Cisco-Geschäftsführer im Interview
"Das Internet of Things muss in Deutschland ein Knaller werden"
Cisco engagiert sich bei der Smart City Hamburg. Was ist das?
Oliver Tuszik: Die Smart City Hamburg lässt sich in drei Bereiche aufteilen. Ganz klassisch gibt es das "Smart City Portfolio" mit Services wie Smart Meter, intelligenter Müllabfuhr oder Intelligent Lightning. Auch wenn diese Modelle immer ähnlich aussehen, sind sie doch unterschiedlich, da unterschiedliche Geschäftsbeziehungen abzubilden sind. Der Hauptreiber des Smart City Hamburg ist jedoch der Smart Port. Der Hafen war mit folgender Herausforderung konfrontiert: Bei gleicher Fläche sollte er mehr Ladevolumen schaffen, womit wir auch schon beim Internet der Dinge sind.
Wir erleben gerade eine neue Welle der Digitalisierung. Letztendlich ist es am Ende eigentlich nur BI: Wir kombinieren die verschiedensten Daten, etwa aus der Vergangenheit und sammeln neue Daten. Damit haben wir aber nichts Intelligentes geschaffen, sondern lediglich einen Datenhaufen kreiert. Dazu braucht es letztlich nur ein oder zwei kleine Apps, die aus Daten Wissen generieren - also mir helfen, Entscheidungen zu treffen.
- Cisco wittert einen Billionenmarkt
Cisco rechnet damit, dass 2020 rund 50 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein werden. Das Internet of Everything (Gartner-Terminus) soll zwei Jahre später dann ein weltweites Marktpotenzial von über 14,4 Billionen Dollar erreichen. - Cisco-Vize Oliver Tuszik
„Gerade in Deutschland bestehen mit die besten Voraussetzungen, um vom ‚next big thing‘, dem Internet der Dinge zu profitieren – vor allem in Kombination mit Industrie 4.0.“ - Gelebte Industrie 4.0 bei BMW
Im amerikanischen BMW-Werk in Spartanburg arbeiten Mensch und Maschine dank M2M schon Seite an Seite und nicht mehr durch strenge Gitter voneinander getrennt. Das ist gelebte Industrie 4.0, wie die Deutschen es gerne nennen. - Farming 4.0
Nicht nur wegen der erhöhten Produktivität, sondern auch wegen strenger Dokumentationspflichten sehen sich Landwirtschaftsbetriebe gezwungen, technisch hochzurüsten. Farming 4.0 ist daher längst Realität in vielen Betrieben und ein guter Nährboden für neue Geschäftsideen. 365FarmNet ist eine auf Claas zurückgehende Initiative zur Entwicklung entsprechender Software-Lösungen. - Mehr IoT als in einem Auto
In modernen Landmaschinen wie denen von Claas ist heute oft weit mehr IT und IoT drin als in einem modernen Auto. - RWE Smart Home mit Samsung-Smartcam
Im Bereich Smart Home bilden sich viele neue Allianzen und Partnerschaften, so hier eine zwischen RWE und Samsung als Lieferant für eine SmartCam zur Fernüberwachung der eigenen vier Wände. - Samsung Crystal Blue WW9000
Ein anderes Smart-Home-Beispiel: Ob man die passende Smartphone-App dazu wirklich braucht, steht auf einem anderen Blatt. Der Bedienkomfort der ursprünglich fast 2.000 Euro teuren Waschmaschine Crystal Blue WW9000 von Samsung wird hochgelobt, das Design auch. - Miele sieht sich weit vorn bei Smart Home
Mieles Interesse an Smart Home reicht weit zurück. Sicherheit, Erleichterungen im Alltag und intelligente Stromnutzung (Smart Grid) sind dabei wichtige Themen für den deutschen Hersteller. Derzeit wirkt er an einer vom Bundesforschungsministerium geförderten Initiative der Universität Bielefeld mit, die sich KogniHome nennt und gerade auch für Senioren einen mitdenkenden Wohnbereich schaffen will. - Smart Grid – das intelligente Stromnetz
So sieht das Bundeswirtschaftsministerium das intelligente Stromnetz der Zukunft unter Einbeziehung von Elektroautos als fahrende Zwischenspeicher. - M2M-Anwendung Smart Metering
Voraussetzung für die Einbindung aller in den Haushalten vernetzten Geräte in ein Smart Grid sind sogenannte Smart Meters, intelligente Stromzähler, welche die alten schwarzen Blechkästen mehr und mehr ersetzen sollen. - Smart City und Manage Parking mit Streetline
In weniger als vier Jahren hat das kalifornische Unternehmen Streetline von 2010 bis 2014 weltweit bereits über 300 Millionen Suchenden zu einem Parkplatz verholfen. Cisco als Technologiegeber sieht darin 20 bis 22 Prozent mehr Umsatzpotenzial für die sogenannten Smart Cities. - Signalwechsel
M2M-Module mit integriertem 3G/4G-Empfänger erlauben es, ganz schnell den Signalwechsel auf der Autobahn herbeizuführen. Plänen für die Privatisierung maroder Autobahnteile in Deutschland könnten auf Betreiberseite auch solchen für M2M-gesteuerte Werbetafeln folgen. - E-Tanken mit PlugSurfing
PlugSurfing ist als Berliner Startup angetreten, das Auffinden, Tanken und Bezahlen an den wenigen E-Zapfsäulen zu erleichtern. Hier im Bild ein weißer Tesla an einer RWE-Ladestation. - Der Schlüssel zum E-Tanken
Dieser RFID-Schlüsselanhänger von PlugSurfing soll die RFID-Karten der Anbieter zum Bezahlen des Stroms über die Ladestationen für Elektro- und entsprechende Hybridfahrzeuge ersetzen.
Um was geht es beim Smart Port konkret?
Oliver Tuszik: Beim Smart Port messen wir die Bewegungen der LKWs, Schiffe und Container. Wenn wir diese Logistikströme effizienter managen, erzielen wir eine höhere Produktivität. So kann ich eine echten Mehrwert generieren, wenn ein Schiff am bestgeeigneten Kai anlegt und schneller be- und entladen wird. Die anderen Systeme der Smart Cities sind teilweise gar nicht so komplex. Denken sie nur an die intelligente Parkplatzsuche. Hier werden lediglich Real-Live-Traffic-Daten mit den Informationen über die Parkplätze verknüpft. Diese Systeme gibt es schon heute.
Oder nehmen Sie ein anderes Beispiel: Sie sind jeden Tag von 8 bis 18 Uhr im Büro und Ihre Garage steht leer. Vor dem Garagentor könnte also jemand parken. Warum nehmen wir diese Daten nicht, pflegen sie in ein Portal und vermitteln den Platz für einen Euro die Stunde. Ist das eine hochintelligente Anwendung? Nein, aber Sie haben einen Mehrwert geschaffen, indem Sie den Parksuch-Verkehr reduzieren und damit die Abgase. Gleichzeitig haben Sie eine neue Einnahmequelle generiert. Darum geht es letztlich beim Internet of Things.
Aber zurück zu Hamburg. Warum ist die Stadt so gut geeignet? Hamburg ist über den Bürgermeister in der Lage die verschiedensten Bereiche zusammenzubringen. Da sitzen dann die städtischen Betriebe, die Forschung und Wissenschaft sowie die Wirtschaft an einem Tisch. Und wenn alle an einem Strang ziehen, können Sie Dinge bewegen, die vorher unvorstellbar waren. Das ist die Stärke einer Stadt wie Hamburg,
Und wie sieht es in anderen Städten aus?
Oliver Tuszik: Eine ganz andere Situation haben wir in Berlin, der anderen Smart City in Deutschland. Hier treffen Sie auf viele junge Leute, die etwas bewegen wollen. Daraus entstehen die unterschiedlichsten Projekte. Ohne viel zu verraten, wir werden in den nächsten 12 Monaten weitere Städte suchen und mit ihnen zusammenarbeiten. Was wir gelernt haben, ist, dass wir auf Seiten der Städte jemanden brauchen, der Themen voranbringt.
Er muss kein Geld mitbringen, denn das ist nicht das große Thema, da wir ja neue Geschäftsmodelle aufbauen. Bleiben wir beim Beispiel Parkplätze: Wenn jemand weiß, dass er später die Parkplätze in der Stadt vermitteln darf, dann wird er gerne das Geld mitbringen, um die Infrastruktur aufzubauen. Wir müssen diese Art von Logik aufbauen. Wenn ich ein WLANWLAN über eine ganze Stadt aufbauen will, dann hat derjenige der das WLAN baut erst einmal gar nichts davon. Das ist ja unser großes Breitbandproblem. Warum sollen die Telekoms dieser Welt ein Netz ausbauen, wenn nachher GoogleGoogle, FacebookFacebook, Netflix und andere das Geld daran verdienen. Alles zu Facebook auf CIO.de Alles zu Google auf CIO.de Alles zu WLAN auf CIO.de
Ich bin zuversichtlich, dass wir in Deutschland das Thema Smart Cities zum Fliegen bringen, wenn es uns gelingt engagierte Bürgermeister und -innen zu finden. Zudem adaptiert es unsere kritischsten Fragen wie Parkplätze, Energie oder Gesundheitsversorgung. Hier benötigen wir neue Ideen und Ansätze. Meine Hoffnung ist, dass sie aus Deutschland kommen. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir in Deutschland so viel bewegen können. Stattdessen diskutieren wir aber, ob wir eine chinesische oder amerikanische Infrastruktur einsetzen dürfen. Viel besser ist es doch, auf dieser Infrastruktur die entsprechende Wertschöpfung mit eigener Software zu kreieren.