Entlastung im Alltag
Tipps gegen Druck am Arbeitsplatz
- Das Druck erzeugende Gefühl des Müssens basiert auf fünf Antreibern.
- Der der langjährige Muss-Automatismus sollte ausgehebelt und durch ein bewusstes Wunschverhalten abgelöst werden.
- 4 Schritte, wie Sie vom Antreiber-basierten Müssen zum motivierenden Wollen kommen können.
Der Kalender ist viel zu eng verplant, ein Projekt mit einem Dienstleister ist in Schieflage, der Vorstand wartet auf die Ressourcenplanung fürs nächste Jahr, eine neue Führungskraft kommt zum Jour-fixe und die Tochter hat auch noch Geburtstag - x Aufgaben, die jeden Tag erledigt werden müssen. "Müssen" ist einer der häufigsten genutzten Begriffe. Der ganze Tag, die ganze Woche, gefühlt das ganze Leben besteht aus "Müssen". Diese Konnotation allein macht die interessanteste Aufgabe zu einer Last. Die Konsequenzen: StressStress bis hin zur Überforderung. Alles zu Stress auf CIO.de
Der Begriff "Müssen" beschreibt per Definition eine zwangsläufige Notwendigkeit. Sind Sie sicher, dass alle Aufgaben, die Sie täglich meinen tun zu müssen, wirklich zwangsläufig notwendig sind? Eine kritische Prüfung zeigt zumeist, dass manches "Müssen" durchaus nicht zwangsläufig ist. Und Jobs auch von einem Mitarbeiter oder Kollegen erledigt werden können - vielfach sogar der spontan zugesagte Termin verhandelbar wird.
Begründungen für dieses druckerzeugende "Müssen" gibt es einige: Möglicherweise haben Sie bewusst oder unbewusst eine Rolle übernommen, zu der die nun anstehende Aufgabe zwingend gehört. Oder Sie haben die Erledigung zugesagt. Häufig ist es weniger der äußere Zwang als die gefühlte Notwendigkeit, Aufgaben zu übernehmen. Und klassischerweise wächst diese Notwendigkeit mit dem Druck, unter dem Führungskräfte stehen.
Ein Teufelskreis, der schädlich ist. Aber wie können Sie aus diesem Kreislauf ausbrechen?
Die Druckmacher
Das Druck erzeugende Gefühl des Müssens basiert auf fünf Antreibern, die Eric Berne als Erfinder der Transaktionsanalyse, identifiziert hat. Jeder Mensch hat diese Antreiber in sich.
"Sei stark": Der Kämpfer mit diesem Leitsatz muss alles unter Kontrolle haben - weil er überzeugt ist, sonst angreifbar zu sein.
"Sei perfekt": Mr. oder Mrs. 150 Prozent mit diesem Leitsatz müssen perfekter als perfekt sein - weil sie überzeugt sind, sonst nicht gut genug und damit nichts wert zu sein.
"Sei gefällig": Everybodys Darling folgt diesem Antreiber und muss es allen recht machen - weil er überzeugt ist, sonst nicht mehr geliebt zu werden und seinen Wert zu verlieren.
"Beeil Dich": Der Hoppy Galoppy-Typ muss sehr schnell sehr viele Dinge tun - weil er überzeugt ist, sonst das Wichtigste zu versäumen.
"Streng Dich an": Der Fleißige hört diese Stimme und muss sich anstrengen - weil er überzeugt ist, sonst nicht genug Leistungen bringen zu können.
Die beschriebenen Leitsätze haben ihre Wurzeln in der Kindheit und Jugend und den von den Eltern gehörten Aussagen wie "Mach das ordentlich" oder auch "Denk nicht nur an Dich". Diese Sätze werden unreflektiert übernommen und prägen das Weltbild bis ins Erwachsenenalter hinein.
Männer und Frauen ticken verschieden
Wenn grundsätzlich alle Antreiber bei allen Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen vertreten sind, so lassen sich bei genauer Betrachtung einige Unterschiede feststellen - vor allem bei den Antreibern "Sei perfekt" und "Sei gefällig".
Wenn Männer eher zu der Devise tendieren "Besser eine starke Behauptung als ein schlapper Beweis" und souverän ihre Flügel schlagend zum nächsten Thema übergehen, schlüpfen Frauen häufig in die Rolle der Mrs. 150 Prozent - oder stellen auch ihre eigene Meinung zurück, um als Everybodys Darling akzeptiert zu werden. Die Ursachen sind häufig mangelndes Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das eigene Wissen und natürlich ihre häufig immer noch Alleinstellung in den von Männern dominierten Führungsriegen. Wobei Männer diese Übermacht nach wie vor nutzen.
So meinen Frauen, nur über perfekte Ergebnisse oder auch die Zurückstellung eigener Interessen und Meinungen bestehen zu können. Dass sie dabei häufig über ihre Grenzen gehen oder auch ihr eigenes Licht unter den Scheffel stellen, kann dann schon einmal unwichtig werden.
4 Schritte
Wie kommen Sie nun konkret vom Antreiber-basierten Müssen ins motivierende Wollen?
1. Klarheit gewinnen
Im ersten Schritt geht es darum, die eigenen persönlichen Antreiber zu identifizieren. Nur mit diesem Wissen kann das "Ich muss"-Gefühl abgebaut und durch anderes Verhalten ersetzt werden. Die Frage lautet: Welcher oder welche der fünf Leitsätze wirken wie stark?
Eher "Ich komme allein zurecht" für den Kämpfer oder "Wer rastet, der rostet" für den Hoppy Galoppy-Typ? "Ich bin noch nicht gut genug" sagt sich der Perfektionist, während Everybodys Darling jedem Nein aus dem Weg geht. Und letztendlich die Fleißbiene sich antreibt mit "Nichts ist unmöglich.
Beobachten Sie Ihre Gedanken und Reaktionen vor allem in kritischen Situationen.
2. Die Diamanten sehen
Nun hat jeder Leitsatz einer Persönlichkeit und deren Tun seinen Stempel aufgedrückt - als Druckmacher wie auch mit seinen Stärken. Diese Diamanten wollen Sie sicher behalten. Machen Sie sich also die Stärken Ihres persönlichen Leitsatzes bewusst.
Was ist die positive Facette des jeweiligen Antreibers?
Kämpfergeben nicht auf, agieren selbstbestimmt und sind unabhängig. Mr. oder Mrs. 150 Prozent liefern vollkommene Ergebnisse, für die sie Anerkennung bekommen. Und bei Everybodys Darling fühlt sich jeder Wohl, er sorgt für Ausgleich, während Hoppy Galoppy viele Termine und Arbeit in kürzester Zeit erledigt und die Fleißbiene sich durch Disziplin und Ausdauer auszeichnet.
Auf diese Stärken können Sie stolz sein - nichtsdestotrotz, die Extremausprägungen schwächen Sie. Zu viel Ausgleich, zu viele Termine, zu viel Disziplin brauchen zu viel Energie und erzeugen wiederum Stress. Empfehlung: Seien Sie selbstreflektiert und reduzieren Sie das "zu viel" Ihrer Stärken.
3. Die Erlaubnis erteilen
Die Stärke der Leitsätze ist die eine Seite der Medaille. Um den Muss-Automatismus zu stoppen, ist ein weiterer Schritt erforderlich - nämlich die Beantwortung der Frage: Was braucht der jeweilige Antreiber, um seine Zwanghaftigkeit zu verlieren? Identifizieren Sie den positiven Gegenpol.
Für den Kämpfer ist es das Delegieren von Aufgaben und das Zulassen von Unterstützung.
Mr. oder Mrs. 150 Prozent müssen die 80/20-Regel anwenden oder auch mit weniger zufrieden sein. Everybodys Darling muss Nein-Sagen lernen, Auseinandersetzungen aushalten und die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, während Hoppy Galoppy sich Ruhepausen gönnen und Langsamkeit zulassen muss. Und die Fleißbiene muss Pausen einplanen und Spaß bei der Arbeit zulassen.
Diese Handlungsalternativen zeigen, wie souveränes Verhalten für den jeweiligen Antreiber aussehen kann. Dazu muss der langjährige Muss-Automatismus ausgehebelt und durch ein bewusstes Wunschverhalten abgelöst werden. Dieses Wunschverhalten ist in individuelle Botschaften zu formulieren. Solche "Erlaubersätze" setzen dem Muss eine positive Botschaft entgegen. Die Formulierung sollte kreativ und auf die persönlichen Vorlieben jedes Einzelnen abgestellt sein. So kann es auch "Don't worry" oder "Ich bleibe cool" lauten.
Wichtig ist, dass Sie sich in einem "Erlaubersatz" wiederfinden und ihn immer präsent und sichtbar haben. Vor allem natürlich in Situationen, in denen die Muss-Falle schnell zuschnappt.
4. Anker setzen
Das Muss ist langjährig erlernt und es braucht Zeit, bis der Erlaubersatz verankert ist. Aktive Unterstützung beschleunigt diesen Prozess.
Sehr hilfreich sind zum Beispiel Notizen zu den Erfahrungen mit den Erlaubersätzen - als Sticker auf dem Desktop oder im Notizbuch. Zum Beispiel zu dem Kontext, in dem Sie Ihren Erlaubersatz erfolgreich einsetzen konnten und was die Konsequenzen waren. Und in welchen Situationen würden Sie bei nächster Gelegenheit wie anders agieren?
Diese Verschriftlichung verstärkt die Verankerung der Erfolge und unterstützt den persönlichen Fortschritt auf dem Weg aus dem Müssen. Die Erfolge stellen sich als spürbare Entlastung im Alltag sicher ein.