Die zwei Gesichter
Dr. Demand & Mr. Supply
Die Kollision ist programmiert: Ein Unternehmen entscheidet sich für das Auslagern der Kundenumgebung. Sobald die Systeme migriert werden, beschweren sich die ersten Anwender – und kommen mit Sonderwünschen. Der Provider lässt sich darauf ein. Die Kosten steigen. Dann mischt sich auch noch die Geschäftsleitung ein – und hat weitere Sonderwünsche. Der Dienstleister ist jedoch nicht auf so viel Arbeit außer der Reihe eingestellt – die Migration kommt zum Stillstand. Was das amerikanische Beratungshaus Gartner in seinem Bericht „Sourcing Management: Align Demand und Supply“ so bildhaft darstellt, ist erst der Anfang eines großen Missverständnisses. Und dahinter stehen Menschen, die sich kurzerhand neu erfinden müssen.
Mitarbeiter verlassen mit Abschluss des Outsourcing-Deals das Unternehmen und heuern beim Provider an, andere bleiben an ihrem Arbeitsplatz, im Glauben, dass ihre Arbeit sich auch nicht weiter groß verändern würde. Ein Irrglaube. Der Outsourcing-Partner verpflichtet sich, für ein Jahr die übernommenen Mitarbeiter zu beschäftigen – und die verbliebenen IT-Spezialisten müssen Leistungsvereinbarungen steuern und überwachen. Der Change-Prozess ist im Gange.
Nach Angaben von Johannes Rüegg-Stürm, Professor für Organisational Behaviour an der Universität St. Gallen und Autor von „Jenseits der Machbarkeit – Idealtypische Herausforderungen tiefgreifender unternehmerische Wandelprozesse“ bricht „das unternehmerische Chaos“ aus, wenn der Change-Prozess nicht sauber strukturiert worden ist. „Der Provider übernimmt Mitarbeiter, muss den Service aber 30 Prozent günstiger machen“, so Rüegg-Stürm, und er warnt: „Dieses Transition- Management darf nicht zur Hölle werden.“ Nach Ergebnissen der Studie Change Management 2005 vom IT-Beratungshaus Capgemini sinkt die Produktivität bei jedem vierten Mitarbeiter um knapp 40 Prozent, sofern das Management strategische Veränderungen unzureichend begleitet. In 23 Prozent aller Fälle sind demnach IT-Innovationen der Treiber für Veränderungen.
Rüegg-Stürm sieht in der Ungewissheitsbewältigung den Schlüssel für einen erfolgreichen Übergang. „Der inhaltliche Anteil lässt sich nicht wegdenken“, lehrt der Professor, „wir leben schließlich in einer Innovationsgesellschaft – und die erfindet sich im Schumpeter’schen Sinn immer wieder neu.“ In der „schöpferischen Zerstörung“ liegt nach Ansicht des Ökonomen Joseph Schumpeter die Ursache für InnovationInnovation. Alles zu Innovation auf CIO.de
Anders sei dies bei der „Prozessungewissheit“. Da spielen Aspekte wie „Transparenz und Vernetzung schaffen“ eine Rolle – und der verantwortliche Manager kommt ins Spiel. „Er muss eine Dramaturgie entwickeln, wie er seine Mitarbeiter über Neuerungen informiert“, erläutert Rüegg-Stürm. Demnach sollen die Betroffenen Prozesse mit beeinflussen können; er spricht von der „Lern- und Revisionsfähigkeit einer Organisation“.