Pfleiderer
Unbemerkt coachen lassen
Seit zwei Jahren gibt es beim Neumarkter Spezialisten für Holzwerkstoffe und Bahnschwellentechnik das anonyme Coaching. Inzwischen geht jeder zweite Manager aus der oberen Etage mit Wertmarken ungesehen von Kollegen zu seinem Berater. Ein Erfolg.
Viermal organisierten die Personaler 2003 „COME-Veranstaltungen”. COME steht sowohl für „kommen“ als auch für Coach-Meeting. Geladen sind Führungskräfte der Level 1 und 2 sowie acht Coaches. Einer von ihnen ist Dietmar Rose. „Wir haben über Ethik in der Wirtschaft und Machiavelli gesprochen“, so Rose, der im Anschluss „Coaching-Books” verteilte. Darin enthalten sind Wertmarken für Coaching-Stunden und Beschreibungen der Coaches. „Die Chefetage in den Unternehmen hat unterschiedliche und oft sehr persönliche Unterstützungs- oder Beratungsbedarfe“, sagt Gustav Kloetzl, der das Coaching-Buch zusammen mit dem Ex-Personalentwicklungschef von Pfleiderer Andreas Steiner fit gemacht hat. Das Hauptproblem: Führungskräfte haben, so Kloetzl, kaum Ansprechpartner in der Firma – nicht im Kollegenkreis und schon gar nicht im Personalbereich. Oft öffneten sie sich nur der Partnerin oder guten Freunden, so Kloetzl, der Coaching als Ventil und Kompass für „einsame und oft einsam entscheidende Chefs“ sieht. Deshalb sind die Coaches auf verschiedene Bereiche spezialisiert – auf Change-Prozesse, Konfliktmanagement sowie familiäre Themen.
Viele Denkweisen, viele Probleme
Soziale und Führungskompetenz, Selbstmanagement und Umgang mit Konflikten gaben die Führungskräfte als wichtigste Themen an. Nach Einschätzung von Rose wollen die Manager sich selbst besser kennen lernen und haben manchmal nicht genügend innere Sicherheit für aufziehende Konflikte. Doch würde diese Erkenntnis zu selten als Chance genutzt. „Sie lernen, das wahrzunehmen“, so Rose – und schließlich anders mit der Situation umzugehen. Viele Probleme entstehen aufgrund unterschiedlicher Persönlichkeitskulturen. Die Denkweisen eines Einkäufers, Personalers und IT-Managers sind derart unterschiedlich, dass sich auch niemand mehr austauscht. „Die persönliche Entwicklung in der Organisation fruchtbar machen“ ist laut Rose daher eines der großen Ziele im Unternehmen.
„Weder Kollegen noch die Personalabteilung erfahren, wer Gutscheine nutzt“, so Rose. Während früher die Rechnung über ein Coaching offen in die Personalabteilung gegeben wurde und in der Buchhaltung dann seine Kreise zog, bekommt die Personalabteilung nun nur noch Wertmarken von beauftragten Coaches zugeschickt – ohne Namen oder Inhalte. „Dann ist endlich Schluss mit der Pathologisierung“, so Kloetzl, „nach dem Motto: Der hat es wohl bitter nötig, sich einen Coach zu holen.“ Der Anfang war nicht für alle leicht: „Einer sagte, er bräuchte das Coaching-Book nicht, und legte es wieder auf den Tisch“, erinnert sich Kloetzl, „ein anderer griff zu – und hatte nun das doppelte Kontingent für Coaching-Stunden.“
Nachdem zu Beginn von COME gerade zwölf Prozent des Coaching-Budgets ausgeschöpft wurden, ließ sich ein Jahr nach dem COME-Start bereits jeder dritte Teilnehmer coachen. Im April 2005 hatten mehr als 50 Prozent der Pfleiderer-Führungsriege das Angebot bereits genutzt. Derzeit stagniert die Teilnahme, da sich das Unternehmen umstrukturiert. Sobald die Zielstruktur Ende 2005 steht, setzt die jetzige Personalverantwortliche Anke Giesen neue COME-Meetings auf.