Integrationsprojekt gestartet
Cirquent geht, NTT Data kommt
Integration behebt Cirquents Schwächen
"Nach unserem Kenntnisstand sieht die Gesamtstrategie des NTT-Konzerns vor, dass Einnahmen mit IT-Services stärker als der Gesamtumsatz wachsen sollen. Zudem will das Konzern-Management die Abhängigkeit vom japanischen Markt reduzieren", erklärt Tobias Ortwein, Senior Vice President bei PAC, den Hintergrund der Aktivitäten. Die IT-Tochter hat diesen Vorgaben folgend seit 2008 mehrere nationale IT-Spezialisten eingekauft. Bislang gab es keine Bestrebungen, diese Firmen zu konsolidieren, erst mit der Übernahme des in Mailand ansässigen IT-Projektdienstleisters Value Team im Frühjahr 2011 hat sich das geändert: "Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht, zu dem man genügend kritische Masse hat, um aus diesen verschiedenen Aktivitäten Synergieeffekte zu ziehen", begründete Balgheim des Start des Vorhaben.
PAC-Analyst Ortwein begrüßt den Schritt: "Die Integration ergibt Sinn, wenn Cirquent das NTT-Data-Portfolio in Europa weiterentwickeln kann. Eine einheitliche Marke signalisiert Internationalität, aber eben auch, dass man stärker einen integrativen Ansatz verfolgt. Cirquent ist nicht wirklich länderübergreifend aufgestellt und kann auch nicht auf internationale Ressourcen zurückgreifen", nennt er die Defizite des Münchner Anbieters. Dem Trend zum Near- und Offshoring konnte der Projektdienstleister nur schwer folgen, weil er keinen Zugriff auf eigene Kapazitäten in Ländern mit niedrigen Löhnen und gut ausgebildeten Spezialisten hat. Das wieder boomenden SAP-Geschäft lief in weiten Teilen an Cirquent vorbei.
SAP-Implementierungsprojekte betreibt die deutsche Schwestergesellschaft Itelligence, Cirquents Know-how in diesem Markt konzentriert sich auf die Architekturberatung. Auch hat die NTT-Data-Tochter bislang nicht den mit der ersten Umfirmierung formulierten Anspruch eines Full-Service-Providers eingelöst. Die Betriebsdienstleistungen beschränken sich nach PAC-Schätzungen auf zehn Prozent vom Umsatz und adressieren nur das Applikations-Management. "Wenn NTT Data nicht Cirquent übernommen hätte, hätte es früher oder später ein andere Konzern getan", sagt Ortwein. "Allein wäre Cirquent mittelfristig nicht überlebensfähig."
Die Defizite soll künftig der angestrebte Firmenverbund mit den europäischen NTT-Data-Aktivitäten beheben. Doch um tatsächlich von den vielen Angeboten in den unterschiedlichen Ländern zu profitieren, müssten die Prozesse nahtlos integriert werden, insbesondere gilt es, auch weltweite Offshore-Kapazitäten einzubinden. Bislang ist NTT Data allerdings als dezentral organisiertes Unternehmen bekannt, das den Niederlassungen große Freiheiten lässt. "NTT Data gleicht in der Organisationsform etwa T-Systems vor ein paar Jahren: Es gab eine Vielzahl von lokalen Delivery- und Sales-Centers, und wenn ein Anwenderkonzern eine SAP-Implementierung ausschrieb, konnte es passieren, dass er fünf Angebote von fünf Einheiten mit fünf unterschiedlichen Vorschlägen bekam", beobachtet Ortwein.
Selbst wenn der weltweite Integrationsprozess in Asien, Nordamerika und Europa gelingt, wird das Angebot des Mutterkonzerns im IT-Servicemarkt weiter einem Bauchladen gleichen. Neben NTT Data gibt es die Schwestergesellschaft NTT Communications, die 2009 den deutschen Security-Spezialisten Integralis übernommen hat. Sie betreibt weltweit Rechenzentren, auf die auch NTT Data gerne für den Betrieb von Cloud-Services zugreifen möchte. Zudem hat die Muttergesellschaft NTT im Jahr 2010 den weltweit vertretenen und breit aufgestellten IT-Services-Provider Dimension Data für rund 2,5 Milliarden Euro übernommen und bislang noch nicht integriert.