Public IT


Hessen-CIO Burghardt

Auf dem Weg zur digitalen Behörde

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs "CIO des Jahres". Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Patrick Burghardt digitalisiert in Hessen Verwaltungs­prozesse und stellt Behörden eine Datenplattform für Online-Bürgerdienste zur Verfügung. Das Land sieht sich damit bundesweit als Vorreiter.
Hessen CIO Patrick Burghardt: "Die IT in Hessen hat heute einen ganz anderen Status."
Hessen CIO Patrick Burghardt: "Die IT in Hessen hat heute einen ganz anderen Status."
Foto: Hessische Staatskanzlei

"Die IT wird erst zum Thema, wenn sie nicht mehr funktioniert", sagt Patrick BurghardtPatrick Burghardt. Das war die Ausgangssituation, als er im Januar 2019 zum CIO und Digital-Staatssekretär des Landes Hessen ernannt wurde. Seitdem hat sich viel getan in dem Bundesland. Mit Kristina Sinemus berief die Landesregierung erstmals eine Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. Ihr zugeordnet ist der CIO, der in der konzeptionellen Steuerung von IT- und Digitalaktivitäten eine Schlüsselrolle spielt. Profil von Patrick Burghardt im CIO-Netzwerk

Die derzeit größte Herausforderung beschert Burghardt das Onlinezugangsgesetz (OZG). Bund, Länder und Kommunen werden darin verpflichtet, ihre VerwaltungsleistungenVerwaltungsleistungen bis 2022 online verfügbar zu machen. Hessen arbeite derzeit an rund 630 digitalen Services auf Landesebene, berichtet der IT-Chef. Hinzu kommen weitere 530 Dienste auf kommunaler Ebene. Dabei handele es sich in der Regel um klassische "Bürgerprozesse" wie den digitalen Führerschein, der gerade pilotiert wird. Der CIO ist mit seinem Team auch dafür zuständig, dass die Kommunen im Land das OZG umsetzen. Alles zu Public IT auf CIO.de

Der hessische Weg

Burghardt, gelernter Speditionskaufmann, der 2009 in den Hessischen Landtag gewählt wurde, spricht gern vom "hessischen Weg", den das Land in Sachen OZG gehe: "Wir haben uns überlegt, wie wir die Kommunen in die Lage versetzen, den Bürgern so schnell wie möglich digitale Dienstleistungen anzubieten." Als ehemaliger Oberbürgermeister von Rüsselsheim wisse er, dass die Kommunen mit vielen Anforderungen konfrontiert seien und das Thema DigitalisierungDigitalisierung nicht immer höchste Priorität habe: "Es musste also so einfach wie möglich für die Kommunen sein." Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Vor diesem Hintergrund entstand die IT-Plattform "Civento", die allen Kommunen zur Verfügung steht. Sie ermöglicht Bürgern nicht nur, digitale Anträge zu stellen, sondern wickelt auch komplette Prozesse elek­tronisch ab. Burghardt: "Im Grunde ist Civento eine erweiterbare Prozessplattform mit vollständigem Dokumentenmanagementsystem und Zahlungssystemintegration für die Bearbeitung individueller Prozesse."

Verantwortlich für die technische Umsetzung ist der kommunale IT-Dienstleister ekom21. Er entstand bereits in den 1970er-Jahren aus dem Zusammenschluss mehrerer Kommunen, die gemeinsam ein Rechenzen­trum betreiben wollten. Heute agiert ekom21 als breit aufgestellter IT-Dienstleister, der beispielsweise Software anbietet und einen gemeinsamen Einkaufs-Pool für Hardware in den Kommunen betreibt.

Prozessplattform für Kommunen

Zentrale Komponente von Civento ist eine Service-Bibliothek, aus der sich alle Kommunen bedienen können. "Die digitalen Module lassen sich von Mitarbeitern in den Kommunen individuell anpassen", erläutert der CIO. Als Beispiel nennt er den digitalen Hundesteuerantrag, der in einzelnen Kommunen durchaus unterschiedlich ausgestaltet sein könne. Entscheidend sei, dass Civento allen 422 Städten und Gemeinden sowie sämtlichen Landkreisen kostenlos zur Verfügung stehe. Diesen Service lasse sich das Land Hessen jedes Jahr vier Millionen Euro kosten. Die Akzeptanz sei besonders hoch. Seit dem Rollout der Plattform im Mai 2020 hätten bereits 90 Prozent der Kommunen eine Lizenz beantragt, um die Plattform nutzen zu können.

Technisch basiert Civento auf SQL-Datenbanken und Open-Source-Produkten. Zu der mandantenfähigen Lösung gehören neben einer Antrags- auch eine Abwicklungskomponente für die Sachbearbeitung sowie ein Modul mit Modellierungswerkzeugen für das Design von Prozessen. Civento ist mit dem hessischen Bürgerkonto verbunden, das es seit Mitte 2019 hessenweit gibt. Es dient als Authentifizierungskonto für alle digitalen Dienste und greift dabei auf die eID im Personalausweis zurück.

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