Deutsche Gründerszene

Unmut bei Startups

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Startups oft unabhängige Gründungen

Drei Viertel der Startups sind unabhängige Gründungen. Das heißt, dass Ausgründungen etwa aus Universitäten oder bestehenden Unternehmen eine Minderheit stellen. Das durchschnittliche Alter der Firmen im Monitor beträgt 2,5 Jahre, was eine leichte Verjüngung gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Etwa 22 Prozent der Startups befinden sich in der frühen "Seed"-Phase der Konzeptentwicklung ohne Umsatzrealisierung. 48 Prozent in der "Startup"-Phase haben bereits ein marktreifes Angebot und erwirtschaften Umsätze. Bei 23 Prozent in der "Growth"-Phase steht das Wachstum im Vordergrund. In späten Reifephasen etwa mit einem Börsengang befinden sich kaum welche der Unternehmen aus dem Monitor.

Hannover/Oldenburg vor Hamburg

Regional ballen sich die Startups in wenigen Zentren - allerdings einen Tick weniger ausgeprägt als noch im Vorjahr: 2015 waren noch 69 Prozent in einer Handvoll Zentren beheimatet, aktuell sind es nur noch 60 Prozent. Als neu definierte Gründerregion ist im neuen Monitor Hannover/Oldenburg hinzugekommen. Dort haben mit 6,9 Prozent sogar mehr Startups ihren Hauptsitz als in der angestammten Startup-Metropole Hamburg mit dort 6,4 Prozent. Die Top Four der Regionen sind: Berlin mit 17 Prozent, Rhein/Ruhr mit 14,1 Prozent, Stuttgart/Karlsruhe mit 8,9 Prozent und München mit 7 Prozent.

Hinter diesen Zahlen verbergen sich indes Gewinner und Verlierer. Da es mehr Startups in der Fläche gibt als im Monitor 2015, müssen zwangsläufig bestimmte Anteile gesunken sein. Drastisch passierte das in Berlin, wo es einen Absturz von 31 auf 17 Prozent gab; aber auch München verlor mit 11,5 Prozent im Vorjahr und 7 Prozent aktuell deutlich. Zulegen konnte beispielsweise Rhein/Ruhr als Region. Im Bundesländervergleich zählen vor allem Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu den Gewinnern, etwas schwächer ausgeprägt auch Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz.

BVDS-Chef: "Berlin schwächelt nicht"

Der BVDS-Vorstandsvorsitzende Nöll bewertet diese Entwicklung als erfreulich. Die Entwicklung zeige, dass das deutsche Startup-Ökosystem in Bewegung sei und branchen- und regionenübergreifend eine immer wichtigere Rolle übernehme. "Nicht weil Berlin schwächelt, sondern weil der Rest der Republik dem Vorbild folgt", betont Nöll. "Damit steigen die Chancen, dass Startups in Deutschland - gemeinsam mit dem Mittelstand - die wichtigste Quelle für unseren zukünftigen Wohlstand werden."

18,8 Prozent der Startups werden aktuell mit Wagniskapital finanziert. Der Anteil lag schon einmal höher.
18,8 Prozent der Startups werden aktuell mit Wagniskapital finanziert. Der Anteil lag schon einmal höher.
Foto: BVDS/KPMG

Drei weitere Trends offenbart der Monitor: einen langsam, aber stetig wachsenden Frauenanteil in der Gründerszene; eine steigende Internationalität; eine stetig steigende Höhe der kumulierten Investitionssummen. In diesem Jahr flossen 1,1 Milliarden Euro an externem Kapital an die befragten Unternehmen.

Digitale Bildung in Schulen und flexible Kinderbetreuung

Nöll leitet daraus eine Reihe von Forderungen ab, um diese positiven Entwicklungen zu fördern: eine frühzeitige digitale Bildung in den Schulen, eine Flexibilisierung der Kinderbetreuung, eine Pflege der offenen Willkommenskultur, weitere Harmonisierung auf europäischer Ebene.

Klischees über den Startup-Alltag treffen übrigens manchmal sehr und manchmal weniger zu, wie die Studie zeigt. Tatsächlich sind in fast allen befragten Firmen Sweaters und Hoodies als Arbeitskleidung erlaubt. Aber nur ein Viertel der Unternehmen hat einen Kickertisch. Und nur 16,6 Prozent nennen Mate als ihr Lieblingsgetränk.

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