Zu hohe Erwartungen
Die KI-Rakete hebt nicht ab
Ihre Kernbotschaft haben die Marktforscher im Titel ihrer neuen Studie verpackt: "The AI Software Market Will Grow To 37 Billion Dollar Globally By 2025" - das sei immer noch eine Menge, aber doch weit entfernt von den oft prognostizierten 100 oder 200 Milliarden Dollar Wachstum, schreiben die Principal Analysts Andrew Bartels und Mike Gualtieri. Das Autorenduo nennt für seine verhaltene Prognose zwei Gründe:
Viele KI-Entwicklungen können nicht monetarisiert werden. Sie dienen einfach nur dazu, bestehende Geschäftsanwendungen auszubauen und zu verbessern.
Anwenderunternehmen, die KI-Anwendungen für den Eigenbedarf entwickeln, werden damit in der Regel keinen oder höchstens indirekten Umsatz generieren.
Laut Forrester hat sich die KI-Geschäftsentwicklung im ablaufenden Pandemiejahr verlangsamt - so wie das Software-Business insgesamt. Bis 2023 werde die Nachfrage wieder kräftiger ansteigen, ehe danach die Dynamik abermals rückläufig sei. KI werde zunehmend von anderen Softwareprodukten absorbiert und spiele als Differentiator zwischen den Produkten verschiedener Anbieter keine große Rolle mehr. Erlöse mit Anwendungen und Tools, für die "KI-Inside" eine Weile als Verkaufsargument nützlich gewesen sei, sollen dann sogar sinken. KI wird Commodity.
KI wird Commodity
All das ändert aber laut Forrester nichts daran, dass KI eine technische Grundlage künftiger Softwareprodukte bilden wird. All jene Softwarehersteller, die heute den Ton angeben, dürften in absehbarer Zeit KI unter der Haube haben, so dass Kunden kaum noch veranlasst sein werden, zu "intelligenteren" Lösungen anderer Anbieter zu wechseln. Dort wo heute KI-Plattformen und -Lösungen gekauft werden, greifen die Anwender laut Forrester dann wieder zu ihren klassischen Anwendungen, die aufgrund von "Embedded KI" leistungsfähiger sind. Forrester unterscheidet im Markt für KI-Software- und -Plattformen vier Segmente.
Maker-Plattformen
Dieses Segment umfasst Anbieter, die Tools und Plattformen bereitstellen, mit denen KI-Teams hochgradig angepasste KI-Lösungen für nahezu jeden Anwendungsfall erstellen können. Dazu gehören zu allererst die Cloud-Hyperscaler Amazon, Microsoft, Google und Alibaba. Hinzu kommen Spezialanbieter wie Cloudera, Dataiku, DataRobot, Domino Data Lab, dotData, Google, H2O.ai, IBMIBM, MathWorks, Microsoft, RapidMiner, SAS und TIBCO. Letztere bieten auf ihren Plattformen besondere Tools etwa für Data Engineering, Modellentwicklung oder Anwendungsintegration und -Bereitstellung. Die Anbieter in diesem Segment greifen oft auf Innovationen der Open-Source-Community zurück. Alles zu IBM auf CIO.de
Die Hyperscaler profitieren im KI-Plattformgeschäft von den gleichen Effekten wie bei Infrastructure as a Service (IaaS): massive Skalierung und Kostenvorteile. Außerdem können Kunden deren KI-Produkte relativ einfach mit Anwendungen integrieren, die bereits auf deren großen IaaS-Plattformen laufen. Genauso naheliegend ist die Verknüpfung mit den vorhandenen Platform-as-a-Service-(PaaS-)Angeboten für die Softwareentwicklung.
Die spezialisierten KI-Maker-Plattformen indes können Lösungen gezielt auf Branchen, Länder oder Marktsegmente zuschneiden. Mit der Zeit dürften aber die Hyperscaler ihre Größenvorteile und Ressourcen ausspielen, was den Markt für KI-Maker-Plattformen erheblich ausdünnen wird.
KI-Facilitator-Plattformen
Hier geht es primär um die Umsetzung branchenspezifischer oder hochfokussierter horizontaler Anwendungsfälle. Beispiel wäre etwa eine Plattform, die Bilderkennung für Lösungen zur Qualitätskontrolle unterstützt, oder ein Angebot, das hilft, natürlichsprachliche virtuelle Assistenten zu entwickeln. Anbieter in diesem Segment bieten oft auch Tools an, die Business-Anwender - ambitionierte Laien also - verwenden können, um KI-Lösungen umzusetzen. Dabei stellen sie keine vollständigen KI-Anwendungen bereit, sondern kleine, individuell zugeschnittene KI-Lösungen für ganz bestimmte Use Cases.
Zu dieser Herstellerkategorie gehören Computer-Vision-Spezialisten wie Chooch AI, Deepomatic, Hive oder Neurala. Hinzu kommen Experten für Sprachanalyse, darunter Calabrio, Clarabridge, Cogito, Speechmatics und Uniphore. Auch Plattformen für maschinelles Lernen sowie Datenkataloge wie sie Alation, Collibra und Reltio bieten, gehören in diese Kategorie. Gefragt sind ferner Standortlokalisierungs-Apps wie Foursquare und Mapbox sowie Konversationstools wie die von Amelia (ehemals IPsoft), Avaamo, Interactions und Omilia.
Noch sind die KI-Anwendungsfälle zu speziell, als dass sich die Anbieter der ersten Gruppe (KI-Maker-Plattformen) in diesen Markt hineinbegeben würden. Das verschafft den Betreibern Spielraum für Geschäfte mit Endkunden und zunehmend auch mit anderen Software-Anbietern. Deshalb glaubt Forrester, dass die Facilitator-Plattformen bis 2025 auf ein Volumen von fast acht Milliarden US-Dollar anwachsen werden.
Irgendwann werden sich den Analysten zufolge aber die Kunden abwenden und in Sachen KI an den Angeboten ihrer Haus-und-Hoflieferanten wenden, deren Lösungen immer besser würden. In der Zwischenzeit sollen dann auch die Hyperscaler in dieses Marktsegment eingedrungen sein, da sich das Wachstum ihres Kernmarktes für allgemeine KI-Tools verlangsamt haben wird.
KI-zentrische Anwendungen und Middleware Tools
Es gibt Geschäftsanwendungen, die vollständig auf KI-TechnologieKI-Technologie angewiesen sind und nur auf dieser Basis entwickelt werden konnten. Man denke etwa an Videoüberwachungssysteme, die auf Deep-Learning-Modellen für die Gesichtserkennung aufsetzen, oder an Machine-Learning-Algorithmen zum Erkennen von Unterbrechungen in der Lieferkette. Auch computergesteuerte Diagnosen auf der Basis intelligent ausgewerteter Röntgenaufnahmen funktionieren so. Alles zu Künstliche Intelligenz auf CIO.de
Weitere Beispiele sind fortgeschrittene Betrugserkennung, wie sie Lösungen von Featurespace oder Feedz.ai ermöglichen, oder medizinische Diagnosen (Health Catalyst, IBM Watson Health, Welltok), Kontaktanalysen (Kira Systems), Kundenanalysen (Acoustic, Manthan) oder kognitive Suche (Attivio, Coveo, Lucidworks).
Anwendungen und Middleware Tools mit KI-Unterstützung
Dieses letzte Segment umfasst Anbieter, die bestehende Anwendungen gezielt mit KI-Funktionen aufwerten, um sich zu differenzieren und einen Premium-Preis verlangen zu können. Forrester nennt als Beispiele Anbieter von Customer-Experience-Lösungen wie Clarabridge, Sicherheitsanbieter wie SentinelOne, BI-Spezialisten wie ThoughtSpot, Kundendaten-Plattformen wie BlueConic, Testautomatisierungs-Tools wie Eggplant (gehört zu Keysight), Functionize und mabl sowie Digital-Experience-Plattformen wie Acquia.
Einen Aufpreis für zusätzliche KI-Funktionalität zu verlangen, wird laut Forrester aber auf Dauer schwierig. Die Kunden werden davon ausgehen, dass solche Features irgendwann zum Standard gehören und mit der Anschaffung warten, bis es so weit ist. Besser sollten da schon KI-zentrische Anwendungen (Kategorie 3) funktionieren: Hier handelt es sich nicht um verbesserte, sondern um ganz neue Lösungen. Allerdings glaubt Forrester, dass ihre Funktionalität irgendwann von breiter aufgestellten Business-Anwendungen absorbiert werden wird, so dass zum Beispiel KI-basierte medizinische Diagnoseanwendungen Bestandteil von größeren Healthcare-Suites werden. Nicht auszuschließen also, dass einige der Spezialanbieter schon bald aufgekauft werden.
Umverteilung im Softwaremarkt
Der im Jahr 2025 auf 37 Milliarden Dollar taxierte KI-Marktwert weist laut Forrester eine Besonderheit auf: Es werden die Softwarehäuser selbst sein, die einen erheblichen Teil dieses Volumens unter sich ausmachen. Die Analysten schätzen, dass beispielsweise Anbieter von Datenbanksystemen, Integrations-Tools oder BI-/Analytics-Anwendungen rund zehn Prozent ihrer Erlöse mit Kunden aus der Software-Industrie machen. Bei KI-Software soll dieser Anteil der Einnahmen bei rund einem Drittel liegen.
Das Fazit aus den Marktforschungen lautet: KI wird in Zukunft dazu verwendet, bestehende Anwendungen zu optimieren. Sie wird in den meisten Geschäftsanwendungen Einzug halten und dort zur Norm werden. Natürlich wird es auch reine KI-Anwendungen oder mittels KI aufgehübschte und dadurch verteuerte Anwendungen geben, aber deren Umsatz werde nicht einmal drei Prozent des gesamten Markts für Applikationen erreichen, Tendenz: ab 2023 sinkend. KI-Plattformen werden insgesamt Teil eines immer breiteren Middleware-Marktes und stehen dort eingereiht neben Datenbank- und Speicher-Management-Systemen, Integrationssoftware, Security-Angeboten und Entwicklungsplattformen.
Für Endanwender mit First-Mover-Ambitionen stellt sich die Frage nach dem Umgang mit KI. Forrester sieht einen Zwiespalt zwischen "Build" oder "Buy":
Wenn schnell auf unternehmens- oder marktspezifische Marktgelegenheiten reagiert oder ein Wettbewerbsvorteil erzielt worden soll, empfehlen die Analysten den Build-Ansatz. Dieser Gruppe könnten aber gelegentlich auch KI-zentrische Applikationen oder Standardanwendungen mit einem kostenpflichtigen KI-basierten Mehrwert helfen - das Rad neu zu erfinden gebe selten Sinn.
Der Buy-Ansatz sei der praktikablere, aber auch nur dann, wenn Unternehmen ihre Hausaufgaben in Sachen Datenqualität und -Management erledigt hätten.
Machine LearningMachine Learning basiere auf fortgeschrittenem Datenmanagement, es brauche also saubere Betriebs-, Kunden- und Marktdaten. Wer optimale Ergebnisse will, ist auf dauerhaft optimale Trainingsdaten angewiesen, anhand derer KI-Anwendungen immer wieder aufs Neue trainiert werden können. Daran sollten Unternehmen denken und in manchen Fällen vielleicht einen Anbieter wählen, der seine Algorithmen bereits erfolgreich mit den Daten anderer Kunden trainiert hat. Alles zu Machine Learning auf CIO.de
- 1. Datenmangel
Datenprobleme gehören zu den häufigsten Gründen für das Scheitern von Artificial-Intelligence-Initiativen. Das belegt auch eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey, die zu dem Schluss kommt, dass die beiden größten Herausforderungen für den KI-Erfolg mit Daten in Zusammenhang stehen. <br /><br /> Demnach haben viele Unternehmen einerseits Probleme damit, ihre Daten richtig einzuordnen, um die Machine-Learning-Algorithmen korrekt programmieren zu können. Wenn Daten nicht richtig kategorisiert werden, müssen sie manuell richtig klassifiziert werden – was oft zu zeitlichen Engpässen und einer erhöhten Fehlerrate führt. Andererseits stehen viele Unternehmen vor dem Problem, nicht die richtigen Daten für das anvisierte KI-Projekt zur Verfügung haben. - 2. Training, das ins Leere läuft
Laut einer Untersuchung von PricewaterhouseCoopers verfügt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen über keinen formalen Prozess für das vorurteilsfreie Training von KI-Systemen. Schlimmer noch: Nur 25 Prozent der befragten Unternehmen würden demnach die ethischen Implikationen eines Artificial-Intelligence-Systems vor der Implementierung priorisieren. <br /><br /> Unternehmen steht eine Vielzahl von Bilddaten-Sets zu Trainingszwecken zur Verfügung – sowohl auf kostenloser als auch auf kommerzieller Basis. Dabei sollten Firmen allerdings unbedingt darauf achten, dass ein solches Datenset auch die für ihre Zwecke relevanten Daten enthält. - 3. Problemfall Datenintegration
In manchen Fällen ist nicht Datenmangel die wesentliche Hürde für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, sondern das genaue Gegenteil: zu viele Daten – an zu vielen Orten. <br /><br /> Solche Datenintegrations-Fauxpas können sich nachhaltig negativ auswirken. Dabei geht es nicht in erster Linie um technische Hürden, sondern beispielsweise darum, Compliance- und Datenschutzanforderungen gerecht zu werden. - 4. Datenunterschiede
Wenn Unternehmen für das Training von Artificial-Intelligence-Systemen nicht auf aktive, transaktionale sondern auf historische Daten zurückgreifen, entstehen Probleme. Denn ein System, das auf Grundlage eines historischen Snapshots trainiert wurde, wird im Zusammenspiel mit Echzeit-Daten nicht besonders zuverlässig performen. <br /><br /> Nach Ansicht von Andreas Braun, Managing Director und Partner bei der Boston Consulting Group, können Sie diese Problemstellung vermeiden, indem Sie Ihre Data Scientists aus dem Silo holen: Insbesondere wenn es um KI-Modelle geht, die mit Live-Daten arbeiten, bietet sich eine direkte Integration in die Produktionsumgebung an – diese geht im Regelfall auch wesentlich schneller vonstatten. - 5. Unstrukturierte Daten
Laut einer aktuellen Umfrage von Deloitte verlassen sich 62 Prozent der Unternehmen immer noch auf Spreadsheets – nur 18 Prozent profitieren bereits von unstrukturierten Daten wie Produktbilder, Audiodateien von Kunden oder Social-Media-Kommentare. Dazu kommt, dass viele der historischen Datensätze in Unternehmen den für den KI-Einsatz nötigen Kontext vermissen lassen. <br /><br /> Dabei kommt das Beratungsunternehmen auch zu der Erkenntnis, dass Unternehmen, die unstrukturierte Daten nutzen, ihre Geschäftsziele im Schnitt um 24 Prozent übertreffen konnten. - 6. Kulturelle Mangelerscheinungen
Daten außen vorgelassen, sind es vor allem organisatorische Herausforderungen, die dem Erfolg mit Künstlicher Intelligenz entgegenstehen. Die Mitarbeiter aus den Fachbereichen müssen direkt mit den Kollegen aus der Technik zusammenarbeiten und der übergeordnete Kontext sollte dabei stets im Fokus stehen.