DSAG

Anwender kritisieren SAPs KI-Kurs

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Wer die in SAP eingebetteten KI-Funktionen nutzen möchte, muss in die Cloud, bekräftigte der SAP-Vorstand Thomas Saueressig.
Wer die in SAP eingebetteten KI-Funktionen nutzen möchte, muss in die Cloud, bekräftigte der SAP-Vorstand Thomas Saueressig.
Foto: SAP SE

SAP-Vorstand Thomas Saueressig, der den Bereich Customer Services & Delivery verantwortet, beteuerte zwar, alle Kunden mitnehmen und vor allem auch den Weg in Cloud einfacher machen zu wollen. Auf dem DSAG-Kongress machte der SAP-Manager aber auch klar: "Die Cloud ist Voraussetzung für SAPs KI."

Diese Botschaft kommt bei den Anwenderunternehmen indes gar nicht gut an. "SAP lässt zahlreiche treue Kunden im Regen stehen", schimpfte Hungershausen vor einem Jahr auf dem DSAG-Jahreskongress in Bremen. In Leipzig auf dem Jahreskongress 2024 Mitte Oktober bemühte sich der DSAG-Vorstandsvorsitzende zwar um einen konzilianteren Ton. An den grundlegenden Meinungsverschiedenheiten hat sich indes nichts geändert. Dass sich SAP in Sachen KI primär auf die Cloud konzentriere, "bietet allerdings Stoff für angeregte Diskussionen zwischen DSAG und SAP über die Anbindung, beziehungsweise Nutzung der entsprechenden Ergebnisse auch in den On-Premises-Systemen", hieß es in einer Mitteilung der Anwendervereinigung.

KI-Modelle müssen ja nicht von SAP kommen

Die DSAG-Verantwortlichen lassen unmissverständlich durchblicken, dass es andere Wege gebe, KI einzusetzen. Die Features müssten nicht zwangsläufig von SAP kommen. Der Generative AI Hub in der SAP Business Technology Platform (BTP) ermögliche schließlich den Zugriff auf große Sprachmodelle wie zum Beispiel von Amazon Web Services (AWS), Google oder Microsoft, stellte die DSAG fest. Algorithmen und KI-Modelle könnten von den Partnern kommen, während SAP weiterhin die unternehmensspezifischen Geschäftsdaten beisteuere.

Ob es sich SAP auf lange Sicht leisten kann, die Anforderungen seiner Klientel zu ignorieren, bleibt abzuwarten. Neben Transparenz hinsichtlich KI-Einsatz und Datengrundlage sowie den zugrundeliegenden Preismodellen verlangen die Kunden, dass sich KI-Lösungen in bestehende Systeme einbetten lassen. Das halten 85 Prozent der Anwender für wichtig oder sehr wichtig, hat eine gemeinsam mit der Americas SAP User Group (ASUG) initiierte Umfrage ergeben. Die Möglichkeit, KI unabhängig vom SAP-Betriebsmodell vor Ort einsetzen zu können, besitzt für rund zwei Drittel der befragten User eine hohe Priorität.

Rund zwei Drittel der SAP-Anwender wollen ihre KI-Projekte unabhängig vom SAP-Betriebsmodell sehen – das passt nicht zur SAP-Strategie, die für den KI-Einsatz Cloud-only vorsieht.
Rund zwei Drittel der SAP-Anwender wollen ihre KI-Projekte unabhängig vom SAP-Betriebsmodell sehen – das passt nicht zur SAP-Strategie, die für den KI-Einsatz Cloud-only vorsieht.
Foto: DSAG

Hungershausen erinnerte SAP an ihre in der Vergangenheit gemachten Zusagen. "Unabhängig vom SAP-Betriebsmodell agieren zu können, ist vor dem Hintergrund essenziell, dass SAP mit der Wartungsverlängerung bis 2040 zugesichert hatte, Innovationen für S/4HANA konsequent und langfristig bereitzustellen", kommentierte der DSAG-Chef die aktuellen Diskussionen. Was für die S/4HANA Private Cloud gelte, müsse auch für S/4HANA On-Premises mit identischem Leistungsumfang verfügbar sein.

Der Forderungskatalog der DSAG an SAP umfasst entsprechend sechs Punkte:

  • Die Unternehmen benötigen eindeutige Antworten, zum Beispiel wie sie den Mehrwert von Cloud-Lösungen nutzen können und zur Flexibilität des Betriebsmodells.

  • Es braucht klare Perspektiven, vor allem für Produkte, die bis 2027 auslaufen. Neue Lösungen, auf die dann gegebenenfalls migriert werden soll, müssen dann entsprechend ausgereift sein.

  • Was für die S/4HANA Private Cloud gilt, muss auch für S/4HANA On-Premises mit identischem Leistungsumfang verfügbar sein. On-Premises-Kunden dürfen durch Innovationen exklusiv für die Cloud-Produkte nicht benachteiligt werden.

  • Bereits vorhandene als auch geplante Möglichkeiten, KI zu nutzen, müssen noch transparenter vermittelt werden.

  • Angemessene und transparente Preismodelle, die sich am Reifegrad und Umfang einer KI-Funktionalität orientieren, sind ebenso notwendig, wie die Bereitstellung von KI-Innovationen für alle S/4HANA-Kunden, unabhängig vom Betriebsmodell.

  • Referenzarchitekturen, Best-Practices-Guides und Standards für Integrationsszenarien und -technologien, inklusive einheitlicher Regelungen zur Integration von KI-Modellen in SAP-Applikationen und der Datennutzung müssen entwickelt und verfügbar gemacht werden.

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