Cloud Computing


Microsoft auf Irrwegen

Windows aus der Cloud - im Ernst?

Preston Gralla ist Redakteur bei Computerworld, Blogger bei ITworld und Autor von mehr als 45 Büchern, darunter "NOOK Tablet:The Missing Manual" (O'Reilly 2012) und "How the Internet Works" (Que, 2006).
Wenn es nach Microsoft geht, werden Nutzerinnen und Nutzer Windows künftig im Abo beziehen und direkt aus der Cloud laden. Für die Verbraucher würde das nichts Gutes bedeuten.
Gibt es den Windows Blue Screen demnächst frisch aus der Azure-Cloud?
Gibt es den Windows Blue Screen demnächst frisch aus der Azure-Cloud?
Foto: Tea Talk - Shutterstock.com

Microsofts großes Comeback der vergangenen Jahren hat wenig mit dem Windows-Betriebssystem und viel mit Cloud ComputingCloud Computing zu tun. Das Unternehmen ist neben Amazon Web Services (AWS) zum führenden Anbieter von Cloud-Diensten für Unternehmen aufgestiegen und hat viele seiner Produkte auf die Cloud umgestellt. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Zum Beispiel Office: Es ist noch nicht so lange her, da kauften Unternehmen und Verbraucher eine Client-Version der Büro-Suite, zahlten dafür ein Mal, und nutzten sie dann so lange wie sie wollten. Das ist heute bekanntlich anders: Gekauft wird jetzt in der Regel ein Monats- oder Jahresabo, das über die Cloud ständig aktualisiert wird. Für MicrosoftMicrosoft ist das schön, es bedeutet eine Menge zusätzlicher wiederkehrender Einnahmen. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Ein Jahresabo für Windows - mit Streaming auf den PC

Nun plant der Softwarekonzern, dasselbe mit Windows zu tun - sogar mit einem noch stärkeren Fokus auf die Cloud. Wenn es nach Microsoft geht, werden Nutzerinnen und Nutzer künftig ein Jahresabo für Windows bezahlen und das System direkt aus der Cloud auf ihre PCs und Notebooks laden.

Zumindest ist das die Vision, die das Unternehmen vor einem Jahr in einer internen Präsentation zur Lage des Unternehmens dargelegt hat. Das wurde kürzlich im Rahmen einer Anhörung bekannt, in der die FTC - offenbar vergeblich - versuchte, die 68,7 Milliarden Dollar teure Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft zu verhindern.

In einer Passage mit der Überschrift "Long Term Needle-Moving Opportunities" schreibt Microsoft dort, wie wichtig es sei, Windows in Zukunft Cloud-basiert anzubieten: "Windows 11 immer weiter in die Cloud verlagern: Auf Windows 365 aufsetzen, um ein vollständiges Windows-Betriebssystem zu ermöglichen, das aus der Cloud auf jedes Gerät gestreamt wird. Die Leistung der Cloud und des Clients nutzen, um verbesserte KI-gestützte Dienste zu ermöglichen und die digitale Erfahrung der Menschen zu vervollständigen."

Für Unternehmen ist Windows aus der Cloud schon Realität

Um besser zu verstehen, worum es geht, muss man wissen, dass Windows 365 eine Cloud-basierte Version von Windows 10 oder 11 für Unternehmen ist. Windows wird in der Azure Cloud gehostet und ist via Browser zugreifbar - genauso wie Anwendungen, Daten, Inhalte und Einstellungen.

Ganz gleich, ob Sie einen PC zu Hause, einen anderen im Büro oder einen dritten auf Reisen nutzen, Sie erhalten immer dieselbe Version von Windows mit allen Anwendungen, Daten und Einstellungen. Das hat viele Vorteile: Sie können Ihr Büro verlassen und zu Hause mittels Windows 365 genau da weitermachen, wo sie im Office aufgehört haben.

Einzelne Mitarbeiter müssen sich nicht mehr mit technischen Problemen an ihrem Rechner beschäftigen, das obliegt nun allein der IT-Abteilung, die sich um das Beheben von Netzwerk-, WLAN-, Lade- oder sonstigen Problemen kümmert. Microsoft verspricht auch mehr Sicherheit, wenn es gilt, entfernte Mitarbeiter anzubinden. Die zentrale IT kontrolliert die Sicherheitseinstellungen der PCs aller Beschäftigten als Gesamtheit. Sie spart Zeit beim Einarbeiten neuen Personals, da die Hardware erheblich schneller eingerichtet ist. Für Unternehmen wird es auch einfacher, Zeitarbeitskräfte einzusetzen, da diese schnell mit dem Cloud-basierten Windows ausgestattet werden können.

Ein einheitliches Windows-System aus der Cloud für alle Endgeräte: Für Microsoft würden die Abogeschäfte blühen.
Ein einheitliches Windows-System aus der Cloud für alle Endgeräte: Für Microsoft würden die Abogeschäfte blühen.
Foto: Microsoft

Windows 365 - ein OS auch für Privatkunden?

Microsofts Präsentation zeigt, dass Privatanwender ebenfalls an das Windows-365-Modell herangeführt werden sollen. So ist bei Windows Central zu lesen, dass es auch ein Cloud-basiertes Familienabonnement für Windows 365 geben könnte, so dass entfernte Eltern ihren Kindern beispielsweise live bei den Hausaufgaben helfen können. Dem Bericht zufolge wird ein monatlicher Preis von zehn Dollar diskutiert, aber das ist wohl Spekulation.

Heute zahlen die Verbraucher nicht direkt für Windows, sondern für den PC oder Laptop, auf dem Windows vorinstalliert ist. Die Kosten sind im Kaufpreis des Geräts enthalten. Nach der Einmalzahlung sind sie von weiteren Kosten befreit. Dabei bekommen sie immer die neuesten Updates, denn Windows aktualisiert sich automatisch.

Microsoft hat kürzlich mitgeteilt, dass weltweit mehr als eine Milliarde Menschen Windows verwenden, die meisten davon sind einzelne Anwender. Wenn nur ein Prozent davon ein Windows-365-Abonnement abschließen würde, brächte das dem Konzern zusätzliche Einnahmen von 100 Millionen Dollar pro Monat in die Kasse, also 1,2 Milliarden Dollar pro Jahr. In kürzester Zeit dürften also die Windows-Einnahmen schwindelerregende Höhen erreichen.

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