Johannes Helbig
Systematisch auf dem Weg ins Web
War es nicht schwierig, in einem behäbigen Großkonzern wie die Post eine solche Transformation auf den Weg zu bringen?
Helbig: Nachdem wir das Commitment des Top-Managements hatten - das erfordert natürlich immer und zu Recht Überzeugungsarbeit -, haben wir große Unterstützung und Freiheiten erhalten. Wir konnten praktisch mit der Geschwindigkeit und Schlagkraft eines Startups agieren.
Übrigens, ihr Bild der "Behäbigkeit" teile ich nicht. Die Post mag nach außen konservativ wirken, weil sie ein sehr etabliertes und wertbeständiges Produkt anbietet. Aus der Innenperspektive erlebt man unsere Managementkultur als sehr dynamisch und innovativ.
Am Ende geht es um nicht weniger als einen Kulturwandel, den Jürgen Gerdes hier zum Ziel gesetzt hat. Wir stehen ja erst am Anfang, das darf man nicht vergessen. Was die E-Projekte bisher fokussiert vorleben konnten, gilt es nun in den nächsten Jahren zum festen Bestandteil der DNA der gesamten Organisation zu machen.
Lässt sich nach heutigem Stand sagen, wo Sie stehen? Der E-Postbrief bedeutet ja ein enormes Risiko für den Konzern.
Helbig: Von der Marktakzeptanz her sind unsere positivsten Erwartungen übertroffen worden. Wir sind sicher, dass wir mit verbindlicher, sicherer elektronischer Kommunikation einen Nerv getroffen haben. Da gibt es eine klaffende Lücke, die gefüllt werden muss. Natürlich entscheidet am Ende der Markt, wie schnell das gelingt.
Arbeitet derzeit nicht jede Post auf der Welt an einem E-Postbrief?
Helbig: Man sieht bei vielen Postgesellschaften inzwischen ähnliche Produkte und Bestrebungen. Wir haben aber den Eindruck, dass es wenige so konsequent und mit einem solch umfassenden strategischen Ansatz verfolgen wie wir.
Mit dem E-Postbrief bringen wir unser Kernprodukt ins Internet. Für unsere Geschäftskunden bedeutet das mehr Prozess-Effizienz, für unsere Privatkunden mehr Convenience. Aber das Kundenversprechen der Sicherheit, für das wir mit unserer Marke stehen, bleibt erhalten. Deshalb kostet der E-Postbrief auch Porto: wir wollen unseren Kunden ein transparentes Geschäftsmodell anbieten, keines, das auf intransparenter Weiterverwendung von Kundendaten oder Nutzerverhalten basiert. Im Prinzip erweitern wir nur unseren postalischen Versorgungsraum in die digitale Welt.
Parallel dazu werden auch unsere anderen Geschäftsfelder systematisch ins Internet erweitert. Im Dialogmarketing werden wir die Brücke zwischen der physischen und der Online-Welt schlagen; die jüngste Akquisition von Nugg.ad macht das deutlich. Das Paketgeschäft erweitern wir konsequent um E-Commerce-Lösungen, sowohl für Händler als auch für Käufer. Allesnebenan.de wird gerade gelauncht.