Prozessmanagement

Einstieg in Process Mining



Benjamin Aunkofer ist Gründer von DATANOMIQ, einem Dienstleister für Data Science und Business Analytics, sowie Mitbegründer des Vereins für datengestützte Produktion und Logistik, Connected Industry e.V. Er ist Software-Entwickler (IHK) und Wirtschaftsingenieur (M. Sc.), steuert als Chief Data Scientist aktiv Data Science Teams und gilt als Spezialist für Big Data Analytics und Industrie 4.0.

Unabhängigkeit von Tool-Anbietern dank Data Engineering

Data Engineers entwickeln Data Warehouses und stellen Daten über bestimmte Kanäle in gewünschten Formaten bereit. Dies unterscheidet sie von Data Analysten, die Daten statistisch analysieren, und von Data Scientists, die Statistik noch umfassender anwenden und auch Modelle des maschinellen Lernens entwickeln, um Muster in Daten aufzuspüren.

Die Data Engineers spielen gerade zu Beginn der Process-Mining-Einführung die wichtigste Rolle. Sie identifizieren die relevanten Daten in den Datenbanken - das Daten-Backend der ERP-, CRM- und aller anderen IT-Systeme - und sie fusionieren und transformieren sie zu der zuvor erwähnten protokollartigen Struktur eines Event-Logs. Dieses Event-Log ist die Datengrundlage für die Process-Mining-Tools.

Dies erfolgt über Datenfluss-Ketten (ETL oder ELT), die den Strom von den Quellsystemen über die Fusion und Transformation bis hin in das Process-Mining-Tool automatisieren.

Die meisten Softwareanbieter für Process Mining versuchen viele Standardprozesse in den bekannteren ERP- und CRM-Systemen, wie etwa von SAP, Microsoft oder Salesforce, hinsichtlich der Event-Log-Generierung und der Datenbereitstellung als eigenen Standard als Connector zu implementieren. Diese Standard-Anbindung soll zum einen den Einstieg in Process Mining erleichtern und hat eine Plug-and-Analyse-Lösung zum Ziel. Zum anderen versuchen diese Anbieter aber auch, ihre Lösung zu etablieren und Einstiegshürden für einen möglichen Anbieterwechsel aufzubauen.

Unternehmen, die den Einstieg in die datengetriebene Prozessanalyse finden möchten, können über eigene Data Engineers die Datenbereitstellung auch selbst in die Hand nehmen. Betrieben, die recht individuelle Prozesse haben oder ein weniger verbreitetes ERP-System verwenden, bleibt ohnehin nichts anderes übrig, als auf Data Engineers zu setzen. Werden bei der Erstellung des Event-Logs einige Aspekte der Datenformate sowie der Bereitstellung dieser Daten beachtet, kann es universell verwendet werden. Die technische Organisation bleibt somit offen für jedes Process-Mining-Tool und macht sich von bestimmten Anbietern unabhängig.

Process Mining hat Zukunft

Während Process Mining und Business Intelligence zusammenwachsen, versucht auch die Gegenseite, nämlich ERP- und andere IT-Systeme, teilweise bereits einen Schritt in Richtung dieser Analysemethodik zu gehen und zumindest die Datenbereitstellung zu erleichtern. Ferner wird auch die Robotic Process Automation (RPA) mit Process Mining enger verzahnt werden.

"Der Einsatz von Process Mining ist für die digitale Transformation unerlässlich. Mit Process Mining erstellen wir beispielsweise digitale Zwillinge in heterogenen IT-Landschaften für unsere Kunden in der Produktion und minimieren Risiken und Aufwände von IT-System-Migrationen", erklärt Thomas Baier, CEO der Lana Labs GmbH.

Aktuelle Anbieter für Process Mining, wie die in München ansässige Celonis, arbeiten bereits seit Jahren daran, Process Mining mit Business Intelligence zu verbinden. Auf der anderen Seite halten Anbieter etablierter BI-Tools, wie PAFnow mit Microsoft Power BI dagegen und nehmen Funktionen der visuellen Prozessdarstellung auf.

In jedem Fall ist es eine Analysemethodik, die für die nächsten Jahre immer wichtiger wird und in vielen Unternehmen bereits heute eine entscheidende Rolle in der Prozessoptimierung und im -Audit spielt. "Das Interesse an Process Mining wird nicht schwinden. Vielmehr wird es, zusammen mit Prozessmodellierung und -automatisierung, in Zukunft ein integraler Bestandteil jeder modernen Prozess-Management-Initiative sein," bewertet Gero Decker, CEO von Signavio, den Trend.

Der fachliche Einstieg in Process Mining

Für den Einstieg in Process Mining gibt es mittlerweile eine ordentliche Auswahl an Tool-Anbietern mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Welches Tool das richtige für ein Unternehmen ist, hängt stark von den erwarteten Anwendungsfällen, der Integration in das Unternehmen und in bestehende IT- und BI-Infrastruktur sowie von dem Anspruch an die Art der Analyse, etwa von kurzfristigen Projekten bis hin zum Langzeit-Monitoring von Prozessen mit Analyse in nahezu Echtzeit.

Die jeweiligen Tool-Anbieter bieten oft Trainings oder sogenannte Bootcamp-Events an, um an die Thematik heranzuführen. Eine neutralere Veranstaltung ist die ICPM Conference, die Process Mining als Analyse-Methode jährlich in den Vordergrund stellt.

Auch gibt es gutes Online-Material für den Ersteinstieg. Fluxicon veröffentlicht beispielsweise zum leichten Einstieg ein Process-Mining-Buch online, in dem das Handwerkszeug für diese immer noch sehr neue Prozessanalyse-Disziplin auch für Einsteiger vorgestellt wird.

Eine andere Möglichkeit ist das Hinzuziehen von Datenexperten, die bereits Erfahrung mit Process Mining haben und die Mitarbeiter parallel zur Einführung begleiten. Diese sollten idealerweise aus dem Fachbereich oder der Branche des Unternehmens kommen. Bestenfalls verfügen diese Personen über Erfahrung mit mehr als nur einem Tool-Anbieter, so dass von Anfang an unabhängige Lösungen gefunden werden können. (jd)

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