Aufstieg in der IT

Sind Externe die besseren Chefs?

Bettina Dobe war Autorin für cio.de.
Eine Führungskraft verlässt das Unternehmen. Nun muss Ersatz her. Doch wo suchen: intern oder extern? Wer ist der bessere Manager?
Wer wird der Neue auf der freien Stelle? Wie ein Unternehmen seine Führungskräfte besetzt, wird von vielen Faktoren beeinflusst.
Wer wird der Neue auf der freien Stelle? Wie ein Unternehmen seine Führungskräfte besetzt, wird von vielen Faktoren beeinflusst.
Foto: Photo-K - Fotolia.com

Gerade für Führungspositionen ist die Frage entscheidend: Soll die frei gewordene Stelle lieber an einen internen Kandidaten gehen, der die Firma schon kennt, oder ist einen Bewerber von außerhalb besser, der frischen Wind mitbringt? "Pauschal kann man das nicht sagen", sagt Personalberaterin Madeleine Braunwarth von der Schickler Personalberatung. Aber es gebe einige Indikatoren, die bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein können, fügt sie hinzu. Ob ein externer Kandidat für eine bestimmte Position besser geeignet sei, hänge von den Aufgaben und den Zielsetzungen der Vakanz ab. Die Personalabteilung und der Betriebsrat spielten ebenfalls eine wichtige Rolle.

Generell gibt es zwei Faustregeln für die Besetzung von Stellen:

1. Know-how lieber von extern

Dr. Egmont Foth, CIO von SAG, hat sich Know-How von extern geholt.
Dr. Egmont Foth, CIO von SAG, hat sich Know-How von extern geholt.
Foto: Carl Zeiss Vision

In Sachen Fachwissen punkten Externe besonders, weiß die Expertin. Gerade auf Führungsebene könne eine Besetzung von außen sinnvoll sein, "wenn eine Firma sich strategisch neu ausrichten will", so Braunwarth. Dazu brauche es oft Know-how von außen und Wissen über Prozesse, die interne Mitarbeiter naturgegeben nicht mitbringen könnten. Die Personalberaterin nennt das Beispiel Einführung von SaaS-Lösungen, wo interne Mitarbeiter häufig noch unerfahren seien, manch Externer arber bereits Erfahrungen sammeln konnte.

Das weiß auch SAG-CIO Egmont Foth zu berichten: "Ich habe bei SAG eine neue zentale IT-Organisation aufgebaut und musste Positionen besetzen, die es vorher im Unternehmen nicht gab. Und da gab es niemanden, der sich intern dafür bewarb."

Microsoft fährt dieselbe Strategie: "Wir suchen hauptsächlich nach Externen, wenn wir ein neues Produkt einführen: Im Bereich Devices zum Beispiel haben wir auch interne Talente", sagt Andreas Sattler, Personalentwicklungsleiter bei Microsoft Deutschland. Gerade in Bezug auf Geräte hat Microsoft große Konkurrenz und einen gewissen Nachholbedarf. "Hier lohnt es sich für uns, aber auch extern nach Kandidaten mit entsprechendem Fach Know-how zu suchen", sagt der Microsoft-Personaler.

2. Interne kennen den Laden

Und wenn die Strukturen passen, die Firma auf dem Markt gut aufgestellt ist, aber trotzdem eine Stelle zu besetzen ist? Dann sind meist Interne die bessere Lösung. "Interne haben den Vorteil, dass sie sich nicht komplett neu einarbeiten müssen. Sie kennen die Umgebung schon", sagt SAG-CIO Foth. "Man kann einen Job erst dann gut erfüllen, wenn man weiß, wie das Unternehmen funktioniert und wenn man die Menschen kennt." Das kann dauern. Aber so viel Zeit hat eine Firma unter Umständen nicht und greift daher gern zu bereits vorhandenen Mitarbeitern.

Interne kenne ihre Kollegen und die Unternehmsnkultur. Eine lange Einarbeitungsphase fällt weg.
Interne kenne ihre Kollegen und die Unternehmsnkultur. Eine lange Einarbeitungsphase fällt weg.
Foto: Gabi Moisa, Fotolia.de

Viele Firmen definieren sich immer stärker über ihre Werte, die sie den Mitarbeitern vermitteln wollen, und die Arbeitsatmosphäre, die sie ihren Angestellten bieten. Die Unternehmenskultur ist viel wichtiger, als sich manche Führungskraft eingestehen will. Daher gilt bei der Besetzung von höheren Stellen im Unternehmen: "Jede Führungskraft muss sich an unsere Unternehmenskultur anpassen", sagt Microsoft-Mann Sattler. Sein Plädoyer: Stimmt der "cultural fit" nicht, sollte der Kandidat nicht eingestellt werden.

Eine Fehlbesetzung wirkt sich auch auf die Angestellten aus. "Immer mehr Unternehmen messen sich an Mitarbeiterzufriedenheit", weiß Personalberaterin Braunwarth. Da könne es sich keine Führungskraft leisten, wenn die Angestellten demotiviert seien. "Führungskräfte müssen bei uns immer auch Coach für ihre Mitarbeiter sein", sagt Sattler. "Wenn wir feststellen, dass jemand Mitarbeiter nicht gut führen kann, dann legen wir ein Veto ein", so der Microsoft-Manager. "Auch, wenn die Fachkompetenz vielleicht sehr gut ist - aber eine gute Mitarbeiterführung ist uns eben sehr wichtig."

In dieser Situation entscheiden sich viele Unternehmen gegen einen externen Kandidaten. Denn passen sie nicht, "dann sind die Führungskräfte nach spätestens zwei Jahren wieder weg", führt Personalberaterin Braunwarth ihre Erfahrungen aus. "Wer die Unternehmenskultur mit Füßen tritt, hält sich nicht." Und Microsoft-Personaler Sattler konkretisiert: "Eine Position im Unternehmen, die zum Beispiel dem COO entspricht, würden wir eher intern besetzen, da hier die Kenntnis unserer internen Strukturen und Prozesse so sehr wichtig für uns ist."

Interne Besetzung steigert die Mitarbeiterzufriedenheit

Bestehende Mitarbeiter die Karriereleiter hinaufzubefördern, habe noch andere Vorteile: "Es ist ein wichtiges Signal an die Belegschaft und steigert die Mitarbeiterzufriedenheit", sagt Braunwarth. Die Stellenbesetzungskultur sei bei einigen Firmen ein großes Problem, erklärt die Personalberaterin. Wenn die Führungskräfteposition immer nur an Externe vergeben wird, sei das für die Mitarbeiter extrem demotivierend. Warum sollten sie sich anstrengen und mehr Leistung zeigen, wenn ohnehin nur außerhalb des Unternehmens nach Talenten gesucht wird? Und es berge Gefahren: Stoßen Angestellte immer wieder gegen die berühmte "Glasdecke", orientieren sie sich außerhalb.

Zufriedene Mitarbeiter suchen nicht in anderen Firmen nach Aufstiegsmöglichkeiten.
Zufriedene Mitarbeiter suchen nicht in anderen Firmen nach Aufstiegsmöglichkeiten.
Foto: alphaspirit - Fotolia.com

Andererseits haben es Mitarbeiter, die zu Chefs aufsteigen, oft schwer. "Einige langjährige Kollegen fühlen sich schon mal vor den Kopf gestoßen", sagt Personalberaterin Braunwarth. Vor allem, wenn der ehemalige Kollege Probleme hat, sich in die neue Chefposition einzufinden, knirsche es. "Da hat dann der Chef nicht klar kommuniziert, was passiert", sagt SAG-CIO Foth. "Die Mitarbeiter sollten wissen, wie sie sich entwickeln können - dann kann es nicht zu Enttäuschungen kommen."

Das Suchen von geeigneten Kandidaten außerhalb kann aber trotzdem eine positive Signalwirkung haben. "In der Regel schauen wir bei Stellenbesetzungen immer nach externen und internen Kandidaten gleichermaßen", sagt Personalentwicklungsleiter Sattler. "Das gibt dann dem internen Kandidaten auch die Sicherheit, die beste Wahl gewesen zu sein."

Verkrustete Strukturen aufbrechen

Sich nur innen zu orientieren sei allerdings auch nicht sinnvoll, warnt Braunwarth. "Da schmort die Firma im eigenen Saft." Prozesse und Strukturen seien verkrustet - und nur wenige brächten es fertig, "außerhalb der Box" zu denken. Da kann der Externe punkten: Er bringt frischen Wind ins Unternehmen. Eingefahrene Prozesse und Strukturen könne eine von außen kommende Führungskraft viel leichter aufbrechen, wenn diese sich als nicht sinnvoll erweisen. "Mitarbeiter, die seit zehn, 15 Jahren dieselben Abläufe haben, erkennen die Fehler im System nur schwer", sagt Braunwarth.

Netzwerken statt Amigo-System

Netzwerken ist gut für die KarriereKarriere. "Natürlich ist es wichtig, dass Mitarbeiter NetzwerkeNetzwerke entwickeln", sagt Sattler von Microsoft. Doch gelte es zwischen guten Kontakten und zu festen Seilschaften zu unterscheiden, denn "Amigos" seien schlecht für das Unternehmen. In jeder größeren Firma kommt beides vor. Im Einstellungsprozess könne man gegen allzu feste Freundschaften vorgehen, so Braunwarth: "Will eine Firma alte Zöpfe abschneiden, sollte sie lieber Externe einstellen." Alte Seilschaften in Unternehmen könnten mit einer Stellenbesetzung von außen also zerschlagen werden. Alles zu Karriere auf CIO.de Alles zu Netzwerke auf CIO.de

Vorsicht vor Seilschaften von extern und intern: Das frustriert Mitarbeiter.
Vorsicht vor Seilschaften von extern und intern: Das frustriert Mitarbeiter.
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Es gebe allerdings auch eine Kehrseite: Eine neue Führungskraft zieht oft Mitarbeiter von früher mit in die neue Firma, wenn sie gute Erfahrungen mit ihnen gemacht hat. "Natürlich haben wir ein Interesse daran, wenn ein Mitarbeiter einen anderen empfiehlt", sagt Personalentwickler Sattler. "Wenn er ihn direkt in seinem Team einstellen will, sehen wir aber besonders genau hin." Vor dieser Einstellungspraxis warnt Personalexpertin Braunwarth ausdrücklich: "Das kann die Internen noch mehr demotivieren", sagt sie. "Wenn ein Mitarbeiter merkt, dass er nach oben nicht weiterkommt, dann orientiert er sich eben links oder rechts" - also außerhalb des Unternehmens. Damit verlässt wertvolles Wissen die Firma. Langfristig kann das gefährlich werden. Um Personal zu halten: Befördern! "Wir besetzen sehr viel intern, weil wir unsere Talente fördern und aufbauen wollen", sagt Sattler.

Externe bringen Quoten

Fehlen Frauen in Führungspositionen, sollte das Unternehmen auch mal extern suchen.
Fehlen Frauen in Führungspositionen, sollte das Unternehmen auch mal extern suchen.
Foto: Yuri Arcurs/Fotolia.de

Für die Rekrutierung von außerhalb kann auch die personenunabhängige Personalpolitik im Unternehmen sprechen. Soll heißen: Fehlen in einem Unternehmen Frauen auf bestimmten Führungsebenen, muss meist extern rekrutiert werden. "Extern zu rekrutieren, kann auch die Diversity vorantreiben", sagt Braunwarth. Da sind nicht alle so gut aufgestellt wie etwa Microsoft: "Wir achten natürlich auf die Diversity - aber wir haben schon einen recht hohen Frauenanteil, auch im mittleren Management", sagt Microsoft-Personaler Sattler.

Insgesamt rät Personalberaterin Braunwarth: "Eine Balance zwischen Internen und Externen ist wichtig." Und: Firmen müssten kreativ bleiben, aber dürften ihre Unternehmenskultur deshalb nicht vergessen.

Von außerhalb auf eine CIO-Stelle bewerben?

Nur wer ein Risiko eingeht, kann aufsteigen.
Nur wer ein Risiko eingeht, kann aufsteigen.
Foto: Nerlich Images - Fotolia.com

CIO Foth hat noch ein paar Ratschläge für junge Kollegen parat, die überlegen, sich extern auf den CIO-Posten zu bewerben. Ob sich ein angehender CIO auf eine externe Stelle bewerben soll, hänge von seinem bisherigen Karriereweg ab. "Neue Position, neues Unternehmen und neue Menschen: Das ist schon eine Herausforderung", sagt Foth. "Ich habe das auch selbst schon getan. Ich finde das sehr spannend." Er rät jungen Kollegen, sich auch intern cross-funktional zu bewerben. "Ein CIO muss die Geschäftsprozesse kennen." Aber ein solcher Wechsel gehe eher im eigenen Unternehmen, gibt Foth zu bedenken. "Wenn die Firma die Person kennt und weiß, welche Qualifikationen sie hat, kann man intern auch auf ganz andere Positionen wechseln. Extern geht das kaum", sagt Foth, der selbst von Entwicklung, Vertrieb, Marketing und der Geschäftsleitung in die IT wechselte. "Ohne Risiko kann man sich nicht weiterentwickeln - sonst bleibt man immer auf der Stelle stehen."

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