Reden, zuhören, entwickeln
Ein Tag im Leben eines IT-Beraters
8.00 Uhr: Im Großraumbüro sind noch viele der Schreibtische leer, Clemens Blamauer und Melanie Kehr nutzen die Stille des Morgens, um sich auszutauschen. Für den IT-Berater und die Projektleiterin ist es das erste von vielen Meetings im Laufe des Tages, aber die einzige Gelegenheit, gemeinsam den aktuellen Stand des Projektes zu überprüfen: Seit über einem Jahr passt das Accenture-Team die Standardsoftware an die Anforderungen des Kunden im Bereich Accounting an. Ein komplexes Unterfangen, da hier die unterschiedlichsten Transaktionen korrekt verbucht und gesetzliche Vorgaben der einzelnen Länder berücksichtigt werden müssen. "Das System muss hochperformant sein, da pro Tag über 100.000 Transaktionen verbucht werden müssen", beschreibt der Wirtschaftsinformatiker.
8:30 Uhr: Blamauer, der im Beraterteam für die Entwickler verantwortlich ist und selbst die Architektur für einige Kernkomponenten entworfen hat, klickt sich rasch durch die Powerpoint-Folien. Wie komplex die Softwarearchitektur ist und wie vielfältige Prozesse sie abbilden muss, lässt die verästelte Grafik erkennen, die nicht mehr viel Platz auf der Folie lässt. Ein kurzer Blick auf die E-Mails. Blamauer atmet auf, keine Meldungen über kritische Bugs, die in den nächsten Stunden bearbeitet werden müssten.
9:00 Uhr. Am Empfang holt Blamauer die beiden Accounting-Spezialistinnen Aparna und Bakul ab. Die jungen Inderinnen aus dem Delivery-Center von Accenture in Mumbai sind für drei Monate nach München gekommen. Blamauer, der bereits während des Studiums in einem EU-weiten Forschungsprojekt gearbeitet hat, ist froh, dass die Kolleginnen vor Ort sind: "Verteilte virtuelle Teams sind eine Herausforderung. Man arbeitet mit Menschen aus anderen Kulturen zusammen, bevor man sie persönlich kennengelernt hat. Am Telefon gibt es kein Feedback durch Gesten oder Mimik. Man ist ganz auf die Sprache angewiesen, und in der Regel ist Englisch ja für keinen der beiden Gesprächspartner die Muttersprache."
Reden, zuhören, erklären, in den nächsten Stunden wird Blamauer mehr Englisch als Deutsch sprechen, seine Kollegen kommen aus Indien, der Slowakei, Großbritannien und Australien. Selbst mit den Beratern aus Frankfurt redet Blamauer oft Englisch, um die anderen nicht auszuschließen. Für den Österreicher Blamauer ist Englisch inzwischen selbstverständlich. Selbst in seinem Notizbuch, in das er bei jedem Gespräch, jedem Meeting und jedem Telefonat schreibt, findet sich kein einziger deutscher Satz mehr.