Reiseverkehr

Bislang kein Flug-Chaos in diesem Sommer

18.07.2019
Der Reiseverkehr an den deutschen Flughäfen läuft in diesem Sommer bislang etwas besser als im Chaosjahr 2018. Doch die grundlegenden Probleme sind noch längst nicht gelöst.

"Ein solches Flugchaos wird es dieses Jahr nicht geben", hat Frankfurts Flughafenchef Stefan Schulte noch vor wenigen Tagen in einem Interview den Passagieren versprochen. Bislang sieht es danach aus, dass der Manager Recht behalten könnte und sich der Chaos-Sommer im europäischen Flugverkehr aus dem Jahr 2018 nicht wiederholt. Airlines, Flugsicherung und Flughäfen berichten von einem stabileren Betrieb, wenn auch das dicke Ende im Juli und August noch kommen könnte.

Dieses Jahr kommen Reisende relativ entspannt in den Urlaub.
Dieses Jahr kommen Reisende relativ entspannt in den Urlaub.
Foto: Markus Mainka - shutterstock.com

Der Trend wird von Internetportalen bestätigt, die ihr Geld damit verdienen, Fluggäste beim Einfordern von Entschädigungsansprüchen nach EU-Recht unterstützen. Der Anbieter Fairplane etwa hat in der ersten Jahreshälfte 2019 deutliche Rückgänge von Flugabsagen und Verspätungen oberhalb von 15 Minuten festgestellt. Die größten Fortschritte habe Air France mit 80 Prozent weniger Absagen und 29 Prozent weniger verspäteten Flügen gemacht. Verbesserte Werte wurden auch für Lufthansa, Condor oder Easyjet registriert.

Nach Zahlen des Portals Flightright sind im ersten Halbjahr 7400 Flüge an deutschen Flughäfen annulliert worden. Das hört sich zwar immer noch viel an, sind aber 2300 Absagen oder 24 Prozent weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Auch die Zahlen für verspätete und stark verspätete Flüge seien zurückgegangen, berichtet das Berliner Unternehmen.

Europaweit hat Eurocontrol bis einschließlich Mai eine durchschnittliche Verspätung von 11,0 Minuten gemessen, 11,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Zahl der pünktlichen Flüge stieg um knapp 2 Prozent auf 80 Prozent.

Unternehmen haben viel getan

Nach zwei bundesdeutschen Luftverkehrs-Gipfeln haben die beteiligten Unternehmen viel getan, um die Situation zu verbessern. Allein der Lufthansa-Konzern hat nach eigenen Angaben 250 Millionen Euro zusätzlich in die Hand genommen, zusätzliches Personal, Flugzeuge und Triebwerke als Reserve vorgehalten und die Flugpläne mit zusätzlichen Puffern versehen.

Man federe auch externe Defizite beispielsweise bei der Flugsicherung so gut wie möglich ab, heißt es bei der Lufthansa-Tochter Eurowings, die im vergangenen Jahr wegen der schwierigen Air-Berlin-Integration besonders große Probleme hatte und nun zu den pünktlichsten Airlines Europas zählt. 99 Prozent der Flüge würden durchgeführt und rund 80 Prozent erreichten ihr Ziel pünktlich. Im Sommer hält Eurowings nach eigenen Angaben zehn Reservejets vor allem für Köln und Düsseldorf bereit.

Auch die Flughäfen setzen nach eigenen Angaben mehr Personal ein, um die Jets zuverlässiger abzufertigen. Selbst an dem von der Bundespolizei kontrollierten Flaschenhals der Passagier- und Handgepäckskontrollen hat sich in diesem Jahr etwas getan. Neben dem besser gesteuerten Personaleinsatz wurde auch neue Technik eingesetzt. In Frankfurt können nun langsamere Passagiere innerhalb der Kontrollzone überholt werden und in München kommen Scanner mit Computer-Tomografie zum Einsatz, die Flüssigkeiten und Laptops dreidimensional darstellen können. Die Passagiere dürfen diese Gegenstände nun wieder im Handgepäck lassen.

Der Billigflieger Ryanair sieht das Problem vor allem bei der zerklüfteten Organisation der europäischen Flugsicherungen. In den nächsten Sommerwochen werde es wegen fehlender Lotsen vor allem in Frankreich und Deutschland zu massiven Problemen kommen, erklärt Marketing-Chef Kenny Jacobs. Die Deutsche Flugsicherung verweist hingegen auf leichte Rückgänge der von Lotsen verursachten Verspätungen bis einschließlich Juni. Der Anteil der Airlines an den Verspätungen sei ohnehin weit höher. Das bundeseigene Unternehmen hat eine Ausbildungsoffensive für neue Lotsen gestartet und bittet mit viel Geld ihre Beschäftigten um freiwillige Sonderschichten.

Die Engpässe im europäischen wie auch im deutschen Luftraum bleiben aber noch über Jahre hinweg bestehen, warnt auch die Flugsicherung. Europas Flugverkehr wird auch in diesem Jahr wachsen - voraussichtlich um bis zu 4 Prozent.

Für eine weitere, unfreiwillige Entspannung der Flugpläne könnten paradoxerweise die Sicherheitsprobleme bei der Boeing 737 Max sorgen, die viele Airlines als Arbeitstier fest eingeplant haben. Boeing-Großkunde Ryanair musste wegen der verzögerten Auslieferungen bereits sein für den kommenden Sommer geplantes Wachstum deutlich einschränken. Getroffen sind auch Tuifly und Norwegian. (dpa/ad)

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