Deloitte-Analyse
Treiber und Risiken beim Insourcing
Lange nach Etablierung und Marktreife des Outsourcings hinterfragen Unternehmen zunehmend kritisch ihre derzeitigen Auslagerungssituationen. Während die letzten beiden Dekaden von IT-Service-Auslagerung geprägt waren, werden mittlerweile extern erbrachte Dienstleistungen zunehmend ins eigene Unternehmen zurückgeholt.
Der überwiegende Teil der Unternehmen, die bestehende Outsourcing-Verträge beenden, entscheidet sich zwar nach wie für einen Service-Transfer zu einem anderen externen Anbieter. In 34 Prozent der Fälle lagern Unternehmen allerdings wieder ein (Deloitte-Studie "From Bangalore to Bosten - the trend of bringing IT back in-house", Februar 2013). Insourcing kann als valide Handlungsoption angesehen werden, wie die folgende Analyse der Treiber und Risiken zeigt.
Die drei wesentlichen Treiber für Insourcing-Entscheidungen
1. Höhere Servicequalität und Kundenzufriedenheit
Der stärkste Insourcing-Treiber ist der Wunsch nach Verbesserung von IT-Servicequalität und Kundenzufriedenheit, da die tatsächliche Güte der ausgelagerten Services häufig nicht den Erwartungen entspricht - beispielsweise bedingt durch erhöhte StandardisierungStandardisierung aufseiten des externen Anbieters. Diese wirkt sich hier zwar positiv auf die Kosten, jedoch negativ auf die wahrgenommene Qualität aus. Alles zu Standardisierung auf CIO.de
Call-Center-Offshoring kann beispielsweise aufgrund von Sprachproblemen und Kulturdifferenzen genau diesen Effekt erzeugen. Der Optimierungswunsch tritt insbesondere auf, wenn es sich um ausgelagerte Funktionen an der Kundenschnittstelle handelt. Im Insourcing sehen viele Unternehmen ein probates Mittel zur Verbesserung von Servicequalität und Kundenzufriedenheit.
2. Verbesserung der Kontrolle
Ein weiterer zentraler Treiber ist das Streben nach Kontrollverbesserung bei bestimmten IT-Funktionen. Der Kontrollaspekt hat beim OutsourcingOutsourcing stets eine wichtige Rolle gespielt. Oftmals rückt er jedoch bei sehr umfangreichen Vorhaben durch die Priorisierung von Kostenreduktion und/oder anderer strategischer Gesichtspunkte in den Hintergrund. Alles zu Outsourcing auf CIO.de
Dies kann zu einer Auslagerung von IT-Funktionen mit strategischer Bedeutung führen, die einen unvorteilhaften Kontrollverlust mit sich bringt. Zu betroffenen Funktionen zählen beispielsweise die IT-Architekturentwicklung oder die Programmierung geschäftskritischer Systeme.
Je nach IndustrieIndustrie und Art des Outsourcings beeinflussen regulatorische Überlegungen die Notwendigkeit bzw. das Streben nach einer verbesserten Kontrolle. So kann das Offshoring bestimmter IT-Services problematisch werden, sofern es regulatorisch notwendig ist, diese in dem Land zu erbringen, in welchem sich die Kunden befinden. Top-Firmen der Branche Industrie
Der Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) beinhaltet zum Beispiel entsprechende Vorgaben. Insourcing erhöht die Kontrollmöglichkeiten und adressiert zugehörige Probleme effektiv.
3. Kostenreduktion
Kostenreduktion ist die Hauptmotivation für Outsourcing. Daher mag es paradox erscheinen, dass sie auch den drittwichtigsten Grund für Insourcing darstellt. Erklären lässt sich dies durch eine Fehleinschätzung der Einsparungen sowie der Leistungsqualität bei der Auslagerungsentscheidung.
Nicht selten sinken zunächst die Kosten durch Outsourcing, jedoch geht dies dann mit einer Standardisierung und Verringerung der Servicequalität einher. Das führt wiederum verstärkt zu Änderungswünschen, sogenannten Change Requests, die für einen rapiden Kostenanstieg sorgen und das Auslagerungsverhältnis schnell finanziell unattraktiv werden lassen.
Der Aufbau einer umfangreichen internen Qualitätsüberprüfung zur Sicherstellung vereinbarter Service-Levels ist ein weiterer Grund für einen unerwarteten Kostenanstieg im Outsourcing. Diese Aspekte zeigen, dass Auslagerungsverhältnisse nicht immer die erhoffte Kostenersparnis erzielen. Hier kann Insourcing die kostengünstigste Alternative sein.
Die Risiken beim Insourcing
Über drei Viertel der Unternehmen sind mit dem Insourcing nach Kündigung eines Outsourcing-Vertrags zufrieden oder gar sehr zufrieden. Dies zeigt umso mehr, dass Insourcing eine ernstzunehmende Sourcing-Alternative darstellt. Nichtsdestotrotz sind beim Entscheidungsprozess folgende Risiken zu berücksichtigen:
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Es muss ausreichend Know-how im Unternehmen verblieben sein. Steht dieses nicht zur Verfügung oder werden die benötigten Ressourcen nicht korrekt eingeschätzt, kommt es zu unangenehmen und kostspieligen Engpässen.
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Unternehmen müssen selbst dafür sorgen, dass sie schnelllebigen IT-Entwicklungen nicht hinterherhinken. Bei Insourcing können sie sich nicht mehr auf die Zulieferung von außen verlassen.
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Outsourcing-Leistungen werden häufig klar definiert, zugewiesen und vertraglich durch Service Level Agreements (SLAs) fixiert. Da hierauf bei einer internen Leistungsbeziehung oftmals verzichtet wird, besteht das erhöhte Riskio einer Qualitätsminderung.
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Ein weiteres Risiko stellt "Betriebsblindheit" dar. Ein möglichst objektiver Blick auf die eigenen Prozesse und Strukturen ist beim Insourcing nicht immer gewährleistet, so dass Verbesserungsmöglichkeiten und potentielle Effektivitätsgewinne übersehen werden und die Innovationsfähigkeit des Unternehmens sinkt.
Fazit
Die Fortführung eines Outsourcing-Verhältnisses muss nicht immer die beste Wahl sein. Immer öfter beenden Firmen Auslagerungssituationen und transferieren extern erbrachte IT-Services und -Funktionen mit zufriedenstellendem Ergebnis zurück ins eigene Unternehmen. Wesentlicher Treiber hierfür sind die Verbesserung von Servicequalität, Kundenzufriedenheit und Kontrolle sowie Kostenreduktion.
Bei Insourcing-Vorhaben muss sichergestellt werden, dass ausreichend Know-how im eigenen Unternehmen vorhanden ist, Innovations- und Verbesserungenkompetenzen bestehen und die Servicequalität nicht aufgrund fehlender vertraglicher Regelungen leidet.
Peter Ratzer ist Partner und Andreas Klein ist Senior Manager bei Deloitte.