Mitarbeiter werben Mitarbeiter
Wenn aus Freunden Headhunter werden
- Startups werben Mitarbeiter gerne über Mitarbeiter
- Eine Empfehlung ist kein Freifahrtschein
- Kommt ein Freund vom Chef ins Unternehmen, muss das offen kommuniziert werden
Startups nutzen das Prinzip - sie heuern Studien- und Schulfreunde als Mitarbeiter an. Auch Mittelständler und Konzerne setzen auf diese Methode und zahlen ihren Angestellten Prämien, wenn sie sich im eigenen Freundeskreis nach potenziellen Bewerbern umsehen. "Aus Sicht eines Unternehmens, das schnell wächst, ist diese Methode völlig legitim?, erklärt Matthias Busold, Personalberater aus Hamburg. "Vertrauen ist gerade in kleinen Firmen besonders wichtig, wenn es auf jeden Mitarbeiter ankommt."
Für Unternehmen bieten solche Programme viele Vorteile: "Wenn Mitarbeiter gegenüber ihren Freunden von ihrem tollen Arbeitgeber schwärmen und ihren Freunden davon erzählen, kommt dieser Empfehlung ein besonderes Gewicht zu", sagt Alfred Quenzler, Professor für Internationales Personal- und Organisationsmanagement an der Technischen Hochschule in Ingolstadt. Für den Personalexperten ist es ein gutes Zeichen, wenn Angestellte auch nach Dienstschluss noch über ihre Firma sprechen. Auch für den Arbeitgeber bringt eine Empfehlung Vorteile, denn ein begeisterter Mitarbeiter wird nur jemanden empfehlen, für den er notfalls die Hand ins Feuer legt, so zumindest die Idee des Programms "Mitarbeiter werben Mitarbeiter".
Michael Donat, seit Januar Personalchef bei Sopra Steria Consulting, gewinnt viele neue Berater über Empfehlungen aus dem eigenen Haus. "Im vergangenen Jahr haben wir 37 Prozent unserer Neueinstellungen über diesen Weg rekrutiert, das waren 80 neue Mitarbeiter. In diesem Jahr liegt die Quote schon bei 40 Prozent", berichtet Donat. Zwar nutzt das Beratungsunternehmen das Programm für alle Positionen, doch gerade bei Einsteigern und Young Professionals, die entweder direkt von der Hochschule kommen oder bis zu drei Jahre Berufserfahrung mitbringen, ist das Programm "Mitarbeiter werben Mitarbeiter" besonders beliebt. "Mehr als 50 Prozent der Junior-Consultants kommen über Mitarbeiterempfehlungen zu uns."
Freunde von Kollegen bleiben länger
Anfangs wunderte sich der neue Personalchef über die hohen Quoten, doch Donat schätzt das Programm. "Wir haben eine geringere Fluktuation bei den Mitarbeitern, die über eine Empfehlung zu uns kamen. Sie bleiben länger im Unternehmen." Wie viele andere zahlt Sopra Steria Consulting eine Kopfprämie. "Ich finde es fair, das Engagement der Mitarbeiter zu vergüten. Verglichen mit den Kosten für einen Personalberater sind die Prämien gering", erläutert Donat und fügt hinzu: "Wir zahlen für die Vermittlung einer Junior-Position 2500 Euro und für eine Senior-Position 5000 Euro." Der Personalchef glaubt, dass die Vergütung nicht entscheidend ist, sondern dass "die Kollegen von ihrem Arbeitgeber überzeugt sind und das ihren Freunden gegenüber glaubwürdig vertreten."
Kopfprämien für die Vermittlung sind umstritten
Doch Prämien von 2500 oder 5000 Euro klingen nicht nach einer kleinen Anerkennung oder einem Trinkgeld. So viel Geld kann Begehrlichkeiten wecken und einen Anreiz darstellen, auch einen flüchtigen Bekannten aus dem Sportverein zu empfehlen, um daran zu verdienen. Quenzler sieht Kopfprämien kritisch. "Wenn Mitarbeiter zu Headhuntern werden, kann die Qualität der Empfehlung leiden", merkt der Ingolstädter Professor an.
- Genau prüfen
Ein guter Personalberater will nicht nur einen Abschluss, sondern eine gute Betreuung von Auftraggeber und Kandidat. Dies zeigt sich daran, wie transparent der Suchprozess ist, ob auch kritische Aspekte angesprochen werden und ob die Interessen des Kandidaten ein wichtiger Bestandteil der Gespräche sind. - Gelassen bleiben
Wenn der Anruf mit dem Jobangebot dann kommt, ist Ruhe Trumpf. Fragen nach dem Namen der suchenden Firma oder dem Gehalt sind im Erstgespräch tabu. Lieber um eine anonymisierte Stellenbeschreibung und etwas Bedenkzeit bitten. Bei Interesse Lebenslauf schicken und schon mal über geeignete Referenzgeber nachdenken. Wichtig ist, dass der Headhunter auch wirklich ein exklusives Mandat für die Suche hat. - Souverän auftreten
Gespräche mit der Zielfirma sollten sorgfältig vorbereitet werden. Geschickter als einfach Fragen zu beantworten ist es, eigene Impulse zu setzen und zu erklären, welche Akzente man im Erfolgsfall im neuen Job setzen möchte. Vorsicht: Auch hier sind die Unterschiede zwischen einzelnen Headhuntern groß. Ein seriöser Personalberater wird seine Kandidaten intensiv auf anstehende Gespräche vorbereiten und auch ausloten, ob das Angebot zu ihren langfristigen Karriere-Zielen passt. - Früh anfangen
Wer aufsteigen will, sollte nicht warten, bis ihn ein Headhunter anruft. Es lohnt sich, früh selbst Kontakte zu Personalberatern zu knüpfen - spätestens ab Mitte 30. - Klug auswählen
Einen Standardlebenslauf an möglichst viele Adressen zu senden ist ungeschickt und wirkt austauschbar. Deshalb gut überlegen, welche Personalberatung über die nötige Expertise und Vernetzung in der jeweiligen Branche verfügt. Der Erstkontakt kommt idealerweise durch persönliche Empfehlung zustande. Auch die Unterstützung bei anderen Suchen - durch Einschätzungen oder Referenzen - ist ein guter Türöffner.
Für Personalberater stellen die Werbeprogramme zwar eine Konkurrenz dar, doch Matthias Busold sieht es sportlich. Sein Unternehmen wird in der Regel dann beauftragt, wenn Firmen für eine Position keinen passenden Kandidaten finden. Meistens erfährt der Hamburger Headhunter nichts über die Gründe. "Ich frage zwar immer, doch meistens kommt keine ganz ehrliche Antwort." Kürzlich nun überraschte den Personalberater ein Auftraggeber. Das Unternehmen hatte viele Jahre über Mitarbeiterprogramme Bewerber gewonnen und auch ordentliche Prämien gezahlt.
Doch die Fluktuation war hoch. Schließlich stellte sich heraus, dass einige Angestellte daraus ein Geschäftsmodell entwickelten: "Sie fragten in ihrem Bekanntenkreis, wer einige Zeit dort arbeiten wollte, kassierten die Prämie und der neue Kollege kündigte einige Monate nach der Probezeit wieder, weil er nicht an einer Festanstellung interessiert war", erzählt Busold.
Auch wenn solche Beispiele sicherlich eine Ausnahme bleiben, sollten Firmen genau überlegen, für welche Vermittlung sich eine Vergütung lohnt. "Für angeworbene Praktikanten sollte es kein Geld geben, für Berufserfahrene sehe ich bei 1000 Euro als Anerkennungsprämie eine Obergrenze. Auch Incentives wie freie Tage oder ein Wellness-Wochenende können eine Alternative zu Geldprämien sein", schlägt Professor Quenzler vor.