Arbeitsplatz der Zukunft
Technologie und Kommunikation machen den Vorsprung aus
Christoph Magnussen hat die Zukunft gesehen. Zumindest, wenn es um die Zukunft des Büros geht. 115th W 18th Street, New York City. Hier befindet sich ganz schlicht das Co-Working Büro Chelsea von WeWork und ganz nebenbei auch deren Headquarter. Das mittlerweile mit rund 20 Milliarden Dollar bewertete US Unternehmen vermietet Büroflächen ab einer Person und Tag, aber auch für ganze Unternehmen.
Um Aussagen über das Büro der Zukunft treffen zu können, müssen wir uns die Frage stellen: Welche Anforderungen und Bedürfnisse stellen die Jobs der Zukunft an das Büro der Zukunft? Die Antwort liegt für Magnussen auf der Hand: "Wir wissen es nicht, denn wir können nicht mit Bestimmtheit sagen, wie die Jobs der Zukunft aussehen werden. Die Geschwindigkeit der Veränderung ist mittlerweile so hoch, dass Prognosen enorm schwierig sind".
Obwohl viele Bürojobs mittlerweile theoretisch mit dem Laptop gut von daheim zu erledigen sind, gehen die meisten Arbeitnehmer dennoch gerne ins Büro. Was hat das Büro, das der Schreibtisch zu Hause nicht bieten kann? Einer der entscheidenden Vorzüge des Büros ist die ständige Möglichkeit der Begegnung - egal ob zufällige Begegnungen an der Kaffeemaschine oder auf dem Weg zum Essen, bei denen über ein Projekt gesprochen und spontane Ideen generiert werden. Steve Jobs nannte solche wichtigen Begegnungen im Arbeitsalltag "unplanned collaborationcollaboration". Das Büro bietet zudem Raum für geplante Begegnungen, die mehr Energie erzeugen als Videokonferenzen. Alles zu Collaboration auf CIO.de
Der Arbeitsplatz als Arbeitstool
Magnussen appelliert: "Wir müssen lernen, das Büro und den Arbeitsplatz als ein Arbeitstool zu begreifen, genau wie unser Laptop oder unser Smartphone nur Arbeitstools sind. Wenn wir dies beherzigen, stehen solche Begegnungen und damit der Mensch im Mittelpunkt des Arbeitsplatzes der Zukunft."
Große freie Flächen mit Sofas, Sesseln, kleinen Meetingtischen, buchbaren großen Meetingräumen, Präsentationstechnik an jeder Ecke, Bildschirme an einigen aber nicht allen Stellen des Büros, Treppen, die durch alle Stockwerke reichen und offene (hängende) Meetingräume auf den Zwischengeschossen, eine große offene Kaffeebar für unplanned Collaboration und alles in einer angenehm aktiven aber ruhigen Atmosphäre.
Die Atmosphäre im WeWork Office erinnerte den Gründer an das Arbeiten an der Universität: wer es ruhig braucht, nimmt sich einen Seminarraum oder zieht sich in die Bibliothek zurück. Wer auf Kommunikation aus ist, frequentiert die offenen Flächen. Der Platz reicht aus, um ein Meeting im Gehen statt im Sitzen zu machen und für private Telefonate stehen ausreichend Telefonboxen zur Verfügung.
Allerdings zeigt sich hier ein großes Problem: Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern solche Flächen bereits zur Verfügung, doch kaum einer nutzt sie. Das liegt daran, dass viele Menschen über Jahrzehnte gelernt haben, dass sie nur dann als produktiv gelten, wenn sie vor einem Monitor sitzen und möglichst schnell auf eine Tastatur einhacken - was in den meisten Fällen natürlich völliger Quatsch ist.
Die Menschen müssen lernen, welche Art von Fläche für welche Form der Arbeit die beste ist und diese dann aktiv nutzen. Dazu benötigen sie Technologien wie Smartphones, Laptops, Cloud-Anwendungen mit allen wichtigen Dateien und State of the Art IT, denn sonst sind die Störfeuer, die bremsen und von der Arbeit abhalten, so groß, dass man immer wieder verleitet ist, an den Bildschirmarbeitsplatz zurückzukehren.
Sämtliche Informationen, überall greifbar
Es ist mittlerweile zur Gewohnheit geworden, alles zu jeder Zeit nur eine Suche oder einen Klick entfernt zu finden und herunterzuladen. Genau das ist für Magnussen die Herausforderung an den modernen Arbeitsplatz. Dieser muss alle Informationen und jede Form der Kommunikation, ob Videokonferenz oder Meeting, zu jeder Zeit bereitstellen. Der physische Arbeitsplatz der Zukunft muss extrem flexibel nutzbar und dennoch sehr hochwertig sein, damit man ihn effektiv nutzen kann.
Christoph Magnussen hat in seinem Unternehmen Blackboat eine No-Office Policy eingeführt. Das heißt keineswegs, dass es kein Büro gibt, sondern lediglich keine Anwesenheitspflicht, jeden Tag dort zu sein. Wenn er jedoch das Gefühl hat, dass ein gemeinsames Brainstorming notwendig ist, setzt er sich in den Flieger, steigt in die Bahn, nimmt den Weg auf sich, um die Kollegen persönlich zu treffen. Nicht Gewohnheit, sondern Nutzen ist hierbei das Zauberwort.
Solch eine radikale Herangehensweise mag für viele Manager und Geschäftsführer noch undenkbar sein, da für sie die sehr einfache Kontrolle durch Anwesenheit wegfallen würde. Technisch sind solch radikale Arbeitsmodelle daher nur möglich, wenn Kommunikations- und Informationstransparenz über die wichtigsten Themen und Projekte in Unternehmen besteht. Chat-Tools wie Slack oder Cloud Office Anwendungen wie Office 365 oder G Suite von Google sind daher Standards, die in vielen Unternehmen heute Einzug halten, in fünf Jahren aber noch viel besser verstanden werden.
Leider gilt die E-Mail, wie noch vor 20 Jahren, als kommunikatives Allheilmittel. Kollegen verschicken Anhänge in Word Formaten an mehrere Empfänger, statt ein zentrales, kollaboratives Online Dokument per Link an alle Beteiligten freizugeben, um immer den neuesten Stand zu haben und den Versionierungs-Wahnsinn zu vermeiden.
Kurze Chats sorgen für schnelle Kommunikation und Transparenz
Auch werden dank Slack, Whatsapp und Teams immer größere Teile der Arbeit in kleinen, kurzen Chats organisiert, die für eine sehr hohe Geschwindigkeit in der Kommunikation und mehr Transparenz sorgen, aber laut Magnussen nur eine Facette des Arbeitsplatzes der Zukunft sind. Begegnungen im Büro können sie nicht ersetzen.
Viele der technischen Neuerungen, die heutzutage diese flexible und hoch produktive Form der Arbeit ermöglichen, geschehen im Hintergrund und eher leise. So kann sich Christoph Magnussen kaum mehr vorstellen, wie es war, sich durch hunderte Ordner mit Dateien die von Unterstrichen getrennt waren zu klicken, um eine Unterlage zu finden.
Die Suche hat 99 Prozent seines Arbeitstages fest im Griff. Bald werden auch künstliche Intelligenz und vor allem Sprachbefehle für mehr Produktivität sorgen und so schwer wegzudenken sein, wie Google Maps oder Slack im heutigen Büroalltag. Wenn der Befehl "Alexa bereite das nächste Meeting vor" ausreicht, um mit einem Briefing zu den Teilnehmern und den relevanten Inhalten ausgestattet zu sein, dann spielen gute eigene Ablagen oder auch Rechtschreibung nur noch eine untergeordnete Rolle.
Dabei werden Tools eine große Rolle spielen. Die meisten dieser neuen Technologien werden die Fähigkeiten des Menschen jedoch nur "erweitern". Sie werden diese nicht sofort und vor allem nicht in den kommenden fünf Jahren komplett ersetzen. Allerdings muss man sich damit auseinandersetzen, wie diese Tools effizient eingesetzt werden können, um nicht selbst ersetzt zu werden.
Deshalb glaubt Magnussen, dass auch in fünf Jahren bei WeWork Bildschirme, Laptops, Smartphones, Tische und Stühle stehen werden. Die Art der Zusammenarbeit und was man an einem Tag in einem Meeting erreichen kann, wird jedoch von der Technologie bestimmt, mit der man an Informationen gelangt. Es wird elementar sein, wie gut man sich seinen Arbeitsplatz zu Nutze macht. Das ist für Magnussen das A und O: "Der Arbeitsplatz der Zukunft ist großartig und intuitiv aber wir sind gefragt, ihn aktiv mitzugestalten und vor allem ihn effektiv zu nutzen. Denn es gilt auch weiterhin das alte Zitat von John Culkin: "Erst formen wir unserer Werkzeuge, und danach formen unsere Werkzeuge uns."