Strategien


Richtig handeln

Täglich 2 Stunden über Entscheidungen nachdenken

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Psychologie-Professor Anders Ericsson unterscheidet zwei Vorgehensweisen: Reflexion und Abwägen sowie schnelles Handeln. Aussuchen kann man sich das nicht.
Phil Rosenzweig ist Professor für Strategy and International Management an der IMD Business School. Ihn interessiert der Zusammenhang zwischen Erfolg und Lernen.
Phil Rosenzweig ist Professor für Strategy and International Management an der IMD Business School. Ihn interessiert der Zusammenhang zwischen Erfolg und Lernen.
Foto: Phil Rosenzweig/IMD

Was unterscheidet erfolgreiche Menschen - seien es Sportler oder Geschäftsleute - von der Masse? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Phil Rosenzweig, Professor für Strategy and International Management an der IMD Business School. Angeborenes Talent lässt Rosenzweig wenig gelten, ihn interessiert, was und wie Menschen lernen.

Stark vereinfacht, lautet seine These: Manchmal ist Handeln besser als Denken, manchmal ist es umgekehrt. Die Kunst besteht darin, den richtigen Zeitpunkt für das Eine und das Andere zu erkennen, und auch das hat eine Systematik. Rosenzweig führt diese Gedanken in dem Papier "Making better decisions over time" aus, das auf einem Portal des Beraters Booz erschienen ist.

Implemental versus deliberative Mind-Set

Die Schlagworte "Handeln" und "Denken" benennen zwei Konzepte, das implemental Mind-Set (handeln, abwägen) und das deliberative Mind-Set (denken, abwägen, reflektieren). Beim implemental Mind-Set schwört sich der Handelnde selbst auf Erfolg ein. Typischerweise ist er in einer Situation, die ihm zum Denken keine Zeit lässt. Rosenzweig nennt als Paradebeispiel Captain Chesley Sullenberger, den Piloten, der seinen Airbus A320 im Hudson River landen musste.

A320-Pilot dachte nicht an die Passagiere bei der Notlandung

Nach der geglückten Aktion beschrieb Sullenberger, wie er sich auf seine Handlungen fokussierte. Wie musste er das Flugzeug bedienen, um es so sicher wie möglich notzulanden, welche einzelnen Aktionen in welcher Reihenfolge waren notwendig, welche Resourcen standen dem Kapitän zur Verfügung, solche Fragen.

An die Passagiere habe er nicht einen Moment lang gedacht, erklärte Sullenberger. Er musste konkret, praktisch und schnell handeln.

Solche Situationen - auch wenn es sich hier um eine spektakuläre Ausnahmesituation handelte - kann man trainieren, sagt Rosenzweig. Er spricht von einem angelernten Optimismus, einem Glaube an den eigenen Erfolg, der nachweisbar zu einem besseren Ergebnis führen kann.

Ein Gänseschwarm blockierte die Treibwerke

Bevor Sullenberger den Flieger notlanden musste, bewegte er sich in dem anderen Konzept, im deliberative Mind-Set. Der Pilot war gestartet und geriet in einen Gänseschwarm. Danach blockierten die Triebwerke. Sullenberger begann, seine Optionen zu überdenken: zum Abflughafen zurückkehren oder einen anderen Airport ansteuern oder im Hudson River notlanden.

Der Pilot reflektierte seine Situation sachlich und schaltete erst auf "Handeln" um, sobald ihm klar wurde, dass er gar keine Wahl hatte. Übrigens bezeichnet sich Sullenberger in seinem Buch "Highest duty. My search for what really matters" selbst nicht als Held. Er sei ein erfahrener Pilot und habe verantwortungsbewusst gehandelt.

Rosenzweig sieht Analogien zur Geschäftswelt. In manchen Situationen - Präsentationen, Verkaufen, Meetings - helfe das nachträgliche Reflektieren über die eigene Arbeit, sich selbst zu verbessern. Schnelles Feedback unterstützt dabei. Typischerweise handelt es sich um überschaubare Situationen, in denen sich bestimmte Abläufe wiederholen können.

2 Stunden täglich Nachdenken und "Lessons Learned" ableiten

Anders liegen die Dinge bei sehr komplexen und neuen Situationen. Hier müssen Entscheider zwischen Denken, Reflektieren und Abwägen einerseits sowie schnellem Handeln andererseits wechseln können. Für manche Entscheidungen gibt es keine "zweite Chance". Da aber auch diese Fälle im Nachhinein betrachtet und analysiert werden können, empfiehlt Psychologie-Professor Anders Ericsson Managern, zwei Stunden pro Tag über die Art ihrer Entscheidungsfindung nachzudenken und "Lessons learned" abzuleiten.

Inwieweit das realistisch ist, sei dahingestellt. Rosenzweig jedenfalls will zunächst einmal auf die Unterscheidung dieser zwei verschiedenen Mind-Sets hinaus. Ihn interessiert, was Erfolg mit der Logik von Handlungen, Abläufen und der menschlichen Einstellung zu tun hat. Vieles - wenn auch nicht alles - sei durch Analyse lernbar, sagt Rosenzweig. Er sagt, dass auch die Mozarts und Einsteins dieser Welt durch Reflexion und Wiederholung ihre Erfolge erzielt haben und - zumindest nicht nur - durch angeborenes Talent.

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