Healthcare IT


Customized Medical Devices

So revolutioniert der 3D-Druck die Medizin

30.12.2015
Von Simone Gröneweg

Ob Gelenkimplantate, künstliche Stents für Luftröhren, Komplettprothesen oder Zahnersatz - die Liste der medizinischen Produkte aus den 3D-Druckern wächst stetig. "Fast jede erdenkliche, mit einem 3D-CAD-Programm konstruierbare Form oder Geometrie lässt sich additiv fertigen", erklärt Hund. Es gibt nahezu keinerlei Einschränkungen - auch nicht bei der Herstellung von Gelenken oder hohlen Strukturen. "Selbst kleinste anatomische Strukturen lassen sich nachbilden", sagt er.

Customized Medical Devices: Langzeiterfahrung fehlt

Bis eine medizinische Maßanfertigung - auch unter der Bezeichnung Customized Medical Device bekannt - in den Körper des Menschen gelangt, hat sie jedoch einen weiten Weg hinter sich. Die Produkte müssen aufwändige Zertifizierungsverfahren bestehen. "Der Medizinmarkt ist streng reguliert", sagt Martin Bullemer, Business Development Manager Medical beim Technologieunternehmen EOS. Sterilität, ausgezeichnete Verträglichkeit sowie lange Haltbarkeit stellen ein absolutes Muss dar.

Die Anbieter müssen die Verantwortlichen in den Krankenhäusern für ihre Produkte gewinnen. Und selbst wenn die Mediziner und Prüfer überzeugt wurden, bedeutet das nicht automatisch einen abschließenden Erfolg. "Wir haben noch keine Langzeiterfahrungen mit den Produkten", betont Professor Dr. Christian Lüring vom Klinikum Dortmund. Wenn er eine Operation am Knie durchführt ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Knie-Implantat aus dem 3D-Drucker zum Einsatz kommt. "Etwa 20 bis 25 Prozent unserer Patienten entscheiden sich dafür", berichtet der Direktor der Orthopädischen Klinik. Ob die 3D-Alternativen wirklich besser seien als die konventionellen Implantate wisse man in etwa fünf Jahren, meint er.

Die neue Technologie wartet jedoch mit handfesten Vorteilen auf: "Das Implantat wird wie ein Maßanzug auf das Knie geschneidert, die Knochen werden besser abgedichtet. Das Ersatzteil kann dadurch gut anwachsen", erklärt Lüring. Nicht jeder Patient benötigt ein maßgeschneidertes Ersatzteil fürs Knie. Die Stücke eignen sich besonders für Menschen, bei denen es Probleme mit den Standardprodukten geben könnte. "Dazu gehören zum Beispiel sehr große und sehr kleine Patienten", sagt Lüring. In begründeten Fällen zahlt die Krankenkasse ein per 3D-Druck gefertigtes Implantat, das etwa doppelt so viel kostet wie ein herkömmliches. Lüring gehört sicher zu den Pionieren in diesem Bereich, bislang nutzen erst einzelne Kliniken die modernen Implantate.

Etabliert haben sich in den Operationssälen dieser Welt spezielle Einwegprodukte, die aus dem 3D-Drucker stammen und patientenspezifisch angewendet werden - zum Beispiel sogenannte Bohrschablonen. "Von ungefähr 1,2 Millionen Knie-Operationen weltweit nutzen Mediziner bei etwa einem Drittel Bohrschablonen, die per 3D-Druck gefertigt wurden", sagt Bullemer. Die individuell für den Patienten angefertigten Stücke würden viel Planungsarbeit während der OP ersparen.

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