion gerade auch rund um Datenschutzbedenken schüren Skepsis in der Bevölkerung. Laut einer Umfrage der Universität Erfurt bleibt die Bereitschaft der Menschen verhalten, eine Tracing-App zu nutzen. Mitte Mai erklärten sich von gut 1000 Befragten 47 Prozent dazu bereit. Eine Woche zuvor waren es 44 Prozent, Anfang Mai noch 48 Prozent. Der Anteil derer, die eine solche App nicht herunterladen würden, bleibt konstant bei knapp einem Viertel.
Die Politik versucht gegenzusteuern und wirbt mit Aspekten wie Normalität, Freiheit und Sicherheit für die Akzeptanz der App. Man beobachte genau, wie vergleichbare Systeme in anderen Ländern entwickelt und angewandt würden, hieß es. Es gelte vor allem, Fehler nicht zwei Mal zu machen. Transparenz, aus möglichst wenigen Daten ein maximales Ergebnis herauszuholen und ein reibungsloses einfaches Funktionieren, seien die maßgeblichen Faktoren, mit denen die Politik die Anwender überzeugen will.
Auch wenn es keine Zielgrößen geben soll, wie viele Millionen Menschen in Deutschland die App nutzen müssen, damit das System funktioniert, ist doch klar, dass der Erfolg der Corona-Warn-App von einer möglichst breiten Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung abhängt. Mit jedem User, der die App nutzt, funktioniere das System besser, hieß es im Bundeskanzleramt. Allerdings, so schränkte man dort auch ein, sei die App kein Allheilmittel gegen Corona, sondern nur ein Instrument unter vielen. Abstand halten, Mund- und Nasenschutz tragen sowie auf Hygiene achten, blieben nach wie vor die wichtigsten Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.