SAP rutscht aus den Top 100

Die wertvollsten Unternehmen der Welt

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Unter den hundert Unternehmen mit dem weltweit höchsten Börsenwert findet sich kein deutsches Unternehmen mehr. An der Spitze hat der Ölkonzern Saudi Aramco Apple abgelöst.
Börsenwerte von 6,1 Billionen Dollar haben sich im ersten Halbjahr 2022 in Rauch aufgelöst.
Börsenwerte von 6,1 Billionen Dollar haben sich im ersten Halbjahr 2022 in Rauch aufgelöst.
Foto: canbedone - shutterstock.com

Der Kursrutsch an den Börsen weltweit hat Billionenwerte vernichtet. Die Marktkapitalisierung der 100 teuersten Unternehmen der Welt ist im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent beziehungsweise 6,1 Billionen Dollar eingebrochen. Besonders stark betroffen waren laut dem aktuellen Ranking der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY die traditionell hoch bewerteten Technologiekonzerne, deren Börsenwert sogar um 28 Prozent zurückging.

An der Spitze des Rankings gab es eine Wachablösung. Der langjährige Spitzenreiter AppleApple rutschte mit einer Marktkapitalisierung von rund 2,2 Billionen Dollar (Stichtag 30. Juni 2022) auf Rang zwei und musste dem Öl-Riesen Saudi Aramco (2,3 Billionen Dollar) Platz machen. Der Energiesektor war in den ersten sechs Monaten des Jahres die einzige Branche, die entgegen dem Trend zulegen konnte. Die Öl- und Gasunternehmen, die sich unter den Top 100 platzieren konnten, steigerten ihren Börsenwert um 19 Prozent. Alles zu Apple auf CIO.de

Trotz der massiven Einbrüche dominieren US-amerikanische Tech-Konzerne das EY-Ranking. Bis auf den saudischen Öl-Multi kommen alle weiteren Top-10-Unternehmen aus den USA. Hinter Apple platzierten sich MicrosoftMicrosoft (1,9 Billionen Dollar), Alphabet (1,4 Billionen Dollar) und AmazonAmazon (1,1 Billionen Dollar). Es folgen Tesla (698 Milliarden Dollar), Berkshire Hathaway (602 Milliarden Dollar), die United Health Group (482 Milliarden Dollar), Johnson & Johnson (467 Milliarden Dollar) und Meta (451 Milliarden Dollar). Alles zu Amazon auf CIO.de Alles zu Microsoft auf CIO.de

SAP nur noch auf Platz 113

Europäische Unternehmen finden sich derzeit nicht unter den Top-10 der Welt. Der wertvollste Konzern diesseits des Atlantiks ist aktuell der Schweizer Nahrungsmittelkonzern NestléNestlé auf Rang 20. Deutschland ist erstmals seit Beginn der EY-Erhebungen im Jahr 2006 nicht mehr in den Top 100 vertreten. Der höchstbewertete deutsche Konzern ist SAP. Allerdings stürzte das Walldorfer Softwarehaus mit einem Börsenwert von 106 Milliarden Dollar von Platz 80 auf den 113. Rang ab. Die Badener büßten im Laufe dieses Jahres etwa ein Drittel ihres Marktwertes ein. Die Deutsche TelekomDeutsche Telekom schaffte es mit einer Marktkapitalisierung von 98 Milliarden US-Dollar auf Rang 120. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Telekom Top-500-Firmenprofil für Nestlé

Das große Jammern der Tech-Investoren

Der Digitalisierungstrend habe das Gewicht Europas an den Weltbörsen in den letzten Jahren deutlich schrumpfen lassen, stellen die Analysten von EY fest: Vor der Finanzkrise, Ende 2007, kamen noch 46 der 100 wertvollsten Unternehmen der Welt aus Europa. Inzwischen sind es nur noch 16.

In Europa mangelt es an Technologiekonzernen von Weltformat

"Europa leidet aus Sicht vieler Investoren nach wie vor unter einem Mangel an vielversprechenden Technologiekonzernen von Weltformat", konstatiert Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland. "Die USA geben im IT-Sektor eindeutig den Ton an, viele dieser Tech-Unternehmen sind hochprofitabel und treiben die Digitalisierung der Wirtschaft und aller Lebensbereiche mit Macht voran." Als Gestalter dieses technologischen Wandels spielten allenfalls noch asiatische Konzerne eine Rolle - europäische Konzerne hingegen kaum.

Die schwache Aufstellung Europas und Deutschlands im Technologiesegment sollte uns zu denken geben, warnt Henrik Ahlers Geschäftsführer von EY in Deutschland.
Die schwache Aufstellung Europas und Deutschlands im Technologiesegment sollte uns zu denken geben, warnt Henrik Ahlers Geschäftsführer von EY in Deutschland.
Foto: EY

Ahlers hälts das für eine bedenkliche Entwicklung: "Die schwache Aufstellung Europas und Deutschlands im Technologiesegment sollte uns zu denken geben." Die starke Entwicklung gerade in den USA sei auf die höhere Risikobereitschaft amerikanischer Unternehmensgründer, die hohe gesellschaftliche Akzeptanz des Unternehmertums sowie die teilweise deutlich besseren Finanzierungsbedingungen zurückzuführen. "Vor allem in den USA ist es jungen Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten gelungen, völlig neue Konzepte und Geschäftsmodelle zu entwickeln und damit ganze Branchen zu revolutionieren - diese Unternehmermentalität zahlt sich aus. Europa hat in all diesen Bereichen Nachholbedarf."

Das zweite Halbjahr 2022 wird schwierig

Der EY-Manager rechnet mit anhaltend schwierigen Zeiten. "Die massiven politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen im ersten Halbjahr haben deutliche Spuren an den Weltbörsen hinterlassen." Die erheblich eingetrübten Konjunkturaussichten, die hohe Inflation, steigende Zinsen und die massiven geopolitischen Spannungen hätten zu einer tiefgreifenden Verunsicherung geführt. Ahlers warnt daher vor einem sehr schwierigen zweiten Halbjahr: "Die Hiobsbotschaften häufen sich, viele Krisen, die sich teils gegenseitig befeuern, müssen bewältigt werden, die Gefahr einer weltweiten Rezession ist inzwischen real."

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