Evidenzbasierte Personalauswahl
Wie Sie erfolgreiche IT-Manager erkennen
- Fachkundige IT-Profis sind nicht automatisch geeignete und gute Führungskräfte.
- Eine falsche Personalentscheidung ist nicht nur teuer, sie lässt sich im Nachhinein auch kaum mehr korrigieren.
- Der Faktor Intelligenz beeinflusst den beruflichen Erfolg weit weniger als häufig vermutet.
Kaum eine Technologie hat im Rahmen der digitalen Transformation für den Unternehmenserfolg so an Bedeutung gewonnen wie die Informationstechnik. Galt die DV früher vor allem als Kostenfaktor, hat sich die IT mit der Entwicklung der Industrie 4.0 als Innovationstreiber für Strategien, Prozesse sowie Produkte und damit als zentraler Bestandteil des Unternehmenskerns etabliert.
Die Verschmelzung von Produktionstechnik mit der Informations- und Kommunikationstechnologie steigert jedoch auch erheblich die Anforderungen an das Führungspersonal. Eigenschaften wie Offenheit für neue Ideen, vernetztes und systemisches Denken sowie eine hohe Lern- und Veränderungsbereitschaft rücken zunehmend in den Vordergrund. CIO, Abteilungsleiter, Teamleiter und Projektmanager müssen heute mehr können, als Systeme und Programme am Laufen zu halten. Sie sollen Strategien und Prozesse entwickeln, die die Wertschöpfung steigern und maßgeblich zum zukünftigen Unternehmenserfolg beitragen.
Fehlbesetzte IT-Manager kosten viel Geld
Hochkomplexe und innovative Aufgaben lösen, die Verantwortung für Mitarbeiter tragen und Unternehmen erfolgreich durch Change-Prozesse begleiten, erfordert Führungskraft mit hohem Potenzial. Fehlbesetzungen auf solchen IT-Positionen verursachen hohe Kosten. Zum Beispiel durch
die notwendige Neubesetzung der Stelle,
gescheiterte IT-Projekte sowie
den Leistungsverlust frustrierter Mitarbeiter.
Es ist daher von größter Wichtigkeit, bereits im Vorfeld den passenden Kandidaten zu identifizieren und auszuwählen. Unternehmen sollten dabei auf Methoden setzen, mit denen sich die Leistungsfähigkeit einer potenziellen Führungskraft zuverlässiger vorhersagen lässt. In der Praxis müssen für das Recruiting von IT-Positionen drei Kernfragen geklärt sein:
Welche Leistungen soll der Kandidat bringen?
Wie werden relevante Persönlichkeitsmerkmale, Kompetenzen und Potenziale ermittelt?
Welche Methoden liefern bei der Auswahl valide Ergebnisse?
Fachkraft oder Führungskraft
Gerade im IT-Bereich herrscht für fast alle Positionen ein chronischer Fachkräftemangel. Entsprechend knapp ist auch der Pool geeigneter Kandidaten mit Fach- und Führungserfahrung beziehungsweise mit solchem Potenzial. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter in der IT - anders als in anderen Bereichen - bisher selten die Option hatten, sich zwischen Fach- und Führungskarriere zu entscheiden. Stattdessen erhalten hoch qualifizierte IT-Profis nicht nur die fachliche Verantwortung für Detailaufgaben und Teilprojekte, sondern häufig auch für die Projektleitung und damit auch für die FührungFührung von Mitarbeitern. Sie müssen immer größere Teams managen, unabhängig davon, ob sie dafür die Kompetenz mitbringen. Alles zu Führung auf CIO.de
Der ausschließliche Blick auf die fachlichen Kenntnisse, auf operative Erfahrungen und selbst auf bisherige Teamleitererfahrungen reicht häufig nicht aus, um das Leistungsvermögen für zukünftige Aufgaben richtig einzuschätzen. Die zunehmende Bedeutung der IT führt zwangsläufig zu einer höheren Verantwortung der Führungskräfte für den Unternehmenserfolg.
Neben Teamgröße und -zusammensetzung müssen die erfolgsrelevanten Wesensmerkmale und Fähigkeiten für die jeweilige Position bestimmt werden. Noten aus Abitur und Studium verlieren hier an Aussagekraft. Gefragt sind Persönlichkeiten mit einem hohen Potenzial. Motivation, Flexibilität, Engagement, aber auch die Entschlossenheit, trotz auftretender Probleme für die Zielerreichung zu kämpfen, sollten im Mittelpunkt stehen. Für das Führungspersonal bedeutet dies, dem Management von Kompetenzen, den Möglichkeiten der Führungskraft sowie der Potenzialförderung mehr Beachtung zu schenken.
Prognose zukünftiger Leistungen
Bei der Besetzung von Führungspositionen ist es gefährlich, bisherige Erfolge und Leistungen eines Kandidaten von ihm ohne Weiteres auch in Zukunft zu erwarten. Selbst auf der gleichen Führungsebene sind in hoch innovativen Feldern wie der IT die Aufgaben sehr differenziert und die Teams zunehmend interdisziplinär zusammengesetzt.
Um die High Performer auf den aktuellen Stellen von den High Potentials für den nächsten Karriereschritt valide zu unterscheiden, wird in Auswahlverfahren häufig ausschließlich die Persönlichkeit des Kandidaten mittels Vorstellungsgesprächen, unstrukturierter Interviews oder unbrauchbarer standardisierter Tests ermittelt. Dies geschieht zumeist mit Fragebögen zur Selbsteinschätzung der sogenannten Big Five, sprich der Eigenschaften
Offenheit für neue Erfahrung,
Verträglichkeit und
Gewissenhaftigkeit.
Aber Vorsicht: Diese "Diagnose-Tools" können die Persönlichkeit eines Kandidaten zwar beschreiben, für die Einschätzung des zukünftigen Erfolgs sind sie jedoch weitgehend ungeeignet. Schon vor über 15 Jahren haben wissenschaftliche Studien aus der Neuro- und Entwicklungspsychologie, der Persönlichkeits-, Emotions- und Motivationsforschung die Unzuverlässigkeit von typenbildenden Persönlichkeitstests dokumentiert.
Der Faktor Intelligenz wird überschätzt
Von den fünf Merkmalsdimensionen der Big Five können nur die Dimensionen Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität valide mit der zukünftigen beruflichen Leistung in Verbindung gebracht werden. Auch der Faktor Intelligenz beeinflusst nach aktuellen Studien den beruflichen Erfolg weit weniger als häufig vermutet: Bereits die Kombination von Selbst- und Fremdeinschätzung kann die Vorhersagegüte von kognitiver Intelligenz übersteigen.
Intelligenz korreliert zwar signifikant mit der Motivation für die berufliche Leistung und ist somit eine wichtige Voraussetzung für den Leistungswillen und die Leistungsfähigkeit der Kandidaten. Mehrere Langzeitstudien haben jedoch nachgewiesen, dass Faktoren wie Beharrlichkeit und Ausdauer eine deutlich zuverlässigere Prognose über den zukünftigen beruflichen Erfolg ermöglichen.
Indikatoren und Instrumente
Die evidenzbasierte Personaldiagnostik nutzt relevante und valide Erkenntnisse der Persönlichkeitspsychologie, Neurowissenschaft, Epigenetik, Soziologie und anderen Forschungsrichtungen für die Personalauswahl. In zahlreichen Studien konnte valide ermittelt werden, dass die wesentlichen Indikatoren für den beruflichen Erfolg im Bereich der bisher oft vernachlässigten nichtkognitiven Fähigkeiten liegen. Anhand von Indikatoren wie der Selbstkontrolle mit den Aspekten Gewissenhaftigkeit, Ausdauer und Selbstdisziplin, Willensstärke sowie Motivation und Resilienz lässt sich ein Berufserfolg mit hoher Wahrscheinlichkeit prognostizieren.
- Gute Führung: Man hat die Wahl
Die Führungskräftetrainer von Franklin Covey unterscheiden zwischen einer durchschnittlichen und einer großartigen Führungskraft und machen das an verschiedenen Kennzeichen fest. - Vier Kennzeichen einer durchschnittlichen Führungskraft:
1. Formelle Autorität: Ich erziele Ergebnisse aufgrund meiner Position
2. Solange die Leute eine klare Stellenbeschreibung haben, werden sie schon zurecht kommen
3. Alles hängt von mir ab
4. Ich muss meine Leute ständig motivieren und managen, um Ergebnisse zu erzielen- Vier Kennzeichen einer großartigen Führungskraft
1. Informelle oder moralische Autorität: Ich erziele Ergebnisse über persönlichen Einfluss und Glaubwürdigkeit
2. Wenn es einen klaren und überzeugenden Auftrag gibt, werden die Leute freiwillig ihr Bestes geben
3. Dauerhafter Erfolg steckt im System
4. Meine Aufgabe ist es, das Talent und die Leidenschaft des Teams für unsere höchsten Prioritäten freizusetzen
Psychosoziale Einflüsse in der Kindheit sind prägend
Diese Eigenschaften werden weniger in der universitären Ausbildung und dem Berufsleben der Kandidaten geprägt, sondern durch positive psychosoziale Einflüsse in den ersten Lebensjahren, im späteren Kindesalter sowie in der Jugend geformt. Durch die klassischen Test- und Auswahlverfahren werden diese Faktoren bisher kaum oder gar nicht berücksichtigt. Zudem sind Lebenslaufanalysen und allgemeine Interviews auch methodisch nicht geeignet, intrinsischen Motiven auf die Spur zu kommen.
Kompetenzprüfung und narratives Interview
Die evidenzbasierte Personaldiagnostik erweitert die notwendige fachliche Kompetenzprüfung daher um die Technik des narrativen Interviews, das einen individuellen Erzählfluss zum Ziel hat und biografische Einblicke in die Kindheit und Jugend sowie in die unbewussten Handlungsantriebe der Kandidaten erlaubt. Diese Technik erfordert Zeit, Erfahrung und die Fähigkeit, eine offene Gesprächsatmosphäre herzustellen.
Eine Investition, die sich lohnt, denn die Erfolgsquote bei der Führungskräfteauswahl lässt sich nach Studien und der Erfahrung der Autoren aus der Besetzung vieler Führungspositionen auf über 85 Prozent erheblich steigern. Das macht die Beschäftigung mit diesem wissenschaftlich fundierten Ansatz und den Einsatz von evidenzbasierten Methoden zu einer sinnvollen Investition.
Drum prüfe, wer sich länger bindet
Eine falsche Personalentscheidung ist nicht nur teuer, sie lässt sich im Nachhinein auch kaum mehr korrigieren. 80 Prozent des Erfolgs einer Führungskraft werden Studien zufolge durch die Auswahl und nur 20 Prozent von späteren Förder- und Entwicklungsmaßnahmen beeinflusst. Angesichts der Bedeutung der IT für den Unternehmenserfolg lohnt es sich gerade für diesen Bereich, die ausgetretenen Pfade der Personalauswahl zu verlassen und sich den aktuellen Stand der Forschung zunutze zu machen.
Das ist der Erfolg der evidenzbasierten Personaldiagnostik: Sie setzt zur Vorhersage der Leistungen einer Führungskraft auf die Ermittlung der Persönlichkeit und der notwendigen Kompetenzen, vor allem aber auf evidente Indikatoren und wissenschaftlich geprüfte Zusammenhänge, um den passenden Kandidaten für die jeweilige Position zu ermitteln.