Die neue Immobilität bei Managern
Bye-bye, Fernbeziehung
Sechsmal hat sie die Erde umrundet, zählt Marion Eisenblätter die Kilometer zusammen, die sie für ihren Job als Sprecherin des Marktforschungsinstituts GfKGfK gependelt ist. Jeden Montag ging es aus dem Rheinland nach Nürnberg, freitags nach der Arbeit fürs Wochenende nach Hause. An die 250.000 Kilometer kamen so in sieben Jahren zusammen. Dann reichte es ihr. In ihrer Mail zum Jobwechsel hieß es: "Es ist mein Wunsch, mein berufliches und mein privates Leben wieder etwas näher zusammenzuführen." Gesagt, getan. Ihre nächste Stelle als Kommunikationschefin der Immobiliengesellschaft LEG AG in Düsseldorf lag vergleichsweise um die Ecke. Top-500-Firmenprofil für GfK
Marion Eisenblätter ist kein Einzelfall, ganz im Gegenteil: "Manager sind immer weniger mobil", sagt Gabriele Stahl, Partner bei der Personalberatung Odgers Berndtson. Sie ist seit 25 Jahren im Geschäft: "Inzwischen muss ich fast jedem Klienten sagen, dass es schwieriger geworden ist, Kandidaten zu einem Wohnortwechsel zu bewegen."
Wie deutlich die Mobilität der Führungskräfte in den letzten Jahren abgenommen hat, belegt jetzt das aktuelle "Manager-Barometer", in dem es um die persönliche Leistungsbereitschaft und Motivation des Leitungspersonals in Deutschland geht. Diese Studie, für die Odgers Berndtson regelmäßig rund 1800 Führungskräfte befragt und deren Ergebnisse dem Handelsblatt vorliegen, zeigt, dass nur noch gut die Hälfte der Befragten dazu bereit ist, für den nächsten Karriereschritt innerhalb Deutschlands den Wohnsitz zu verlegen. In den Vorjahren waren noch 63 Prozent der Manager willig, für ihren Aufstieg einen Ortswechsel in Kauf zu nehmen. Heute kommt für Führungskräfte eher ein Branchenwechsel infrage. Und lieber würden sie eine neue Sprache erlernen, als umzuziehen.
Arbeitgeber müssen reagieren
Ebenso ist ihre Bereitschaft gesunken, sich über einen längeren Zeitraum von der Familie zu trennen: Nur noch 38 Prozent würden ein Pendlerdasein für den nächsten Karriereschritt auf sich nehmen, wenn es bedeutet, mehrere Tage im Hotel oder in einer Zweitwohnung zu logieren. 2012 waren es noch 45 Prozent, die sich mit solch einem Arrangement anfreunden konnten, weil die Entfernung zwischen Zuhause und Arbeitsplatz zu groß war, um sie täglich mit dem Auto oder der Bahn zu bewältigen. Und im Gegenzug eine verantwortungsvollere Aufgabe und ein Vergütungsplus lockten.
Und so überrascht es kaum noch, dass auch ein Umzug ins Ausland seltener als noch vor einigen Jahren als Karrieresprungbrett betrachtet wird. Sinkt die Mobilitätsbereitschaft weiter, die sich schon heute quer durch alle Branchen, Altersklassen und Hierarchieebenen bemerkbar macht, "gehen Unternehmen über kurz oder lang die Talente aus", sagt Personalberaterin Stahl. Arbeitgeber müssen reagieren.