Nachklapp Value Chain Forum, Friedrichshafen
Workshop eHealth: Potenziale für Vernetzung längst nicht ausgeschöpft
1. Vernetzungsfähigkeit im Gesundheitswesen (Dr. Peter Rohner und Tobias Mettler, Universität St. Gallen)
Der erste Teil des Workshops galt dem Thema der Vernetzungsfähigkeit des Gesundheitswesens. Unter dem Begriff Vernetzungsfähigkeit wird die Fähigkeit verstanden, sich mit Partnern der Wertschöpfungskette rasch (sogar ad hoc) und mit geringen Kosten verbinden zu können, um Leistungen gemeinsam zu erbringen. Es wurde gezeigt, dass aufgrund der heutigen Merkmale des Schweizerischen Gesundheitswesens und ohne ein geeignetes Gegensteuern (durch Steigerung der Vernetzungsfähigkeit der einzelnen Akteure) die Ausgaben (aktueller Anteil am Schweizer BIP von ca. 12.5%) weiterhin stark ansteigen werden (ca. 4 bis 5% p.a.). Als geeignetes Framework für die Einordnung und Lösung der komplexen Aufgabenstellungen wurde ein auf das Gesundheitswesen adaptiertes St. Galler Business Engineering (Landkarte, Modelle, Methoden) vorgestellt.
Keine Kostendiskussion auf politischer Ebene
Des Weiteren wurde dargelegt, dass durch aktive Bearbeitung von sog. Gestaltungsobjekten auf der Landkarte des Business Engineering sich die Vernetzungsfähigkeit der einzelnen Organisation, aber auch der Branche steigern und (anhand eines Reifegradmodells) messen lässt. Der vorgestellte Ansatz wurde von den Teilnehmern als geeignet für die Bewältigung heutiger Herausforderungen empfunden und diente als Grundlage für eine abwechslungsreiche Diskussion. Insbesondere war man froh, dass nicht eine Kostendiskussion auf politischer Ebene geführt, sondern konstruktive Vorschläge gezeigt wurden, welche jedes Unternehmen selbst umsetzen könnte.
2. Vernetzungsfähigkeit als Basis für logistische Prozesse im Gesundheitswesen (Dr. Peter Rohner und Tobias Mettler, Universität St. Gallen)
Im zweiten Teil des Workshops wurde gezeigt, dass auch im Gesundheitswesen industrielle Konzepte, speziell das Supply Chain Management, eingesetzt werden können, um Prozesse in Spitälern zu optimieren. Dabei müssen aber die Besonderheiten der Leistungserstellung von Spitälern, wie z. B. die permanente Leistungsbereitschaft, die begrenzte Planbarkeit diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Leistungen berücksichtigt werden. Zielkonflikte sind aufgrund der Aussage „Die Qualität der medizinischen Versorgung steht über allem“ vorprogrammiert. Dennoch verspricht der Einsatz industrieller Konzepte hohe Optimierungspotenziale. Heutige Bemühungen bei Spitälern fokussieren stark auf die Beschaffungslogistik, welche lediglich die Spitze des Eisberges repräsentiert. Eine maximale Nutzenausschöpfung ergibt sich erst, wenn ebenfalls die Prozesse neu gestaltet, gemessen und die notwendigen Anreizsysteme geschaffen werden.
3. Spitallogistik – Ein Beispiel aus der Praxis (Dr. Olivier Tschudi, PostLogistics)
Anhand eines konkreten Praxisbeispiels wurde gezeigt, wie die Spitallogistik praktisch umgesetzt werden kann. Dabei wurden konkrete Beispiele für die Ausgestaltung der überbetrieblichen Prozesse und verschiedene Versorgungskonzepte vorgestellt. Des Weiteren wurden Fragen wie z. B. In- vs. OutsourcingOutsourcing oder Alleingang vs. Verbund behandelt. Auch wurde anhand eines Modells aufgezeigt, was eine Optimierung der Logistikkette eines Spitals schlussendlich an Einsparungen bringt. In der anschliessenden Diskussion wurde das vorgestellte Modell kritisch beurteilt.
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So entstanden Fragen, wie z.B.
• „Was sind die Treiber, damit sich ein Spital für ein Outsourcing entscheidet?“
• „Wie weit verändert das vorgestellte Modell die Organisations- und Systemebene des Spitals?“
• „Wie werden die Rollen in einem Spitalverbund geregelt?“
• „Wie sieht die Ausgestaltung von Service-Level-Agreements aus?“
Auch äusserte man sich in der Diskussion kritisch bezüglich der fehlenden Anreizstrukturen im schweizerischen Gesundheitswesen, die der Implemenatation solcher Modelle entgegenstehen. Nichtsdestotrotz war man sich einig, dass die Optimierung der Logistikkette wesentliche Vorteile qualitativer, aber auch quantitativer Art schafft und dass sich diese Tatsache mit der Zeit auch ins Bewusstsein der Spitalverantwortlichen bringen lässt.