Erfolg bedeutet noch mehr Kundennähe

Digitalisierung muss distanzlos sein

24.02.2015
Ima Buxton arbeitet als freie Redakteurin in München. Sie schreibt schwerpunktmäßig zu Strategie- und Trendthemen.
Das Internet hat uns binnen weniger Jahre in das „Zeitalter des Kunden“ hineinkatapultiert. Doch die Digitalisierungsprozesse sind noch in vollem Gange – und mit ihnen die Gestaltung der Kundenbeziehungen. Es stellt sich die Frage, in welche Richtung die Entwicklung schreitet.

Über das Zeitalter des Kunden ist schon vieles gesagt worden. Zu Beginn des Jahres 2015 wissen wir, dass wir als Kunden dank Internetplattformen und -diensten differenzierter aus einer breiten Palette an Produkten und Services auswählen können und einen größeren Einfluss auf die Angebots-Gestaltung von Unternehmen haben als je zuvor. Digitale Formen der Kundenkommunikation eröffnen Unternehmen auf der anderen Seite ganz neue Möglichkeiten der Kundenbindung und liefern ihnen überdies riesige Mengen aussagekräftiger Profildaten.

Die Qualität der Kundenbeziehungen hat sich damit durch die digitale Transformation bereits erheblich gewandelt. Doch die Digitalisierungsprozesse sind noch immer in vollem Gange. Täglich entstehen am Markt neue digitale Produkte und Dienstleistungen und innovative Geschäftsmodelle wie der Online-Fahrdienst Vermittler "Uber" revolutionieren ganze Branchen. Wird dies das Kunden-Anbieter-Verhältnis weiter beeinflussen?

Befragt nach den Herausforderungen der Zukunft, streichen CIOs auch im Gespräch mit CIO.de die Bedeutung der Kundenbeziehungen heraus, wie beispielsweise Wolfgang Gaertner von der Deutschen Bank: "Eine der Herausforderungen, die sich der Deutschen Bank stellen ist - wie wahrscheinlich in jedem Unternehmen - das veränderte Kundenverhalten. Was ist angenehm, was ist relevant für Kunden? Kunden haben heute eine deutlich größere Transparenz hinsichtlich des Angebots."

Kundeninteressen als entscheidender Erfolgsgarant

Roland KriegRoland Krieg vom Frankfurter Flughafen nimmt erstmals Flugpassagiere und damit den Endkunden in den Fokus: "In den Bereich, in den wir jetzt als Flughafen hineingehen müssen, sind wir noch Anfänger: Business to Consumer ist eine neue Herausforderung. Wir haben neue Lösungen entwickelt, wo wir Fluggastpassagieren in einer mobilen Lösung abhängig von dem Ort, wo sie sich momentan befinden, Fluggastinformationen, Informationen zum Retail, aber auch Informationen zu Wartezeiten geben können." Profil von Roland Krieg im CIO-Netzwerk

Bei der Daimler AGDaimler AG zog der Prozess der DigitalisierungDigitalisierung einen grundlegenden Wandel in der Kundenansprache nach sich: "Wir haben verschiedene mobile Lösungen für das Auto entwickelt. Aber während der Implementierung stellte sich uns die Frage, wie identifiziert sich der Fahrer damit? Es stellte sich also sehr schnell die Frage der Personalisierung", erläuter CIO Michael Gorriz. "Als wir auf diesen Punkt gekommen sind, haben wir festgestellt, dass wir in der Ansprache des Kunden tiefgreifende Änderungen vornehmen müssen." Top-500-Firmenprofil für Daimler AG Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Von einem sich weiter vollziehenden Wandel der Kundenbeziehungen geht auch die Mehrheit der Experten der IKT-Branche in Deutschalnd aus. Aktuell sieht mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) die zeitnahe Berücksichtigung von Kundeninteressen zunehmend als entscheidenden Erfolgsgaranten für ihr Unternehmen - Tendenz steigend. Das geht aus einer Studie des Münchner Kreises - eine unabhängige Plattform für Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft - hervor, für die 517 IKT-Experten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft befragt wurden.

Shareholder-Interessen werden hinter Kundeninteressen zurückstehen

Interessant dabei: die Experten stimmen zudem zu 75 Prozent der Aussage zu, dass in ihrem Unternehmen im Jahr 2020 Kundeninteressen wichtiger sein werden als herkömmliche Shareholder-Interessen. Für das Jahr 2025 stimmen sogar 80 Prozent der Befragten dieser These zu - und sie gehen davon aus, dass diese Entwicklung sich auch gesamtwirtschaftlich durchsetzt: Drei Viertel der Befragten (77 Prozent) sind der Ansicht, Shareholder-Interessen werden auf lange Sicht hinter Kundeninteressen zurückstehen.

Damit erwarten die befragten Experten laut Studie eine weitere qualitative Veränderung in den Kundenbeziehungen: "Nachhaltige Kundeninteressen als Orientierungsimpuls von Managementhandeln holen gegenüber kurzfristigen Kapitalmarktinteressen beziehungsweise Shareholderinteressen in ihrer Bedeutung auf", resümieren die Autoren der Zukunftsstudie. Die Digitalisierung erlaube damit nicht nur eine genauere Erfassung der Kundenbedürfnisse, sondern sei gleichzeitig Treiber von Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit. Digitalisierung wird also auch künftig darauf abzielen, die Distanz zwischen Kunden und Unternehmen zu verringern.

Eine Entwicklung, die voll auf die Agenda der CIOs für das Jahr 2015 durchschlägt, wie auch Marktforscher Forrester meint. Wie sich diese in der Folge gestaltet, beschreibt Forrester-Analyst Clilff Condon in seinem Blog "How the CMO and CIO will determine the future of business in 2015". Danach muss der CIO als Cheftechnologe seines Unternehmens Garant für die digitale Transformation sein und sollte sich hüten, sein Augenmerk alleine auf den IT-Betrieb zu richten. Damit riskiere er harte Budgetschnitte und die Marginalisierung seiner Position.

Nur die Hälfte der CIOs und CMOs verfolgen gemeinsame Projekte

Business Transformation heißt dabei aus Sicht von Condon nichts anders als Kunden mittels technologischer Innovationen gewinnen, bedienen und halten. Ohne Reaktionsfähigkeit in Echtzeit und agile Cloud-Strukturen geht da gar nichts. Entscheidend sei aber auch eine neue Sicht auf Daten als Informationsquelle, wie sie etwa das Internet of Things liefert. Und nicht zuletzt schreibt Condon den CIOs das Thema Sicherheit weit oben auf die Agenda: Mit einer erwarteten Quote von 60 Prozent an Unternehmen, die im kommenden Jahr mit Datenschutzverletzungen zu tun haben werden, dürften CIOs ihren Blick nicht vom Thema Security lassen - im schlimmsten Fall, warnt Condon, stehen jahrelange Arbeit am Markenwert auf dem Spiel.

Wolfgang Gaertner, CIO Retail Deutsche Bank

"Wir probieren neue Methoden der Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen aus"

Roland Krieg, CIO Fraport, im Interview:

"Wir haben neue Lösungen entwickelt, um Fluggast-Passagieren mobil Retail-Informationen, aber auch Informationen zu Wartezeiten geben zu können."

Michael Gorriz, CIO Daimler AG, im Interview:

"Wir haben festgestellt, dass wir in der Ansprache des Kunden tiefgreifende Änderungen vornehmen müssen"

Zur Startseite