Gentleman-Papst Bernhard Roetzel

Was die Kleidung über den Mann aussagt

27.06.2017
Von Ferdinand Knauß

"In jeder Situation das passende Outfit"

Und der Rucksack von Deutsche Bank-Chef Anshu Jain?

Bernhard Roetzel: Geschmacklos und kindisch. Der spielt etwas vor, was nicht der Realität entspricht. Ein Topmanager muss seine Sachen nicht im Rucksack mit sich herum tragen.

Der Pullover von Fiat-Chef Sergio Marchionne wird Ihnen auch nicht gefallen.

Bernhard Roetzel: Gerade in Italien, wo Geschäftsleute sehr konservativ angezogen sind, sogar in der Modebranche, ist das eine Form der Respektlosigkeit. Bei Typen wie Steve Jobs oder bei Bill Gates, der auch im schlecht sitzenden Anzug immer wie ein Nerd aussieht, kann man noch sagen, dass das irgendwie passt.

Und wir Journalisten? Wir gelten traditionell als schlecht angezogenes Kollektiv. Stimmt das?

Bernhard Roetzel: Viele Journalisten fühlen sich über solchen Dingen stehend. Für viele ist es auch wichtig, sich ja nicht anzubiedern bei den Personen, über die sie berichten. Die Generation der alten 68er und solche mit eher linkem Hintergrund sind besonders bemüht, nicht wie Manager auszusehen. Selbst Journalisten, die über Mode schreiben, sind manchmal schlecht angezogen. Für die jüngeren gilt das nicht mehr, da hat ein Wandel stattgefunden.

Waren Sie selbst auch als Jugendlicher schon so klassisch angezogen? Sind Sie ein geborener Gentleman?

Bernhard Roetzel: Diesen Look aus alten englischen und amerikanischen Filmen fand ich als Kind schon toll. Mein Vater ist Professor und gehört zu einer Generation, die noch im Anzug in die Universität ging. Also war das auch nichts Fremdes für mich. Ich habe immer das Zeitlose geliebt und als Student in Second-Hand-Läden nach alten Anzügen und Mänteln gesucht. In meinem früheren Job als Werbetexter galt ich damit eher als Exzentriker.

Wollen Sie mit Ihren Büchern die Männer verändern?

Bernhard Roetzel: Ich will nicht missionieren. Ich bin wie ein Orthopäde, der beim Spazierengehen sieht, dass jemand eine kaputte Hüfte hat, aber ihm das nicht sofort mitteilt. Ungefragt sage ich meine Meinung nicht.

Gut, dass wir telefonieren, und Sie mich nicht sehen können. Wie sind Sie selbst denn jetzt angezogen, so wie auf ihren Bildern?

Bernhard Roetzel: Ich habe gerade im Garten gearbeitet und trage so einen Stil französische Riviera in den späten 40er Jahren: Bretonisches Ringelhemd und Vintage-Cordhose. Stil zeigt sich nicht nur beim Anzug, sondern bei jeder Art von Kleidung. Viele heutige Manager, vor allem deutsche, die im Anzug eine gute Figur machen, enttäuschen, wenn man sie privat sieht. Die wahren Gentlemen wie Prince Charles oder Luca di Montezemolo sind in ihrer Freizeit genauso elegant gekleidet wie im Büro und tragen in jeder Situation das passende Outfit.

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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